Finstere Gründe
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«Was? Morse? Unsinn! Ich habe ihn noch nie irgend etwas lesen sehen. Er verbringt nur eine halbe Stunde mit dem Kreuzworträtsel, das ist alles.»
«Zehn Minuten, als ich ihm das letzte Mal zusah», sagte Johnson ehrlich, wenn auch etwas mißgünstig.
«Hat sein Leben vergeudet, Morse», vertraute Strange Johnson nach einer Pause an.
«Sie meinen, er hätte heiraten sollen?»
Strange begann, sich aus seinem Stuhl zu hieven. «So weit würde ich nicht gehen. Absurde Institution, die Ehe! Finden Sie nicht?»
Johnson, selbst erst seit sechs Monaten verheiratet, enthielt sich jeder direkten Antwort, und Strange hatte seine Wirbelsäule endlich in die Vertikale gebracht und schaute hinunter auf die Papiere, die Johnson zu Rate gezogen hatte.
«Ist das nicht Morses Schrift?» fragte er, weitsichtig wie er war.
Ja, es war Morses Schrift, und zweifellos wäre es Johnson lieber gewesen, wenn Strange das nicht entdeckt hätte. Aber zumindest würde es beweisen, daß er recht hatte. Er nahm also den Bogen und reichte ihn Strange.
«Hm.» Chief Superintendent Strange hielt das Blatt auf Armeslänge und überflog den Inhalt. Anders als Morse, war er ein außerordentlich schneller Leser, und nach nur etwa zehn Sekunden gab er Johnson das Blatt zurück: «Verstehe, was Sie meinen!»
Johnson schaute seinerseits noch einmal auf das Blatt Papier, das Morse ihm dagelassen hatte — das Blatt, das er an jenem Morgen vor einem Jahr auf seinem Schreibtisch gefunden hatte, als Morse zu offenbar dringenderen Ermittlungen herangezogen wordenwar:
Wie Sie wissen, hatte ich keine Gelegenheit, mich mit dem Fall zu beschäftigen, aber ich hätte gern Antworten auf die folgenden fünf Fragen gehabt:
(a) Besaßen Daley oder seine Angetraute jemals selbst einen Fotoapparat?
(b) Wie war das Wetter am Dienstag, dem 9.Juli?
(c) Wo kommt der Dendrocopus minor vor?
(d) Welches Bier schenken sie im Royal Sun aus (oder im White Hart!)?
(e) Wie heißt der Hund?
Strange bewegte sich schwerfällig auf die Tür zu. «Ignorieren Sie diesen verdammten Unsinn nicht, Johnson. Hören Sie auf meinen Rat. Beachten Sie ihn nicht zu sehr, aber ignorieren Sie ihn nicht, klar?»
Zum zweitenmal in kurzer Zeit leuchtete der etymologische Unterschied zwischen zwei eindeutigen Synonymen Johnsons angemessen raschem, aber doch begrenztem Auffassungsvermögen nicht ein.
«Wie Sie meinen, Sir.»
«Und, äh, noch eine andere Sache... Meine Frau hat gerade einen neuen Hund gekauft — einen kleinen King Charles Spaniel, nettes Kerlchen. Zweihundert Pfund hat er gekostet. Pißt natürlich alles voll — und Schlimmeres! Aber er, wissen Sie, er freut sich immer, einen zu sehen. Mehr als meine Frau manchmal! Aber wir haben das verdammte Viech erst vierzehn Tage, und wir haben ihm noch keinen Namen gegeben.»
«Der Hund hieß . Hübscher Name — wäre auch ein hübscher Name für Ihren Hund, Sir.»
«Einfallsreich, ja! Werde ich, äh, meiner Frau sagen, Johnson. Da gibt es nur ein kleines Problem...»
Johnson hob seine buschigen Augenbrauen.
«Ja. Es ist eine sie, Johnson!»
«Oh.»
«Hat Morse sonst noch was gesagt?» fragte Strange.
«Nun, ja. Er, äh, dachte... er sagte, er habe so ein Gefühl in den Eingeweiden...»
«Wie?»
«...daß wir am falschen Platz nach einer Leiche gesucht haben.»
«In Blenheim, meinen Sie?»
Johnson nickte. «Er sagte, wir hätten im Wald von Wytham suchen sollen.»
«Ja. Ich erinnere mich, daß er das sagte.»
«Aber erst, als wir in Blenheim kein Glück hatten.»
«Besser, hinterher gut reden haben als nie.»
Ach, halt doch den Mund! Johnson hatte die Anzüglichkeiten allmählich satt: «Wenn Sie sich erinnern, Sir, war es nicht nur Morse, der sich für eine größere Operation aussprach. Aber wir hatten nicht die erforderlichen Leute für ein Durchkämmen des Wytham-Waldes. Sie haben es gesagt. Ich bin selbst zu Ihnen gekommen, um Sie zu fragen.»
Strange fühlte sich zu Vergeltungsmaßnahmen gereizt. «Hören Sie, Johnson! Sie finden eine Leiche für mich, und ich werde für Sie so viele verdammte Leute auftreiben, wie Sie brauchen, okay?»
Es war wieder einmal die Geschichte vom Huhn und dem Ei, und Johnson hätte das auch gesagt — aber Strange dirigierte seine massige Gestalt schon die Treppen hinunter, mit Hilfe des Geländers an der Wand des Präsidiums.
Kapitel vierzehn
Nur der Förster sieht
Daß, wo das Gurren der Tauben hallt,
Und der Dachs durchs Unterholz zieht,
Einst
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