Finsternis über Gan (German Edition)
Philerigg aus dem Reich König Auberons in Untererde. Vorhin sah ich auf dem Weg ein seltsamesFlirren. Es war, als ob der Wind sich bewegte. Das machte mir Angst. Deshalb habe ich mich versteckt.«
»Ein Flirren?«, fragte Joe, der immer noch seinen Bogen gespannt hatte.
»Ja, es war, als ob der Weg sich bewegte. Richtig unheimlich.«
»Joe, jetzt nimm deinen Bogen runter. Das Bergmännchen ängstigt sich ja zu Tode«, mahnte Pendo ihn.
Der Indianerjunge gehorchte, beäugte aber das Bergmännchen immer noch vorsichtig. Die Erfahrungen im letzten Jahr hatten ihn gelehrt, im Umgang mit den kleinen Wesen vorsichtig zu sein. Wer weiß, ob sich nicht doch noch irgendwo falsche Bergmännchen rumtrieben, die von den vier Enden der Erde hier eingedrungen waren. Bergmännchen mochten klein sein, aber ganz bestimmt nicht schwach. Außerdem kam ihm die Geschichte mit dem Flirren komisch vor.
»Natürlich! Ich weiß, was er gesehen hat!«, rief jetzt Finn und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.
»Wir hatten die Kapuzen unserer Tarnumhänge über die Köpfe gezogen. Deshalb haben die Umhänge das widergespiegelt, was ihnen am nächsten war – den Weg. Aus der Entfernung musste das aussehen, als ob der Weg sich bewegt. Klar.«
Das leuchtete ein.
»Na gut, dann wollen wir dir mal glauben«, sagte Joe und reichte dem Bergmännchen die Hand. »Das hier sind Finn, Chika und Pendo. Mein Name ist Chochuschuvio, du kannst aber Joe sagen. Wir sind die Träger der Amulette.«
Philerigg machte eine höfliche Verbeugung. »Es ist mir eine Ehre, euch kennenzulernen. Bisher habe ich nur von euch und euren Umhängen gehört; sie sind wirklich ein idealer Schutz in diesen leider wieder gefährlichen Zeiten.« Er seufzte.
»Was machst du denn alleine auf diesem Weg?«, erkundigte sich Pendo.
»Nun, was soll ein Bergmännchen schon hier oben machen? Geschäfte natürlich. Ich bin auf dem Weg nach Änosch, umdort ein paar Edelsteine gegen Lebensmittel zu tauschen. Da unsere Stollen leider nicht näher an das Dorf heranreichen, muss ich wohl das Tageslicht ertragen. Ganz schön unangenehm hier oben.«
Die Jungen und Mädchen lächelten. Alfrigg hatte ihnen erzählt, wie unangenehm es für die Bergmännchen über der Erde war. Sie verließen Untererde, so hieß ihr unterirdisches Reich, wirklich nur, wenn es eben nicht anders ging.
»Dann können wir ja ein Stück gemeinsam gehen«, schlug Chika vor. »Es würde mich sehr interessieren, wie es König Auberon und seinem Volk geht.«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir sind alle froh, dass mit eurer Hilfe die Schwarzalben aus den alten Stollen vertrieben wurden und wir in Untererde wieder allein sind. Sorge bereitet uns allerdings das neue Gesetz des Königs. Die Lichtalben haben uns berichtet, wie gefährlich die Pläne des Königs sind. Sie meinten sogar, dass der ehrenwerte Alfrigg in Eure Welt gereist sei, um euch um Hilfe zu bitten.«
»Das stimmt«, bestätigte Finn. »Er ist zurzeit bei mir zu Hause in Frankfurt. Das liegt in Deutschland.«
»Was für ein Haudegen!«, sagte Philerigg lachend. Er war stolz auf seinen Landsmann. Im nächsten Moment hielt er inne. »Wisst ihr eigentlich, dass ihr vom König der Menschen gesucht werdet?«
»Was? König Farlon sucht uns?«
»Er ist gerade auf einer seiner Rundreisen durch das Land. Er zieht von Dorf zu Dorf, um dort Recht zu sprechen und zu hören, was die Menschen bewegt. Egal, wo er hinkommt, erkundigt er sich nach euch. Er erzählt den Menschen, dass ihr gerade in Gan seid und euch auf den Weg zur Quelle gemacht hättet. Da ihr aber nicht zurückgekommen seid, befürchtet er, es sei euch etwas zugestoßen. Wer auch nur irgendetwas von euch hört, soll ihm sofort Bescheid geben.«
Ungläubig schauten sich die Gefährten an. Woher kam diese Besorgnis des Königs?»Ich glaube dem König das nicht«, sagte Chika. »Der traut sich nur nicht öffentlich zu sagen, dass er uns verfolgt.«
»Bestimmt hat ihn dieser Thainavel angestiftet, uns zu jagen«, mutmaßte Finn.
Das Bergmännchen kraulte nachdenklich seinen Bart und schaute hoch zu Finn: »Ich habe noch mehr zu erzählen, aber ich hielt es zunächst nur für das dumme Geschwätz der Menschen, das sie so gerne in ihren Wirtshäusern erzählen, aber nun …«
»Erzähl! Es kann wichtig für uns sein«, ermunterte ihn Pendo.
»In den Wirtshäusern wird erzählt, die Soldaten des Königs hätten im Suff gesagt, der König würde euch in Wahrheit suchen, weil
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