Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
roch.
Das Wirtshaus »Zum streunenden Hund« machte seinem Namen alle Ehre. Aberponte war Isencrofts Palaststadt, aber die Straßen, in denen die reichsten Bewohner lebten, befanden sich fern von diesen gewundenen Gassen. Hier war die Heimat der ärmsten Bewohner, der Leute, deren Glück sie verlassen hatte. Der »Streunende Hund« machte nicht den Eindruck von verblasstem Glanz. Es war klar, dass das Gebäude einiges über die Jahre gewesen war, aber keines von ihnen war erfolgreich gewesen. Sein geflicktes Dach wies manch ein Loch auf und der Putz neben der Tür war fleckig und rissig. Ein Betrunkener schlief nahe den Stufen zur Eingangstür seinen Rausch aus und es war unwahrscheinlich, dass er in der Kälte je wieder aufwachen würde.
Es war ein Ort, den Cam normalerweise nur mit einem Dutzend Soldaten aufgesucht hätte, um ihn zu schließen, weil er Steuern hinterzog oder die Spielkarten gezinkt wurden. Doch heute Abend trug Cam eine alte Tunika und Hosen, die er sich von einem der Gärtner im Palast geliehen hatte. Die Kleider waren fleckig, abgetragen und rochen angemessen nach Schmutz; er hoffte, dass alles stimmig war. Zwei Wochen waren vergangen, seit er von der Hochzeit in Margolan zurückgekehrt war. Die meiste Zeit hatte er seitdem damit verbracht, Kunden dabei zu beobachten, wie sie den »Streunenden Hund« betraten oder verließen. Nachdem er sich jetzt nach rechts und links versichert hatte, dass die Luft rein war, ging Cam ins Wirtshaus.
»Was hast du für mich?«
Der Wirt sah auf, als Cam eintrat, und er senkte den Blick genauso schnell wieder, als er sah, dass Cams Schwert noch in der Scheide steckte. Cam warf zwei Kupferstücke auf die Theke.
»Gib mir ein Bier.« Der Wirt wandte sich seinem Tresen zu und Cam platzierte sich so, dass er die Tür im Blick hatte. Nahe dem Feuer saß ein pockennarbiger Barde, der sich durch eine alte Ballade leierte. Die Kundschaft war zu betrunken oder zu beschäftigt mit ihren eigenen Gesprächen, als dass es sie interessiert hätte, wie oft die Stimme des Barden brach oder wie schief seine Harfe klang.
Es hatte Gerüchte gegeben, dass sich hier Separatisten trafen, auch wenn Cam nach einem Blick durch den Raum nicht davon überzeugt war, dass eine der Gruppen hier irgendwie verdächtig aussah. Wenn einer von ihnen von seinen Würfeln oder seinem Bier aufsah, dann, um den Schankmädchen nachzuschauen, die genauso verlebt aussahen wie die Kneipe selbst. Ein Kerzenabschnitt verging, dann ein zweiter. Cam lauschte den Gesprächen um ihn herum.
»Hab gehört, dass das Korn diesen Sommer doppelt so teuer wird«, brummte ein Händler am benachbarten Tisch. »Was erwartest du, nach dem Ärger in Margolan? Wir haben noch Glück, wenn wir im Frühjahr Brot auf dem Tisch haben«, meinte sein Gefährte.
»Macht mir nichts aus, wenn’s kein Brot gibt, aber ich fänd’s furchtbar, wenn wir nichts mehr zu trinken hätten«, erwiderte der Händler.«
»So, wie dieses Spülwasser hier schmeckt, ist in dieser Kaschemme das Bier schon lange ausgegangen. Und das Brot ist hart genug, um es als Ziegel zu benutzen. Pah. Für ein paar Kupfermünzen hat man früher mehr bekommen.«
Cam stand auf und ging zur Hintertür hinaus in Richtung Plumpsklo. Es war ein erbärmlicher, kleiner Schuppen, der selbst in der eiskalten Luft stank. Seine baufällige Tür war kaum solide genug, um einen Benutzer vor Zuschauern zu schützen, und hielt den Wind nicht ab. Cam wollte die Tür gerade öffnen, als er Stimmen in der Nähe hörte. »Was habt Ihr gehört?«
»Es ist alles bereit. Der Herr hat seinen Mann in Margolan an Ort und Stelle – mir könnte man nicht genug Trevath-Gold geben, um in diesem verdammten Spukschloss zu leben.«
»Was wollt Ihr, dass wir tun?«
»Beschäftigt die Wachen. Genug Feuer und Straßenkämpfe und Donelan wird zu beschäftigt sein, um sich um die Ereignisse in Margolan zu kümmern.«
»Wie können wir wissen, dass Margolan nicht einfach eine Armee herschickt, um Donelan zu helfen, wenn er es nicht selbst schafft?«
»Die margolanische Armee ist beschäftigt. Der Herr hat dafür gesorgt. Wenn König Martris erst einmal aus dem Weg ist, könnt ihr eure Prinzessin zurückhaben – und wenn sie ein Balg bekommt, das gleich als Bonus mit dazu. Ihr bekommt, was ihr wollt, wir bekommen, was wir wollen – ganz einfach und ordentlich.«
Cam wartete ab, bis die Männer verschwunden waren. Er war durchgefroren, aber seine Gedanken kreisten um das Gespräch. Einer
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