Finsterwald: Fantasy-Roman (German Edition)
eigenen Schreie von den Wänden widerhallen hören, als sie Zeugin des Missbrauchs durch die Blutmagie wurde, die Arontala in den Grotten unter Shekerishet gewirkt hatte.
Der Strom änderte sich und Carina erkannte neue Bilder. Eine ummauerte Zuflucht auf einer schneebedeckten Ebene, umgeben von einer Armee. Der Strom umwirbelte sie dichter und Carina konnte den Geruch von verwesendem Fleisch und den üblen Gestank der Pest riechen. Sie fiel auf die Knie und übergab sich. Der Strom kam ihr nicht näher, aber die Bilder, die er schickte, brannten hell in ihrem Geist. Sie konnte das Zerren des Lichts und der Dunkelheit am Strom spüren, mächtig und gefährlich. Für einen Moment sah sie Tris’ Gesicht und dann verschwand das Bild.
Die Kammer erglühte in einem tiefen Blutrot. Über ihrem Kopf floss der Strom hin und her. Carina fiel flach auf den Steinboden und wusste instinktiv, dass sie sich dem Strom nicht in den Weg stellen durfte. Ein Summen wie ein Schwarm zorniger Bienen erklang und wurde lauter. Die Bilder in ihrem Geist überschlugen sich, sie kamen zu schnell, um sie zu erkennen. Furcht. Tod. Rache. Ob die Macht vernunftbegabt war oder nicht, Carina hatte keine Zweifel, dass sie sich in großem Schmerz befand und, von der Blutmagie geschwächt, kurz vor der Zerstörung war. Es will wieder ganz sein. Göttin hilf mir! Ich kann seine Macht spüren. Ich werde es nicht überleben, wenn ich das berühre. Was kann ich tun?
Der Strom zuckte und die Höhle erzitterte. Felsbrocken schlugen neben ihr zu Boden. In einem letzten Bild sah Carina, was passieren konnte: Sie sah den Strom zerreißen und zerbersten. Sie sah, wie rohe, ungezügelte Macht über die Täler von Dark Haven stürmte, als der Strom sich in wilde Tentakel aus Magie aufspaltete. Die magische Energie machte alles in ihrer Reichweite mit einem Feuersturm, der heller war als die Sonne, dem Erdboden gleich. Gefangen in der Vision, spürte Carina dieses Licht als rasenden Schmerz. Sie brach auf dem Höhlenboden zusammen, zu erschöpft, sich zu bewegen.
»Hilf mir, Raen.«
Sie erhielt keine Antwort.
Carinas Kopf schmerzte. Sie fühlte sich völlig ausgelaugt, sowohl ihre Heilmagie als auch die Energie, sich zu bewegen, war vollständig verschwunden. Sie hatte einen Nachgeschmack im Mund, als wäre ihr schlecht gewesen. Ohne dass sie es hätte beeinflussen können, kehrten die Bilder, die sie im Strom gesehen hatte, zurück und sie kniff die Augen zusammen, um sie zu verscheuchen.
»Es ist gut. Alles ist in Ordnung.« Sie öffnete langsam die Augen. Jonmarc saß neben ihr, ihre Hand in seiner. Lisette und Gabriel kamen näher heran und sie sah Raen in den Schatten stehen und ängstlich auf sie herabsehen. Langsam kam Carina zu Bewusstsein, dass sie auf einer Liege im Salon von Dark Haven lag. Ihre Haut sah aus, als hätte sie einen Tag draußen in der Hitze des Sommers verbracht. Selbst das Atmen schien zu viel Kraft zu kosten.
»Was auch immer sie da unten gesehen hat, war nicht gerade blutsaugend, aber es hat ihr definitiv die Kraft genommen.« Gabriel kniete neben ihr und ließ seine Fingerspitzen über ihre Schläfen gleiten. »Vayash Moru können auch den kleinsten Lebensfunken spüren. Normalerweise glüht er ziemlich hell.« Er sah auf. »Es ist, als hätte ihr etwas die Energie entzogen und genau gewusst, wann man sich zurückziehen muss.«
»Was hat dich nur geritten, in den Ostflügel zu gehen?«, fragte Jonmarc. »Du weißt doch, wie gefährlich das ist. Wenn der Geist uns nicht gesucht hätte, dann hätten wir dich vielleicht nicht gefunden.«
»Der Strom zerfasert«, murmelte Carina. »Raen dachte, sie könnte helfen. Sie wusste um die Schmerzen des Stroms. Er braucht einen Heiler.«
»Magier haben schon versucht, den Strom zu heilen«, meinte Gabriel und stand auf. »Doch keiner von denen, die es versucht haben, überlebte.«
Carina sah zu Gabriel auf. »Erinnerst du dich an die magischen Kriege?«
Gabriel nickte.
»Was ist mit den zerstörten Ländern passiert?«
Gabriel runzelte die Stirn. »Die Verbündeten des Obsidiankönigs hatten eine Zuflucht im hohen Norden, an der Küste der Nördlichen See über der Ostmark. Es waren mächtige Blutmagier. Vor der letzten Schlacht, als die Schwesternschaft und Bava K’aa zum letzten Schlag gegen den Obsidiankönig ausholten, wussten wir, dass seine Verbündeten einen Gegenschlag vorbereiteten.«
Er wandte sich um und begann, auf und ab zu gehen. »Ich bin kein Magier, aber ich habe
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