Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
Westminster Abbey laufen, aber irgendwie rinnt mir der Morgen durch die Finger. Zu Mittag mache ich mir ein Sandwich und packe es zusammen mit einem Apfel ein. Ich will unten im Garten essen.
Der Portier erklärt mir sehr freundlich, wie ich durch die Hintertür in den Garten komme. Man gelangt ausschließlich durch das Haus in den Garten, der allein den Bewohnern vorbehalten ist. Ich gehe nach draußen, spaziere über den schattigen Kiesweg, und mein Blick wandert zu Celias Wohnung und dann hinüber zur Wohnung von Mr R. Gleich darauf stehe ich in der Sonne. Die Gebäude umgeben eine ausgedehnte Grünfläche, die in einen herrlichen Garten verwandelt wurde, wie ein Park en miniature. Es gibt einen sehr gepflegten Außenbereich mit Blumenbeeten und Bänken und einem Brunnen und dazwischen ein Areal, auf dem das Gras etwas länger und duftiger wachsen durfte, wie ein nachlässig gehegter Rasen, der kurz davor steht, sich in eine Wiese zu verwandeln. Dahinter liegen zwei Tennisplätze, sehr gut in Schuss und augenscheinlich oft in Gebrauch. Zwei ältere Damen schlagen einander gemächlich Bälle zu.
Ich nehme die Decke, die in Celias Flurschrank lag, und breite sie auf dem kühlen Gras in der Nähe der Tennisplätze aus. Das Plock der Bälle, wenn sie die Schlägersaiten berühren, und das gelegentliche »Tut mir leid!« ist irgendwie beruhigend. Ich mache es mir mit meinem Mittagessen und meinem Buch gemütlich, während die Sonne auf mich herunterbrennt. Das Licht bewegt sich langsam über den Rasen, umspielt erst meine Zehen, dann meine Waden. Als es meine Oberschenkel erreicht, habe ich mein Essen verputzt und liege schläfrig auf der Decke, halb döse ich, halb lese ich mein Buch. Nur vage ist mir bewusst, dass die Damen gegangen sind und dass das leise Plock-Plong der Bälle von anderen, kräftigeren Schlägen und männlichem Grollen und Rufen ersetzt wird.
»Gut, die Vorhand voll durchziehen. Und jetzt ans Netz! Volley, Volley, Volley! … Hervorragend, gut gemacht.«
Ein Tennislehrer ruft seinem Schüler Anweisungen zu. Die Stimme schwebt in mein Bewusstsein. Ich spüre aber vor allem die Helligkeit des Lichts auf meinen geschlossenen Lidern und die Hitze der Sonne und merke es nicht einmal, als die Stimme und die Schläge aufhören. Plötzlich verdunkelte sich das Licht auf meinen Lidern und ich spüre, wie ein kühler Schatten auf mich fällt. Ich öffne die Augen, blinzele und sehe, dass jemand vor mir steht. Ich brauche ein oder zwei Sekunden, bevor ich konzentriert schauen kann: wer immer es ist, er gleißt wie ein Engel, und mir wird klar, dass es daran liegt, dass er Weiß trägt. Ein weißes Tennis-Outfit.
Oh. Mein. Gott. Er ist es. Mr R.
Bevor ich etwas anderes tun kann, als zu ihm aufzuschauen, zu bemerken, dass sein Haar feucht nach hinten gestrichen ist und dass seine Nase vor Schweiß glänzt – so sieht er sogar noch viel atemberaubender aus – und dass er mich anstarrt, spricht er auch schon.
»Hallo schon wieder«, sagt er und lächelt.
»Hi.« Ich bin atemlos, als hätte ich bis eben Tennis gespielt und nicht er.
»Sie sind doch die junge Frau von gestern, nicht wahr?«
Ich richte mich ungelenk in eine sitzende Position auf, weil ich nicht flach auf dem Rücken liegend mit ihm reden will, aber ich habe immer noch das Gefühl, eindeutig im Nachteil zu sein, weil er mich so weit überragt. »Ja«, stoße ich hervor.
Er kommt auf meine Ebene hinunter, kauert sich neben mich. Jetzt kann ich von nahem diese erstaunlichen Augen unter den kräftigen, schwarzen Brauen sehen. Er scheint mich mit ganzer Aufmerksamkeit zu betrachten. Ich fühle mich unter seinem Blick verletzlich. »Sie wohnen in Celias Wohnung«, sagt er. »Jetzt ist mir alles klar. Ich habe Sie vor ein paar Nächten gesehen.« Sein Lächeln schwindet, und ein besorgter Ausdruck zeigt sich auf seinem Gesicht. »Was ist mit Celia? Geht es ihr gut?«
Seine Stimme ist leise und melodisch und wohlerzogen und klug. Ich höre ganz entfernt einen ausländischen Zungenschlag heraus, aber ich kann ihn nicht zuordnen. Vielleicht erklärt das sein dunkles Aussehen. Wenn er sich bewegt, schlagen mir Wellen seiner Körperwärme entgegen. Er duftet nach seiner sportlichen Betätigung, gleichzeitig süß und salzig.
Ich reiße mich zusammen. »Es geht ihr bestens. Sie ist für eine Weile verreist, und ich hüte sozusagen ihre Wohnung.«
»Oh, gut.« Sein Gesichtsausdruck entspannt sich wieder. »Einen Augenblick lang habe ich mir
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