Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
durch den Raum. Ich mustere die Eingangstür. Sie ist nachtschwarz, und in weißen Buchstaben steht darauf
Das Asyl
.
Jetzt ist es zu spät, um zu kneifen. Ich kann nur hoffen, dass mir da drin keine Bande Verrückter auflauert.
In mir kribbelt es vor Anspannung. Meine Finger zittern leicht, als ich die Tür aufdrücke. Sie ist nicht zugeschnappt und bewegt sich langsam und schwer unter meinem Druck. Ein kleiner Vorraum erwartet mich. Eine Lampe in Form eines Sterns baumelt an einer Kette von der Decke, verströmt gedämpftes Licht. An der Wand hängt ein gerahmter Spruch:
Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren.
Was ist das hier?
Ich trete ein. Es ist niemand da, der mich aufhält, obwohl es einen Stuhl und einen Tisch gibt, auf dem ein in Leder gebundenes Buch offen liegt, daneben ein silberner Federkiel in einer altmodischen Halterung und ein Tintenfass. Dort steht auch eine schwarze Blechdose mit der Aufschrift
Das Asyl
in goldenen Buchstaben.
Die Tür zum Thekenraum ist offen. Ich gehe vorsichtig weiter, blinzelnd, um mich an das schwache Licht im Innern zu gewöhnen. Ich erkenne Menschen, sehr elegant gekleidet, kultiviert, die an den Tischen sitzen und trinken und sich leise plaudernd unterhalten. Weingläser, Cocktailgläser und Champagnerflöten funkeln im Kerzenlicht. Aber mein Blick wird von etwas anderem angezogen, im hinteren Teil der Bar, wo ich eine Reihe von Käfigen ausmache, die an Ketten von der Decke hängen. In jedem Käfig befindet sich ein Mensch. Ich spähe durch die Schatten.
Sehe ich da wirklich, was ich zu sehen glaube?
Ich schaue auf eine Frau, die nur schwarze Unterwäsche trägt. Ihre Handgelenke stecken in Handschellen mit einer langen Mittelkette. Sie trägt Stöckelschuhe, Streifen aus Leder laufen verkreuzt über ihre Beine. Ihr Gesicht wird halb von einer Maske verdeckt, deren Metallteile funkeln und glänzen, und ihre Haare sind fest nach hinten gebunden. Sie umklammert die Gitterstäbe ihres Käfigs, bewegt sich leicht und sinnlich hin und her, streckt ihre Gliedmaßen, soweit es ihr in der Enge möglich ist. Die Lederstreifen spannen sich über ihrer Haut, ihr Körper wirkt geschmeidig, von katzenhafter Eleganz. Die anderen Frauen in den Käfigen sind ihr sehr ähnlich: kaum bekleidet, ihre Gesichter zur Hälfte verborgen, und alle sind auf irgendeine Weise gefesselt, mit dünnen Ketten, mit schwarzen Lederschnüren, mit einem dunkelroten, seidig glänzenden Seil. Nur einer ist ein Mann, groß, breitschultrig, mit nacktem Oberkörper und in wirklich winzigen Shorts aus Leder. Er trägt ein mit Stacheln besetztes, breites Halsband, mit dem er an die Käfigdecke gefesselt ist, und starrt ununterbrochen auf den Käfigboden.
Während ich sie beobachte und immer noch versuche, zu erfassen, was ich da sehe, tritt ein Mann in einem eleganten Anzug auf einen der Käfige zu. Die Frau darin setzt sich auf und präsentiert sich, damit er sie inspizieren kann. Der Mann beugt sich vor und flüstert ihr etwas zu, und sie senkt den Kopf, dann kniet sie in ehrerbietiger Haltung vor ihm. Er sagt noch etwas durch die Gitterstäbe, und sie deutet ein Nicken an. Einen Augenblick später öffnet er die Käfigtür. Einen Moment verharrt er so, dann spricht er erneut mit ihr, woraufhin sie aufsteht. Er zieht sie an der Kette um ihre Handgelenke aus dem Käfig. Widerstandslos folgt sie ihm, während er sie zwischen den Tischen hindurchführt.
Was geschieht da? Ist das eine Art Bordell? Ist das wirklich die Art von Ort, an dem Mr R. und seine Freundin ihre Abende verbringen?
»Was machen Sie hier? Wer sind Sie?«
Die Stimme ist spitz und aggressiv. Ich zucke zusammen und drehe mich zu dem Sprecher um. Auf den ersten Blick scheint er völlig normal – mittelgroß und schwarz gekleidet –, aber er wirkt furchteinflößend. Sein Kopf ist kahlgeschoren, und die Hälfte des Gesichts und der Kopfhaut ist vollständig in einem primitiven Muster aus Wirbeln und Kreisen tätowiert. Die Wirkung ist sonderbar und beängstigend. Er funkelt mich an, erzürnt und bedrohlich. Seine Augen sind so hell, dass sie fast gänzlich weiß erscheinen.
»Wie sind Sie hier hereingekommen?«, verlangt er zu wissen. Einige der Umsitzenden schauen zu uns herüber, aber augenscheinlich haben sie kein besonders großes Interesse daran, was sich am Eingang abspielt. Vielleicht sind sie an derlei Dinge gewöhnt.
»Ich … ich … die Tür stand offen …«, stammele ich und werde rot. Ich spüre, wie meine
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