Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
achtet darauf, keine allzu großen Schritte zu machen, damit ich nicht in Trab verfallen muss, um mit ihm mitzuhalten. Mir ist, als ob ihn eine Leichtigkeit umgibt, wie ein mit Helium gefüllter Ballon. Wenn ich nicht aufpasse, kann er sich jeden Augenblick in die Lüfte erheben.
Als wir uns durch eine Gruppe junger Touristen fädeln müssen, die vor einem Fastfoodlokal stehen und sich auf dem Gehweg breitmachen, legt er seine Hand in mein Kreuz und leitet mich hindurch. Auf der anderen Seite angekommen kann ich kaum sprechen, so sehr laufen Wellen der Erregung angesichts seiner Berührung durch mich hindurch. Als er seine Hand wegnimmt, fühle ich mich wie beraubt.
»Sie sind aber wirklich weit gegangen.« Er runzelt die Stirn. »Haben Sie denn keinen Stadtplan dabei? Und auch keine Karten-App auf Ihrem Smartphone?«
Ich schüttele den Kopf, komme mir blöd vor. »Wie dumm von mir.«
Einen Moment lang scheint er mich finster anzuschauen. »Das ist wirklich sehr dumm. Hier draußen kann es richtig gefährlich sein.« Dann scheint er einzulenken. »Tja, irgendetwas sagt mir, dass Sie nicht an London gewöhnt sind.«
»Nein, ich bin das erste Mal hier.«
»Ach ja? Woher kennen Sie dann Celia?« Falls er wütend auf mich war, scheint er das jetzt hinter sich gelassen zu haben. Sein Blick wirkt wärmer.
»Sie ist die Patentante meines Vaters. Sie ist schon solange ich denken kann ein Teil meines Lebens, aber ich kenne sie nicht besonders gut. Ich meine, ich habe sie nur ein paar Mal gesehen und sie noch nie zuvor besucht. Als sie mich bat, ihre Wohnung zu hüten, war ich richtig erstaunt.«
»Ich verstehe, warum Sie sich diese Chance nicht entgehen lassen wollten.«
Ob die Leute annehmen, wir seien ein Paar? Vielleicht halten sie ihn für meinen Freund … wäre doch möglich, oder?
Er ist so unglaublich umwerfend …
Während wir Seite an Seite in Richtung Mayfair gehen, nehme ich jedes Detail an ihm in mich auf. Seine Hände sind herrlich: stark und breit mit langen Fingern und kantigen Fingerkuppen. Ich frage mich, wie sie sich auf meiner Haut anfühlen würden, auf meinem nackten Rücken. Der Gedanke lässt mich schaudern. Seine Kleidung sieht richtig teuer aus, und er hat ausgezeichnete Umgangsformen, allerdings ohne jede Spur der Arroganz, die man von einem Mann mit seinem Aussehen erwarten würde.
Er spricht jetzt über Celia, wie er sie kennenlernte, weil ihre Wohnungen einander direkt gegenüberliegen.
Ach echt? Im Ernst?
Ich versuche, ahnungslos dreinzublicken. Ihm scheint nicht der Gedanke zu kommen, dass ich ihn beobachtet haben könnte.
»Ihre Wohnung ist unglaublich, nicht wahr?«, sagt er. »Ich habe ein oder zwei Mal Kaffee bei ihr getrunken. Eine erstaunliche Frau. Und so interessant – die Geschichten, die sie über ihre Karriere erzählt!« Er lacht und schüttelt den Kopf, und ich lache auch. Anscheinend weiß er viel mehr über sie als mein Vater. Die Art, wie er von ihr spricht, weckt in mir den Wunsch, Celia irgendwann einmal richtig kennenzulernen.
»Wenn ich so alt bin wie sie, möchte ich so sein wie sie«, fährt er fort. »Mit Würde altern, aber sich trotzdem die Begeisterung für das Leben bewahren. Andererseits mache ich mir auch Sorgen um sie. Ungeachtet, wie energiegeladen sie zu sein scheint, sie wird doch älter. Natürlich würde sie nie und nimmer auch nur die geringste Schwäche zugeben, aber ich behalte sie im Auge, nur für den Fall, dass einmal etwas sein sollte.«
Er hat auch noch ein gutes Herz. O Gott, lass mich jetzt sofort sterben!
»Aber Sie kennen ja Celia, sie ist zweiundsiebzig Jahre jung, nicht wahr?«, scherzt er. »Ich habe das Gefühl, sie hat alles bestens im Griff. Wahrscheinlich überlebt sie uns alle und klettert noch auf den Mount Everest, wenn wir schon zu müde sind, auch nur die Treppe zu steigen.«
Die Stimmung zwischen uns ist lockerer, jetzt, wo meine Tränen getrocknet sind und sich die Wut, die er angesichts meiner Verlorenheit zu empfinden schien, aufgelöst hat. Wir nähern uns Randolph Gardens. Ich werde etwas langsamer, hoffe, die Zeit, die wir miteinander verbringen, in die Länge ziehen zu können. Gleich sind wir zu Hause und gehen wieder getrennte Wege. Das will ich nicht. Ich genieße das aufgeladene Knistern, das ich zwischen uns wahrnehme.
Plötzlich bleibt er stehen und dreht sich zu mir. »Sie sind ganz allein, nicht wahr?«
Ich nicke. Er starrt mich einen Augenblick mit suchendem Blick an, dann meint er sanft:
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