Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
Luft abschnürt. »Bei dir hört es sich so an, als wäre das Rudel irgendeine gemeingefährliche Sekte …«
Ihre Augen blitzen auf und sie fuchtelt wild mit einem Arm in der Luft herum. »Genau das sind sie! Wann geht das endlich in deinen Kopf? Wenn sie verlangen, dass ich meine sechzehn Jahre alte Tochter ihrem hochgeschätzten Prinzen übergebe, damit sie Nachwuchs zeugen können, dann sind sie gemeingefährlich! Sie wollen dich doch nur als ihre Zuchtstute, Jacinda! Damit sie das Rudel mit kleinen Feuerdrakis bevölkern können!« Jetzt steht sie fast direkt vor mir und brüllt mir ins Gesicht. Ich frage mich, ob Jabel oder irgendein anderer Nachbar sie hören kann. Mum macht nicht den Eindruck, als ob sie das noch stört. Sie geht ein Stück zurück und atmet tief durch. »Wir gehen noch diese Nacht. Pack deine Sachen.«
Ich renne in mein Zimmer und knalle die Tür zu – ein dramatischer Abgang, aber danach geht es mir ein bisschen besser. Während ich im Raum auf und ab laufe, versuche ich, mich zu beruhigen. Rauch steigt in wütenden kleinen Schwaden aus meiner Nase. Ich fahre mir mit einer Hand über mein Gesicht und meinen Hals, über meine warme Haut.
Dann lasse ich mich aufs Bett fallen, stoße ein Rußwölkchen aus und starre ins Leere, fühle nichts außer der Hitze, die in meinem Inneren brodelt. Langsam kühlt das Feuer in mir wieder ab und meine Blicke wandern zu den Glitzersternen, die an Bindfäden von der Decke baumeln. Dad hat mir damals geholfen, sie aufzuhängen, nachdem wir die Decke blau angestrichen hatten. Er hat gemeint, es wäre ein Gefühl, als würde man im Himmel schlafen.
Ein bitteres Schluchzen verbrüht mir den Hals. Nie wieder werde ich in diesem Himmel schlafen, und wenn es nach Mum geht, werde ich auch nie wieder fliegen.
Stunden später, während der Rest der Stadt schläft, schleichen wir uns durch Nidias Nebel. Das Einzige, was uns beschützt und vor der Außenwelt verborgen hält, hilft uns jetzt auch bei unserer Flucht.
Als wir das Ende unserer Straße erreichen und in die Hauptstraße einbiegen, legt Mum den Leerlauf ein. Tamra und ich schieben, während sie den Wagen durch das Stadtzentrum lenkt. Die Schule und der Bürgersaal sind völlig still, doch die dunklen Fenster scheinen uns wie Augen zu beobachten. Die Reifen knirschen auf dem losen Schotter und meine Schenkel brennen, während wir uns abmühen.
Mit angehaltenem Atem warte ich darauf, dass der Alarm losschrillt, als wir uns dem grünen Torbogen nähern, dem Eingang zu unserer Stadt. Vor uns liegt Nidias kleines mit Efeu zugewachsenes Häuschen – ein Wachhaus, das sich an die eine Seite des Durchgangs schmiegt. Hinter dem großen Buntglasfenster ihres Wohnzimmers brennt ein spärliches Licht. Ganz bestimmt wird sie uns entdecken. Es ist ihre Aufgabe, niemanden in die Siedlung zu lassen – oder hinaus.
Jedes Rudel hat wenigstens einen Wächter – einen Draki, der das Dorf in Nebel hüllt ebenso wie den Geist eines jeden Menschen, der zufällig hineingerät. Nidias Nebel kann Menschen dazu bringen, sogar ihren eigenen Namen zu vergessen. Ihre Fähigkeit ist noch viel wichtiger als meine und das Rudel fürchtet ihren Tod und damit den Tag, an dem unser Reich seine Deckung verliert und für jedes vorbeiziehende Flugzeug und jeden Wanderer, der sich weit genug in die Berge traut, sichtbar wird.
Aus ihrem Haus dringt kein Laut. Kein einziges Geräusch. Nicht einmal, als ich laut mit den Schuhen über den Schotter schlurfe und von Tamra einen bösen Blick ernte.
Ich zucke mit den Schultern. Okay, vielleicht will ich, dass Nidia uns ertappt. Als wir den Torbogen hinter uns gelassen haben, startet Mum den alten Kombi. Bevor ich einsteige, werfe ich einen letzten Blick zurück. Im sanften Licht von Nidias Wohnzimmer steht ein Schatten.
Das Herz klopft mir auf einmal bis zum Hals. Ich atme scharf die Luft ein und bin mir sicher, dass jeden Moment die Sirenen losheulen.
Der Schatten bewegt sich. Ich starre so angestrengt in seine Richtung, dass meine Augen zu tränen anfangen.
Plötzlich geht das Licht im Fenster aus. Ich blinzle, schüttle den Kopf und verstehe die Welt nicht mehr. »Nein«, flüstere ich. Warum hält sie uns nicht auf?
»Jacinda, jetzt steig schon ein!«, zischt mir Tamra zu, dann verschwindet sie selbst im Auto.
Ich reiße mich vom Fenster los, wo eben noch Nidia gestanden hat, und überlege, ob ich mich einfach weigern soll, mitzugehen. Hier. Jetzt. Ich könnte einfach auf stur
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