Firelight 1 - Brennender Kuss (German Edition)
ich ihn auf, weil ich diese Sache mit Xander verstehen will.
»Ich schätze, es liegt daran, dass ich bestimmte Dinge besser kann als er.«
»Was für Dinge?«, will ich wissen, obwohl mir eine kleine warnende Stimme in meinem Innern zuraunt, dass es besser wäre, nicht weiterzufragen. Dass ich es gar nicht wirklich wissen will.
»Ich bin ein besserer Jäger, Jacinda.«
Meine Hand ruht noch immer in seiner. Ich starre darauf und frage mich, wie sie so vertrauensvoll dort liegen kann, und fühle mich dabei ein wenig krank. Ich will sie wegziehen, weil das alles zu viel für mich ist.
Doch Will hält mich fest. »Ich will dich nicht anlügen, Jacinda. Ich bin der beste Fährtenleser meiner Familie. Es ist fast, als könnte ich euer Volk spüren, als wäre ich auf derselben Wellenlänge … Ich kann es nicht erklären. Es ist einfach so ein Gefühl, das mich überkommt, wenn ich in die Nähe komme …«
Ich nicke, nun ergibt alles einen Sinn – seine Reaktion, als wir uns im Flur der Schule begegnet sind. Es war, als hätte er meine Anwesenheit gewittert, noch bevor er mich sehen konnte. »Ist schon okay«, murmle ich und merke erst, als ich die Worte ausspreche, dass es auch stimmt. Wenn dies einer der Gründe ist, warum er sich von mir angezogen fühlt, kann ich es ihm ja kaum zum Vorwurf machen. Nicht, wenn auch ich ihn brauche wie Sauerstoff zum Atmen, um meinen Draki am Leben zu erhalten. »Darum bist du also so wichtig für deine Familie.«
»Ja.« Er nickt und sein honigbraunes Haar fällt ihm dabei in die Stirn. »Aber für mich hat es sich schon immer falsch angefühlt. Ich habe nie geglaubt, dass Drachen – ich meine, Drakis – gefährliche Bestien sind, die man töten muss. Auch wenn mein Vater mir das immer einreden wollte. Seit ich dir in den Bergen begegnet bin, habe ich sie zu keinem einzigen Draki mehr geführt. Ich bringe es einfach nicht übers Herz. Nie mehr.«
Das zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Ich frage mich, ob ich vielleicht aus ebendiesem Grund hier gelandet bin – für Will. Für mich. Für meine ganze Spezies. War es Bestimmung?
Schließlich stellt er mir eine Frage, die ich lieber nicht beantworten würde. Denn ich kann die bloße Vorstellung nicht ertragen.
»Und was hat es mit eurer Lebensdauer auf sich?« Er lehnt den Kopf zurück ans Bett und sieht mich an. »Stimmt es?« So ruhig, so gelassen klingt er dabei, als würde er mich nicht gerade nach meinem Verfallsdatum fragen. »Kannst du ewig leben?«
»Wir sind nicht unsterblich.« Ich versuche zu lachen, aber versage. »Wir können nicht für immer leben.«
Eine Weile ist er still und betrachtet mich mit einer Ruhe, die das Glitzern in seinen Augen Lügen straft. Denn er weiß, dass nicht unsterblich zu sein noch lange nicht bedeutet, ein einfacher Sterblicher zu sein. »Wie alt werdet ihr?«
Ich fahre mir mit der Zunge über die Lippen. »Das ist natürlich bei jedem anders …«
»Wie lange?«
»Nidia, die älteste Draki in unserem Rudel, ist dreihundertsiebenundachtzig.« Für den Bruchteil einer Sekunde wirkt er geschockt. Dann fasst er sich wieder und coole Gelassenheit tritt anstelle des Schreckens. Schnell ergänze ich: »Das ist lang, wirklich alt für uns und gar nicht der Durchschnitt. Normal sind vielleicht zweihundert, dreihundert Jahre.«
»Normal …«, wiederholt er.
Ich plappere weiter, als könne ich so vermeiden, dass er näher darüber nachdenkt … über die Kluft, die meine Worte eben zwischen uns errichtet hat. Als hätten wir nicht schon genug Hürden zu nehmen! »Wir alle glauben, dass Nidia nur noch durch ihren Stursinn am Leben ist. Sie ist etwas ganz Besonderes und unheimlich wichtig für unser Rudel. Wir brauchen Nidia so sehr, dass sie extra lange durchhält.« Ich meistere ein klägliches Lachen, weil ich es nicht ertrage, wie still er ist.
»Dann wirst du also erst anfangen, älter auszusehen, wenn du … Wann?«
Unbehaglich zucke ich mit den Schultern. »Na ja, eigentlich sehen wir nie so richtig alt aus.« Zumindest nicht nach »menschlichen« Maßstäben.
»Wie alt sieht denn diese Nidia aus?«
Ich beiße mir auf die Lippe und lüge: »Vielleicht fünfundfünfzig oder sechzig.«
Das stimmt nicht mal annähernd, sie wirkt eher wie Mitte vierzig und das ist so ziemlich das Äußerste für uns Drakis. Wir altern einfach nicht auf dieselbe Art wie Menschen. Meine Mutter sieht nur allmählich alt aus, weil sie ihren inneren Draki schon so lange unterdrückt hat.
»Wenn ich
Weitere Kostenlose Bücher