Firelight 3 - Leuchtendes Herz (German Edition)
Baum kreuzt, in dessen Krone ich mich versteckt halte.
»Das ist dumm von dir«, flüstere ich. Dass er Miram einfach so weggeschickt hat, ist mir unangenehm. Es vermittelt den Eindruck, dass er mich seiner Schwester vorzieht. Und das ist das Letzte, was ich will. »Du solltest bei deiner Schwester bleiben.«
»Und du verhältst dich gerade besonders klug, oder wie?«, kontert er und sein violetter Blick trifft auf meinen.
Und dann spüre ich es. Erneut. Sein Verlangen nach mir spült in einer warmen Welle über mich hinweg, verwirrend und verblüffend, und macht mich ganz benommen. Ich schüttle den Kopf und versuche mit aller Kraft, diese fremden Emotionen abzuschütteln. Das sind seine Gefühle, nicht meine. Mit meinen eigenen habe ich schon genug zu tun – ich kann gut darauf verzichten, dass sich auch noch seine darunter mischen. Ich bäume mich gegen diesen Überfall auf und kämpfe dagegen an – gegen ihn.
Er blickt mich eindringlich durch das Geäst an. Obwohl wir uns auf verschiedenen Bäumen befinden, sind unsere Gesichter nur wenige Handbreit voneinander entfernt.
Das Motorengeheul kommt näher. Ich luge durch die Äste. Die Staubwolke ist angewachsen und in ihrer Mitte befinden sich die dunklen Umrisse mehrerer Fahrzeuge.
Will hat die Motorhaube hochgeklappt und tut so, als wäre er damit beschäftigt, nach dem Motor zu sehen. Ist das etwa sein Plan? Eine Autopanne vorzutäuschen? Ich hole tief Luft und hoffe inständig, dass es funktioniert.
In der dichten Staubwolke kann ich zwei Fahrzeuge ausmachen. Einen schwarzen Laster mit so dunkel getönten Fenstern, dass man nicht ins Innere sehen kann. Dahinter folgt ein Transporter mit ebenso dunklen Fensterscheiben. Dieser Wagen sieht vollkommen anders aus als unserer. Er ist total aufgemotzt und blitzt und blinkt sogar durch die Staubwolke hindurch.
Will lugt unter der Motorhaube hervor und ich mache mir plötzlich Sorgen um ihn. Würden die Jäger ihm etwas zuleide tun? Einem von ihresgleichen?
Die Fahrzeuge halten an und stellen die Motoren ab.
Einen Augenblick lang steigt niemand aus und ich frage mich, was sie wohl dort unten machen. Die Fenster der Fahrzeuge erinnern mich an kalte dunkle Augen, die schweigend beobachten und verurteilen. Meine Brust hebt und senkt sich in der raschen Folge meines Keuchens. Dampf quillt in Doppelkringeln aus meinen Nasenlöchern.
Will winkt mit einer Hand einen warmen Willkommensgruß und schafft es perfekt, sein Misstrauen zu verbergen. Ich verharre vollkommen still, atme tief ein und halte die Luft an, während ich darauf warte, dass einer seiner Verwandten aus einem der Fahrzeuge steigt.
Schließlich öffnen sich die Türen des Lastwagens und danach die des Transporters. Mehrere Männer steigen aus, fünf insgesamt. Ich mustere sie alle eingehend … keiner von ihnen kommt mir bekannt vor.
Mein Puls pocht rasend in meinem Hals. Bis jetzt ist mir nicht klar gewesen, wie sehr ich gehofft habe, dass es sich bei den Jägern nicht um Wills Familie handelt.
Ich schüttle mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Mein Blick schnellt zu Will und ich bemerke, dass auch er diese Jäger nicht kennt. Also gehören sie nicht zu Wills Gruppe. Sie sind Fremde. Eine tiefe Erleichterung überkommt mich. Sie kennen Will nicht. So ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er sie davon überzeugen kann, dass er einfach ein gestrandeter Autofahrer ist.
»Hi«, sagt Will und schafft es, gleichzeitig erleichtert und verlegen zu wirken. Einfach nur ein vom Glück verlassener Teenager. »Ich bin echt froh, dass ihr vorbeigekommen seid. Das gute Stück hier hat ’ne Panne.« Er tätschelt die rostige Seite des Transporters.
»Ach ja?« Einer der Jäger macht ein paar Schritte nach vorn. Seine Stimme klingt laut, polternd und herausfordernd. Sonnenlicht glitzert auf dem feinen blonden Flaum seiner kurz geschorenen Haare. »Ist das so?« Er sieht sich um und sucht mit den Augen die Umgebung ab. Sein Blick huscht über mein und Cassians Versteck hinweg. Ich versteife mich und klammere mich noch fester an die raue, kratzige Rinde. Erleichtert nehme ich zur Kenntnis, dass seine Aufmerksamkeit nicht auf unser Versteck gerichtet bleibt.
Jetzt schaut er wieder geradeaus, kneift die blassen Augen zusammen und versucht, irgendetwas hinter der Tür unseres Transporters zu erkennen.
»Ja.« Will lacht entwaffnend. »Ich glaube, die Gute liegt langsam in den letzten Zügen.«
Der Anführer der Jäger tauscht einen Blick mit seiner Truppe
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