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Firkin 2: Die Frösche des Krieges

Firkin 2: Die Frösche des Krieges

Titel: Firkin 2: Die Frösche des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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auf, entfaltete und öffnete sie. Legte Erinnerungen frei, die Firkin lieber vergessen hätte, schälte Zeitschicht um Zeitschicht ab und enthüllte Bilder, die er nie wieder hatte sehen wollen. Leichen im Keller erwachten erneut zum Leben. Es war eine Irrfahrt durch die Nebenstraßen des fast schon Vergessenen, durch die dichten Wälder der lange zurückliegenden Erlebnisse.
    Doch plötzlich, als hätte das Gefährt, in dem sie saßen, eine Mauer gerammt, war die Fahrt zu Ende. Eine Tischplatte raste auf sein Gesicht zu, er sah Licht, Pergamente, sah alles nur flüchtig. Und dann … Blackout.

 
VI
METAMORPHOSE
     
     
    »Gibbsse mia nochn Doppltn?« nuschelte der Mann, schob sein Glas über die Theke und kramte in den Taschen seines speckigen Mantels nach dem nötigen Kleingeld. Die Bardame schenkte einen Doppelten ein und lächelte, wie es sich gebühre. Dann reichte sie ihm das Glas und nahm das Geld.
    »Ddd … Ress isss füa … Hicks … füa dich, Schäss-schen«, lallte er, wankte bedenklich und torkelte in eine der abgeschiedeneren Ecken in seiner Stammtankstelle. Er verbrachte einen großen Teil seiner Zeit im alkoholgesättigten Interieur der Sauren Gurke. Und sperrte die Ohren auf … Denn eines Tages, davon war Turgg Enjeff überzeugt, eines Tages würde irgend jemand eine Bemerkung fallen lassen, eine Information von außerordentlicher Bedeutung, die ihm endlich zu dem verhalf, was Ziel und Inhalt seines Lebens war: zum großen Knüller. In irgendeinem unbedachten Augenblick würde diese wertvolle Information dem Mund eines betrunkenen Geschäftsmanns entschlüpfen, vielleicht auch dem Mund eines Mitglieds der cranachischen Geheimpolizei … Und er würde da sein. Würde die Ohren offenhalten. Vorbereitet sein.
    Heute abend allerdings würde es ganz bestimmt nicht passieren. Niemand von Interesse in Hörweite. Wie jeden Dienstag. Die Bude war gerammelt voll: junge Männer, die hinter allem her waren, was in einem Rock steckte; alte Männer, deren Interesse an allem, was in einem Rock steckte, schon lange durch das Interesse an dem ersetzt war, was in einer Flasche steckte; junge Frauen, die alles, was vermutlich in ihren Röcken steckte, fest unter den Schößen und Falten derselben versteckt hielten. Natürlich nur so lange, bis irgendwann einmal der richtige Interessent auftauchte, versteht sich.
    Turgg Enjeff paßte das heute ganz ausgezeichnet. Er hatte eine Menge zu denken. Ihm ging einiges im Kopf herum – unter anderem ein Dutzend doppelte Schnäpse, die seinen Blutkreislauf mit vierzigprozentigem Kraftstoff ankurbelten. Er versuchte, ein bestimmtes Bruchstück einer Story in ein rätselhaftes Puzzle einzupassen, das partout nicht aufgehen wollte. Er nahm noch einen Schluck und blickte in sein kleines schwarzes Notizbuch. Im Jahre 1025 MEZ hatte er einen längeren Vermerk in dieses Buch gekritzelt. Seine Stirn furchte sich, als er jetzt angestrengt versuchte, den Sinn aus diesem Gekrakel herauszudestillieren. Damals, als er die Notiz schrieb, hatte sie einen Sinn gehabt. Jetzt war sie zum allergrößten Teil nicht mehr als ein Haufen wirrer Blödsinn.
    Es lag erst ein paar Stunden zurück, da hatte er beobachtet, wie Fisk in die Bretterbude eingetreten war, die Maney Hauweck sein ›Büro‹ nannte. Turgg hatte den einen oder anderen Gesprächsfetzen aufschnappen können. Es war um den Einsatz eines Straßenbautrupps gegangen, wegen eines Bauvorhabens an der Grenze zu Isolon. Was bedeutete das? Warum setzte sich der cranachische Innenminister mit dem besten Bauingenieur von Cranachan wegen eines Bauvorhabens an der Grenze in Verbindung?
    Sein sechster Sinn sagte ihm, daß das etwas mit seiner Story zu tun hatte. Auf irgendeine Weise hing es mit der Lemming-Geschichte zusammen. Aber wie? Was hatte Fisk vor?
    Was immer es auch war – sein sechster Sinn sagte ihm auch, daß es ganz bestimmt nicht ganz koscher war.
    Turgg Enjeff putzte sein Glas mit einem Schluck weg, stand auf, schwankte aus der Sauren Gurke und machte sich auf den Heimweg. Eines Tages würde er die Story knacken. Eines Tages würde er seinen Knüller haben. Eines Tages …
     
    Vierzehn Jahre später und ein paar Tagesritte von den finsteren Seitenstraßen entfernt, durch die Turgg Enjeff torkelte, stand Praxx in einem Raum, in dem es nach Ozon roch, und rieb sich nachdenklich das Kinn. Prüfend betrachtete er die Kreidezeichnung auf dem Boden, das Pentagon, und kontrollierte die Talgkerzen. Die Sache gefiel ihm nicht. Er

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