First Night - Der Vertrag (German Edition)
konnte als sie und dass sie nur ein kleines, armseliges Mädchen aus der Arbeiterklasse war und dass Thomas Mahler ein einflussreicher Milliardär war und dass sie gefälligst das Kind abtre iben lassen sollte, von dem sie zwar noch nichts wusste, aber wenn sie es wüsste, würde sie ihr das auch noch um die Ohren hauen.
Oh nein, sie fragte sich gar nicht, warum Frau Mahler sie eingeladen hatte, sie fragte sich nur, wie feinfühlig die sympathische alte Dame es ihr wohl beibringen würde.
Julia nickte trotzdem und schluckte trocken.
„Es ist nämlich so, dass ich eine Verbündete brauche“, sagte Frau Mahler und rührte nervös in ihrem Kaffee herum, während ihr Blick in Richtung Kuchenbuffet ging, wo Benni und Walter jeden einzelnen Kuchen offenbar genau auf seine atomare Beschaffenheit hin untersuchten.
„Thomas’ Vater ist vor sechs Jahren gestorben. Er war ein toller Mann, humorvoll, geistreich und eloquent und Thomas hat ihn wirklich sehr verehrt und geliebt. Aber er hatte nicht nur sonnige Seiten. Er konnte sehr jähzornig und ungerecht sein und er war absolut dominant. Trotzdem habe ich ihn geliebt und nicht erwartet, dass ich mich je wieder verlieben könnte.“
Julia schaute nun auch zum Kuchenbuffet und begriff. Walter war die neue Liebe von Frau Mahler. Die Frau nickte Julia ein lächelndes „Ja!“ zu.
„Er ist ein pensionierter Hochschulprofessor und er sagt nicht ein Wort, das nicht Hand und Fuß hat. Das mag ich an ihm, dass er kein elender Schwätzer ist, aber vor allem ist er gut im Bett.“
Julia, die gerade an der heißen Schokolade nippte, hätte sich beinahe ve rschluckt und Frau Mahler gab ein glockenhelles Lachen von sich, das so schön und natürlich klang, dass Julia auch lachen musste.
„Es ist nicht selbstverständlich, dass Männer in dem Alter noch so potent sind, falls Sie verstehen, was ich meine!“, flüsterte Frau Mahler und beugte sich weit über den Tisch. „Und es ist nicht so, dass eine Frau in meinem Alter nicht genauso Lust auf Sex hätte wie eine in Ihrem. Ganz im G egenteil. Die Freude daran nimmt zu mit dem Alter, glauben Sie mir.“
Sie hielt sich die Hand vor den Mund, als würde sie es selbst nicht glauben, dass sie ihre intimen Geheimnisse mit einer Fremden teilte.
„Wir sind jetzt seit einem halben Jahr zusammen“, fuhr Frau Mahler fort und schaute Julia nun direkt in die Augen. „Und ich habe immer noch nicht den Mut aufgebracht, es Thomas zu sagen.“
„Haben Sie Angst, dass er es nicht versteht?“
„Ich weiß, dass er es nicht versteht.“
„Oh Gott, Frau Mahler, Sie denken doch nicht etwa im Ernst, ich hätte so viel Einfluss auf Ihren Sohn, um ihn vom Gegenteil überzeugen zu können?“
„Ich denke, wenn überhaupt jemals jemand Einfluss auf ihn haben könnte, dann sind Sie das!“
Sie sagte das so ruhig, als gäbe es nicht den geringsten Zweifel daran.
Julia lachte auf. „Ausgerechnet ich.“
Frau Mahler fasste über den Tisch, ergriff ihre Hand und drückte sie fest. „Wenn er so klug ist, wie ich immer von ihm dachte, dann wird er Sie festhalten und nie wieder gehen lassen. Und ich weiß zufällig, dass er übe raus klug ist, sonst hätte er nicht so ein Imperium aufgebaut.“
„Er hat leider eine ziemlich seltsame Vorstellung von Liebe, oder genauer gesagt vom Nichtvorhandensein der Liebe.“
„Das kommt von seinem Geld. Überall wittert er Leute, die nur hinter seinem Geld her sind.“
„Ist mir schon klar, aber das macht es nicht einfacher für diejenigen, die ihn wirklich lieben, oder?“
Die Männer kamen zurück und erstatteten voller Stolz Bericht über ihre Kuchenforschungsreise und beendeten damit das Gespräch zwischen Frau Mahler und Julia, worüber Julia sehr froh war. Was hätte sie Frau Mahler wohl sagen sollen? Sie hatte keinen Einfluss auf Thomas, ganz im Gegenteil, er wurde für sie immer rätselhafter. Und vermutlich würde er ihr nur ins Gesicht lachen, wenn sie ihm von seiner verliebten Mutter erzählte.
Die Art und Weise , wie er gestern Morgen schlagartig verschwunden war, mit einem eisigen „Ich melde mich!“, war für sie genau so verwirrend gewesen wie sein Katz-und-Maus-Spiel davor:
Am Freitag nicht zur Verabredung kommen, dann am Samstag mit Bluterguss unterm Auge vor ihrer Tür stehen, in der Küche seine Hände unter ihre Bluse schieben und etwas von Zusammensein erzählen und fünf Minuten später wütend aus der Wohnung poltern, als wollte er nie wiederkommen. Walter riss Julia aus
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