First Night - Der Vertrag (German Edition)
liebe.“
Er starrte fassungslos auf den Bildschi rm und schaltete den Laptop aus.
„Was für ein Quatsch!“, murmelte er und schubste das Gerät unsanft von sich.
Was für eine Ansage!
Nachdem er jahrelang mit Frauen geschlafen hatte, die er nicht liebte und die ihn nicht liebten, musste er sich von einer dahergelaufenen Putzfrau sagen lassen, wo eigentlich sein Pro blem lag.
***
Als sie keine Antwort mehr von Thomas bekam, fuhr sie den PC herunter und schimpfte sich selbst eine Idiotin. Sie konnte den Schlaf dringend gebrauchen und anstatt sich mit einem anonymen IT-Nerd per Mail zu unterhalten, sollte sie sich lieber für morgen ausruhen. Morgen war der letzte Klausurtag in diesem Semester. Sie hatte viel gelernt, auch wenn Arbeitsrecht nicht ihre Stärke war, und dann würden die Semesterferien beginnen und sie würde nächste Woche mit einem freiwilligen Praktikum in der Rechtsabteilung von Expiron beginnen. Es wurde nur ein Anerkennungsbetrag von 12 Euro am Tag bezahlt, was bedeutete, dass sie weder ihren Putzjob noch ihren Kellnerjob aufgeben konnte, aber es machte sich sehr gut bei späteren Bewerbungen und Expiron lag ziemlich verkehrsgünstig von ihrer Wohnung aus gesehen, zumindest wenn sie die U-Bahn nahm.
Die letzte Klausur am anderen Tag lief leider nicht so gut, wie sie g ehofft hatte, und ihr war einmal mehr klar, dass egal wo das Leben sie noch hinführte, sie ganz bestimmt keine Arbeitsrechtlerin werden würde. Nachdem sie aus der Uni raus war und mit ein paar Kommilitonen noch einmal die Fälle in der Klausur durchdiskutiert hatte, kaufte sie sich bei C&C noch ein billiges, aber einigermaßen schick aussehendes, schwarzes Kostüm für das Praktikum nächste Woche und holte dann Benni vom Hort ab, um mit ihm Eis essen zu gehen. Das war der letzte Luxus, den sie sich in diesem Monat noch leisten konnte. Es sei denn, Tante Heike tat mal wieder ein gutes Werk und drückte ihr am Samstag einen Fünfziger in die Hand. Wie so oft.
Benni brachte eine Menge Prospekte aus der Schule mit, Flyer und Infozettel, die Micha ihm mitgegeben hatte. Von Schulen und Intern aten, die sich nur damit befassten, hochbegabten Kindern die bestmögliche Lernplattform zu bieten, optimale Förderung spezieller Hochbegabungen, Förderstunden, Social Leadership, bla, bla, bla!
Benni war genauso wenig begeistert wie Julia. Er hatte die Prospekte natürlich gelesen. Er war ja nun wirklich nicht auf den Kopf gefallen und hatte sofort Lunte gerochen.
„Muss ich dann weg von dir?“, fragte er und bohrte dabei ein tiefes Loch in sein Schokoladeneis. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Erst mal wirst du in die zweite Klasse vorversetzt und Micha hofft, dass es dann für dich nicht mehr so langweilig ist.“
„Micha?“ Er grinste spitzbübisch, weil er genau wusste, wer Micha war. Sie hatte Benni noch nichts von ihrem Gespräch mit dem Rektor erzählt, nicht weil sie es vergessen hätte, sondern weil sie sich vor Bennis Reaktion, vor seiner Angst gefürchtet hatte, wenn sie ihm von dem Internat erzählte.
Es war schon schlimm genug gewesen, als ihre Mutter nach Bayern abgehauen war und Benni einfach zurückgelassen hatte. Er lebte jetzt seit eineinhalb Jahren bei Julia und es war nicht gerade einfach, als St udentin mit zwei Nebenjobs auch noch ein Kind zu haben. Aber es war auch für Benni schwer gewesen, nachdem seine geliebte Omi, die ihn fünf Jahre lang großgezogen hatte, plötzlich auf den Selbstverwirklichungszug aufgesprungen und gen Bayern davongefahren war. Er dachte, es sei seine Schuld und hatte notorisch Angst, wieder verlassen zu werden oder woandershin abgeschoben zu werden.
Sie wollte ihm zu gerne sagen, dass sie ihn nie verlassen würde, dass er sich keine Sorgen machen sollte, dass sie auf ihn aufpasste und bei ihm bleiben würde. Aber wie konnte sie so etwas versprechen, wenn sie nicht sicher war, wann das Jugendamt das Damoklesschwert auf ihre beiden Köpfe herabra uschen lassen konnte.
Jederzeit.
Sie brauchte nur eine Kleinigkeit falsch zu machen und schon würde Benni bei einer Pflegefamilie landen.
***
Bei Vittorio war es an diesem Abend ziemlich leer und das, obwohl es ein Freitag war. Das lag vermutlich daran, dass vor zwei Wochen direkt gegenüber ein Event-Restaurant eröffnet hatte und niemand mehr Lust auf solide Pasta und normale Pizza zu haben schien.
Aber Debby war da, mit ihrem Freund und weil es sonst nichts zu tun gab, erlaubte ihr Vittorio, dass sie
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