First Night - Der Vertrag (German Edition)
großes Interesse daran, alles über Maries Tod zu vertuschen.“
„Und Morosow hat ein noch größeres Interesse daran!“
Sein Tonfall wurde nur noch schnippischer, falls das möglich war. Er hätte die Frau am liebsten an beiden Schultern gepackt und sie durchgeschüttelt und dann geküsst und dann gefickt. Shit, es half rein gar nichts, dass er ausgerechnet jetzt daran dachte.
„ Woher sollte Morosow meine Adresse kennen? Wenn er wüsste, wo ich wohne, würde er sich wohl kaum mit mir in Spandau treffen wollen, oder?“
„Was glauben Sie , wie schwer es für jemanden wie Roman Morosow ist, die Adresse der kleinen Julia Dietrich herauszufinden? Natürlich weiß er, wo Sie wohnen. Dafür muss er nicht mal 100 Euro ausgeben.“
Julia schnappte erschrocken nach Luft und eine käsige Farbe überzog plöt zlich ihr Gesicht. Sie würde doch nicht in das Auto kotzen. Nicht in den wunderschönen SL.
„Mann, Süße, ich dachte , das wäre klar, dass der Sie gecheckt hat“, schnauzte Silvio abgenervt. Morosow wusste, dass Julias Wohnung in Kreuzberg vom BND überwacht wurde, und er wusste, dass ihr Elternhaus in Spandau inmitten einer Wohngegend ziemlich ungeeignet war für einen Zugriff. Daher war ihm der Treffpunkt gelegen gekommen.
„Werden Sie jetzt bloß nicht hysterisch.“
„Ich werde nicht hysterisch!“, rief sie hysterisch. „Sie sind ein Arschloch! Sie sind ein Oberarschloch! Sie wussten die ganze Zeit, dass Morosow meine Adresse kennt? Wie oft habe ich Benni abends allein gelassen? Wie oft ist er alleine vom Hort oder von der Schule nach Hause gegangen und Morosow hätte ihn sich nur zu schnappen brauchen?“
„ Hey, beruhigen Sie sich! Sie kotzen mir gleich das Auto voll!“
Sie würde demnächst austicken, das sah er ihr an. Sie schien kaum noch Luft zu bekommen, ihre Bluse platzte fast, weil ihr Atem so schnell ging , und ihre Titten würden bald die Knöpfe wegsprengen.
„Er weiß es erst seit gestern Nachmittag . Nachdem er mit Ihnen telefoniert hat, hat er sie sofort checken lassen. Aber dank der Überbesorgtheit von Mahler passe ich schon seit Sonntagabend auf Sie auf.“
„Wie konnte dann der Einbruch überhaupt passieren, wenn Sie angeblich aufgepasst haben?“ Sie spuckte immer noch Gift und Galle, aber sie klang schon nicht mehr so hysterisch.
„Vielleicht weil ich Ihnen von Raschberg zur Schule und von der Schule zu Sparfox gefolgt bin und diesem blöden Elvis-Verschnitt dabei zugeschaut habe, wie er seinen steifen Schwanz hinter irgendwelchen Leinwänden und Bilderrahmen versteckt hat.“
„Wenigstens hat er ihn versteckt!“, zischte sie ihn an und warf nur einen kurzen Blick auf seine Hose. Dann war sie draußen aus dem Auto , dieses selbstgerechte Miststück, die Handtasche über die Schulter geschwungen blickte sie nicht mehr zurück.
***
Als Thomas in sein Büro kam, erwartete ihn Conni bereits mit einem ganzen Packen Tageszeitungen, einer Tasse Kaffee und vier verschiedenen Paaren von Babyschuhen. Rosa, blau, weiß und ein winziges Pärchen, das aussah wie zwei kleine Kätzchen. Er musste unwillkürlich lächeln, als er die Kätzchenschuhe sah.
„Sie sollten einen Blick in die Tageszeitung werfen!“, begrüßte ihn sein A ssistent Dr. Nickel.
Er hatte das Gespräch mit den Schweden vorbereitet und die Rede für die Personalversammlung geschrieben und er hatte alle wichtigen Unterlagen dabei. Die klitzekleinen Babyschuhe wirkten ganz unwirklich zwischen den Tageszeitungen, den ganzen Akten und Dr. Nickels knappen Ausführungen zu den Pressereaktionen auf den Erdöl-Deal. Er zeigte auf die Schlagzeile der Berliner Post, die neben dem Frankfurter Morgen lag, und die beide beinahe gleich lauteten:
Mahlers Milliarden-Deal mit den Emiraten kappt die Gaspipeline.
Und im Süddeutschen Boten stand: Russischer Gasriese schaut nach Milliardengeschäft in die Röhre.
„Ich habe schon eine Presseerklärung vorbereitet. Wir müssen diese Berichterstattung etwas relativieren“, erläuterte Nickel und legte seine Press eerklärung gleich mit vor. „Wir geben ein Interview. ZDF und ARD haben schon nachgefragt. Ich kann für heute Abend ein Gespräch im ARD-Studio arrangieren.“
Merkwürdig, dachte Thomas, während er die Kätzchenschuhe zwischen seinen Fingern hin- und herdrehte und sie begutachtete. Wie unwichtig manche Dinge von einem Tag auf den anderen werden können. Er dachte an das Baby, das vermutlich erst ein paar Millimeter groß war und bereits das
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