First Night - Der Vertrag (German Edition)
passieren.“
„Ja!“
Das hatten sie alles schon gestern Abend besprochen und es wurde nicht besser, nur weil er es noch einmal mit ihr durchkaute. Heute Abend musste sie nichts weiter tun, als Morosow zu einem zweiten Treffen überreden, bei dem er angeblich Benni treffen würde, bei dem er aber stattdessen in die Falle des BND tappen sollte. Das hörte sich so einfach an, dass eigentlich nichts schiefgehen konnte. Zumal sie genau das ja sowieso vorgehabt hatte.
„Sie sind eine mutige , kleine Frau!“, sagte Silvio, einen Tick zu gönnerhaft für ihren Geschmack.
„Und Sie sind ein verlogener , riesiger Mistkerl!“, antwortete sie kühl.
Er arbeitete seit Jahren für Thomas Mahler und gleichzeitig für den BND .
„Einen Mann, der so mächtig ist wie Mahler, kann man nicht unbeobachtet handeln lassen, zumal er viele Kontakte in den Nahen Osten und in Länder der ehemaligen Sowjetunion hat. Und außerdem geht es dem BND in di esem Falle darum, ihn zu schützen und nicht, ihm zu schaden.“
Er wusste gar nicht, warum er sich überhaupt verteidigte. Er diente nur seinem Land und es war ja nicht so, dass er Mahler notorisch betrog und hi nterging. Er erledigte seinen Job als dessen Bodyguard nach bestem Wissen und Gewissen und er würde Mahler im Ernstfall auch mit seinem Leben beschützen. Was konnte man mehr verlangen?
„Sie hintergehen ihn trotzdem. Egal, welche Gründe Sie sich dafür au sdenken. Verrat ist Verrat“, sagte sie giftig zu ihm. „Haben Sie wenigstens ein schlechtes Gewissen?“
„Ich muss die Ethik eines Nachrichtendienstes nicht mit Ihnen besprechen, Chica!“
„Nein, da kann ich auch drauf verzichten. Aber Sie brauchen meine Hilfe und deshalb erlaube ich mir, Ihnen zu sagen, was ich von Ihnen halte.“
Nichts! Das hatte sie ihm gestern schon zu verstehen gegeben, und es nervte ihn. Obwohl er das ungern zugab, aber er wollte nicht, dass sie schlecht von ihm dachte. Vielleicht weil sie so ein treuherziges Naivchen war, das alle anderen neben sich wie Charakterschweine aussehen ließ. Ah, er hasste solche Leute, solche Möchtegern-Gutmenschen, die sich an ihrem eigenen Gutsein aufgeilten, bis sie schier einen Orgasmus kriegten vor lauter Selbstgefälligkeit.
Aber er hasste nicht Julia. Er hatte es versucht.
„Egal, was Sie von mir halten, wir sitzen im gleichen Boot. Und Sie müssen Ihren angebeteten Mahler ebenfalls täuschen, wenn Sie ihn retten wollen. Oder was denken Sie, was passiert, wenn er erfährt, dass Sie sich heute mit Morosow verabredet haben?“
Sie wusste genau , was passieren würde.
Wenn Thomas davon wüsste, würde er mit aller Macht verhindern, dass sie sich mit Morosow traf, und wenn sie sich nicht mit ihm traf, dann konnte sie ihn nicht in die Falle locken, die der BND für ihn vorgesehen hatte. Und wenn der Hundesohn nicht in die Falle ging, wären weder Benni noch Thomas sicher.
„Wir sitzen im gleichen Boot, weil Sie mir keine andere Wahl gelassen haben, aber Sie sitzen freiwillig dadrin und das schon viel zu lange“, antwortete sie frostig. „Und wenn das mit Morosow vorbei ist, wird Thomas Mahler von mir erfahren, wer Sie sind.“
Silvio spürte, wie sich unprofessioneller Ä rger in ihm aufbaute.
„Sie selbstgerechtes, überhebliches Miststück!“
Er quetschte vor Wut ihr Handgelenk, bevor er sie losließ. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihn an Mahler verpetzen würde – und auch wieder nicht. Er hatte ihr gegenüber seine Tarnung preisgeben müssen, sonst hätte er sie nie dazu bringen können, die Aktion zu unterstützen. Das Risiko waren er und seine Vorgesetzten bewusst eingegangen. Im schlimmsten Fall würde Mahler ihn mit einem schmerzhaften Fußtritt vor die Tür befördern und er würde irgendwo anders eingesetzt werden. Aber gleichzeitig hatte er auch insgeheim gehofft, es würde nicht so weit kommen. Er liebte den Job bei Mahler. Er respektierte den Mann, mehr als jeden anderen Chef, den er bisher hatte. Er hatte schon bei Promis gearbeitet, für die er nur Verachtung aufbringen konnte, aber Mahler war ein Mann mit Format und Silvio wollte nicht wie ein Verräter davongejagt werden, nicht von Mahler.
„Und außerdem möchte ich die Tagebücher meiner Schwester zurückh aben.“
„Ich habe die Tagebücher Ihrer Schwester nicht. Ich wusste gar nicht, dass sie welche geschrieben hat .“
Sie lachte ungläubig. „Und das soll ich Ihnen glauben? Die Tagebücher sind das Einzige, was gestohlen wurde , und der BND hat ein
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