First Night - Der Vertrag (German Edition)

gestapft. Er setzte sich unaufgefordert auf einen der Stühle an dem großen Besprechungstisch und wartete gar nicht, bis Thomas aufgestanden und um den Schreibtisch herumgekommen war, sondern knallte schon ein Stück Papier nach dem anderen auf den Tisch.
    „Diese Infos haben Sie eine fette Stange Geld gekostet!“, sagte Eric, während er den ersten A4-Zettel auf den Tisch legte.
    „Kontodaten von Julia, dauernd pleite.“
    Dann das nächste, gleich eine ganze Akte.
    „Akte vom Jugendamt. Sorgerechtsstreit!“ Noch ein paar Papiere. „Zeugnisse, Immatrikulation, Klausuren. Alles topp! Dienstags bis sonntags stundenweise Job beim Italiener, jede Nacht von drei bis sechs in der Putzkolonne von Gegenberger, sechswöchiges Praktikum bei Expiron, Samstag und Sonntag von neun bis elf im Taekwondo-Studio Dangun, nicht vorbestraft und uups …“ Ein Blatt Papier fiel bei der theatralischen Aktion zu Boden und schwebte Thomas vor die Füße.
    „Alles über den rollenden Medizinball! Ein erfolgloser und namenloser Privatd etektiv. Schwul!“
    Dann blickte er auf und schaute seinen Boss herausfordernd an.
    „Möchten Sie vielleicht noch wissen, wer Debby ist oder mit welchen Männern sich Julia in den letzten zehn Jahren getroffen hat und wer von denen mehr als ihre Hand berührt hat?“
    „Ich verzichte auf Ihren Zynismus“, sagte Thomas kühl, „und nehme dafür gerne auch noch den Bericht über ihre Männerfreundschaften en tgegen.“
    Brockmann nickte mit einem schiefen Grinsen:
    „Keine Verabredungen mit Männern in den letzten eineinhalb Jahren! Keine Herrenbesuche in ihrer Wohnung. Ausnahme gestern Nachmittag: Der rollende Medizinball! Er war genau neunundzwanzig Minuten in ihrer Wohnung, Kind war anwesend.“
    „Ist gut. Danke!“ Thomas winkte ab, aber Brockmann was so schön in Fahrt und hörte nicht auf, sondern rezitierte weiter:
    „Deborah Kessler, eine Freundin, Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Berlin. Julias Tante, Heike Krawinkel, wohnt in Köpenick, Stewardess, geschieden. Ihr Vater wohnt in Spandau, Frührentner, hat Multiple Sklerose. Ihre Mutter konnte ich noch nicht ausfindig machen. Ihre Schwester Marie, Mutter von Benni, zwei Tage nach der Geburt gestorben.“
    „Herrje, es ist gut! Sie können aufhören!“
    Thomas war nun schon etwas ungehaltener und das lag eher an der traurigen Lebensgeschichte des Mädchens als an Brockmanns Tonfall.
    „Ich weiß, dass ich ein manisches Arschloch bin, aber die Kleine ist wie … wie … eine Droge für mich. Ihr Vater hat MS?“ 
    „Und die Schwester hat Selbstmord begangen. Wenn Sie immer noch den Wunsch haben, das Mädchen zu kaufen, dann seien Sie wenigstens großzügig. Wenn jemand das Geld dringend gebrauchen kann, dann ist sie es.“
     
    ***
     
    Mittwochnacht um 23 Uhr schrieb Thomas ihr eine Mail.
    „Wie wirbt man um eine Frau, die so schön und heiß ist, so weit über e inem steht, dass man unter normalen Umständen gar keine Chance hat, überhaupt von ihr wahrgenommen zu werden?“
    Sie antwortete nicht gleich. Wahrscheinlich war sie gerade erst vom Italiener zurück, zog sich vielleicht die Jacke aus und es dauerte noch eine Weile, bis sie es sich gemütlich gemacht hatte und den Laptop hochfuhr. Endlos lange zwanzig Minuten später kam en dlich ihre Antwort.
    „Was meinst du mit: unter normalen Umständen ?“
    „Na ja, nicht normal wäre zum Beispiel, wenn ich sehr reich wäre und mir die Frau einfach kaufen könnte.“
    „Du spinnst. Warum sollte die Frau sich von dir kaufen lassen wollen?“
    „Hast du eine Ahnung! Frauen machen für Geld so ziemlich alles. Es ist nur eine Frage des Preises.“
    „Du bist ganz schön bescheuert!“
    „Für wie viel würdest du deine Jungfräulichkeit verkaufen?“
    „GAR NICHT!“
    „Nein, überleg zuerst, bevor du schreist. Für wen sparst du dich auf? Ist da irgendein konkreter Mann, auf den du wartest?“
    „Nein!“
    „Du hast also noch nicht den Richtigen gefunden! Du hast sogar Angst davor, dich zu verlieben. Vielleicht findest du nie den Richtigen. Jungfräulichkeit ist etwas, was mit zunehmendem Alter der besagten Jungfrau immer reizloser wird. Und was ist heutzutage Jungfräulichkeit überhaupt noch wert? Die meisten Kerle fürchten sich vor Jungfrauen, weil der erste Sex wehtut und ihnen keinen Spaß macht und die Jungs mit einem schlechten Gewissen zurücklässt, und für viele Mädels ist es sogar pei nlich, dass sie noch Jungfrauen sind. Aber stell dir vor, da