First Night - Der Vertrag (German Edition)
einem Mal weich wie Butter, ihr Gesicht, ihre Stimme, ihr Körper, Sonne, Freude, Liebe.
„Er heißt Benni und wird im Juni sieben!“
„Kein Kind sollte so leben müssen!“, maulte er und schon war ihre ga nze Weichheit wieder verschwunden. Sie fühlte sich wie beim Jugendamt, unter Rechtfertigungsdruck.
„Im Sommersemester mache ich mein erstes Staatsexamen und wenn ich Referendarin bin, verdiene ich etwas mehr. Ich brauche dann keine anderen Jobs mehr und habe mehr Zeit für Benni und dann kann ich irgendwann auch eine andere Wohnung suchen. Aber das geht Sie wirklich nichts an, Herr Mahler.“
Er hatte ihr doch nur zu verstehen geben wollen, dass ihr Besseres z ustand, dass er es war, der ihr Besseres geben konnte – das Beste. Herrgott, am liebsten würde er sie übers Knie legen, um ihr Vernunft einzubläuen oder sie einfach nehmen, sie über seine Schultern werfen und sie hier herausschaffen. Er merkte selbst, dass er kurz davor stand, einen seiner berüchtigten Wutausbrüche zu bekommen und das wäre nun wirklich das Allerdümmste, was er jetzt noch anstellen konnte. Er holte tief Luft und ermahnte sich selbst zur Ruhe. Dann stand er auf und sagte mit mühsam beherrschter Stimme:
„Ich glaube , wir gehen jetzt besser.“
Brockmann nickte seinem Boss zustimmend zu. Er hatte die Zornesader auf Mahlers Stirn gesehen und schon befürchtet, dass er ausrasten wü rde. Er war es nicht gewohnt, dass er seinen Willen nicht bekam. Im schlimmsten Falle würde er in den nächsten paar Minuten etwas ganz Dummes sagen und sich jedwede Chance bei dem Mädchen für immer und ewig verscherzen. Thomas stand auf und schüttelte ihre Hand zum Abschied, dann kramte er seine Visitenkarte aus seinem Anzugsjackett und reichte sie ihr.
„Das ist meine Privatadresse und private Handynummer .“
Er wollte nicht protzig wirken und ihr sagen, dass es nur sehr wenige Menschen gab, de facto nicht mehr als zehn Leute, die diese Visitenkarte besaßen und seine Privatadresse oder gar seine private Handynummer kannten.
„Wenn Sie Hilfe brauchen, egal wobei, rufen Sie mich an, bitte, ich meine es ernst.“
Sie schaute auf die Hochglanzkarte mit den goldenen Buchstaben und las sie laut und voller Verwirrung vor, als würde sie den Namen zum ersten Mal lesen oder hören.
„Thomas Mahler? THOMAS?“
Ihre Augen wurden groß, ihr Mund klappte auf und sie starrte ihn an, als wäre er ein Monster aus dem All. Und dabei hatte sie den Namen Thomas mit einer Überraschung und einem Klang von Begreifen betont, der ihm eiskalte Schauer den Rücken hinunterjagte.
Wie schwer war es wohl für einen normal intelligenten Menschen, zw ischen dem Mann auf der Toilette bei Expiron, der Mailfreundschaft mit Thomas123 und dem zudringlichen Konzernchef von Expiron eine Verbindung herzustellen?
***
Als er mit Brockmann eine Dreiviertelstunde später wieder zu Hause war, stand er fünf Minuten vor seinem Laptop und schaute ihn nur an und überlegte sich, ob er ihn überhaupt hochfahren sollte. Er fürchtete sich vor dem, was sie ihm schreiben würde, beinahe mehr als vor einem Kollaps der Aktienmärkte. Und natürlich würde sie ihm schreiben und ihn zur Schnecke machen, das war ja wohl klar. Sie hatte es sofort geschnallt, als sie die Visitenkarte gesehen hatte, und Brockmann hatte ihn im Auto deswegen noch auf die Schippe genommen.
„Das war wohl das Ende von Thomas123! Aber es ist besser so, glauben Sie mir. Sie waren nicht mehr Sie selbst in den letzten zwei Wochen“, hatte er gelacht.
Jetzt stand Thomas an der Theke in seiner Küche und starrte den Laptop an, als wäre der eine tickende Zeitbombe und als könnte er sich nicht entscheiden, ob er den blauen oder den roten Draht durchschneiden sollte. Brockmann schien ein ähnliches Bild vor Augen zu haben, denn er brachte seinem Chef ein randvoll gefülltes Glas Whiskey und sagte:
„Machen Sie es kurz und schmerzlos. Der blaue Draht ist nie der Fa lsche.“ Mit diesem Wort zum Sonntag schlenderte er den breiten Flur hinunter in Richtung seines Zimmers. Es waren vier Mails von ihr da. Drei vom Vormittag und eine, die gerade erst fünf Minuten alt war.
Meist war es empfehlenswert, einen Mailverlauf chronologisch abzua rbeiten, damit man nicht den Zusammenhang verlor, aber er wusste natürlich, dass ihre drei Mails vom Vormittag jetzt nichts mehr zu bedeuten hatten. Nicht, nachdem sie nun wusste, wer ihr Mailfreund Thomas123 in Wirklichkeit war.
Er leerte das Glas in zwei
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