First Night - Der Vertrag (German Edition)
peinliche Heulsuse da im Fernsehen konnte ihr nur leidtun. Wie konnte man sich selbst nur so bloßstellen und die ganze schmutzige Ehe-Wäsche in aller Öffentlichkeit waschen? Aber trotzdem hatte sich Julias Laune beim Anblick dieser aufgetakelten Silikon-Tussi schlagartig verschlechtert.
„Kann mir erst mal einer erklären , was überhaupt passiert ist, bevor ich mit Fragen über mein Privatleben gelöchert werde? Weiß man inzwischen, wer diese Leute waren? Haben Sie schon seinen Namen herausgefunden? Ist eine Fahndung eingeleitet worden?“
Die Laune des Kommissars verschlechter te sich auch schlagartig. Natürlich, so wie man in den Wald hineinrief, so schallte es auch wieder heraus und selbstverständlich fand er es nicht besonders lustig, sich den Abend hier um die Ohren schlagen zu müssen, wo er vielleicht lieber auf dem Revier hocken und ein Fußballspiel anschauen würde und natürlich fand er eine zickige Frau, die ihm auf den Zahn fühlte, am allerunlustigsten.
„Wir konnten gar nichts feststellen, junge Dame! Nichts von dem , was Ihre Tante uns erzählt hat, hat sich nachprüfen lassen“, entgegnete er übellaunig und warf dabei einen wütenden Blick in Richtung von Tante Heike.
Die quittierte den Blick mit einem empörten Wackeln ihres Kopfes und rauschte mit den Wasserflaschen unter dem Arm an ihm vorbei in die K üche. Offenbar hatten der Kommissar und Tante Heike das Thema schon mehrfach durch – und das nicht gerade im gegenseitigen Einvernehmen.
„Der Vorfall ereignete sich heute, angeblich kurz nach zwei. Kinder spielten auf der Straße und ein paar Leute waren in ihren Vorgärten. Wir haben alle Nachbarn befragt, die haben nichts gesehen. Auch Ihr Vater hat nichts von dem Besuch mitbekommen. Ein Besuch, der angeblich Sturm geklingelt und laute Drohungen ausgestoßen haben soll. Der Junge war gar nicht anwesend, kann also auch nichts dazu sagen. Der Busfahrer, der zu der besagten Tageszeit immer zehn Minuten Aufenthalt in der Busbucht am Ende der Straße hat, hat auch nichts bemerkt. Kurz und gut, der angebliche Fremde und seine zwei angeblichen Schlägertypen sind nur von Ihrer Tante gesehen worden.“
„Er stellt mich dar wie eine hysterische alte Schreckschraube!“, bellte Heike wütend aus Küche. „Ich hab’ gesehen und gehört, was ich gesehen und g ehört habe!“
„S ie denken, meine Tante hat sich das Trio bloß eingebildet?“
Julia war erstaunlich ruhig , als sie sich jetzt wieder an den unfreundlichen Schmuddelkommissar wandte. Sie glaubte es keine Sekunde, dass Tante Heike die Story nur erfunden hatte. Sie kannte ihre Tante und wenn die auch manchmal etwas seltsam war, was ihre Beziehungen zu Männern anging, sie neigte weder zu Hysterie noch zu Halluzinationen. Aber es war Julia auch völlig klar, was passieren würde, wenn sie den Polizisten von ihrem Verdacht erzählte, dass dieser Vorfall vielleicht etwas mit Maries Tod zu tun haben könnte.
Im besten Falle würde sie wie üblich auf die große Mauer des Schweigens treffen und im schlimmsten Falle würde der Kommissar sie für eine paran oide Verschwörungstheoretikerin halten und das Jugendamt darüber informieren, dass sie nicht die nötige geistige Reife besaß, um ein Kind zu erziehen. Die würden sie dann wieder mal vorladen und sie behandeln wie eine Angeklagte beim Strafprozess. Nein danke, die Bullen nützten ihr gar nichts, ganz im Gegenteil.
„Ich denke, hier blasen ein paar Leute mächtig ihre Backen auf und la ssen ihre Beziehungen spielen und alles was rauskommt, ist heiße Luft“, brauste der Schmuddelheini auf.
Julia fiel ein, dass sie ihn noch nicht nach seinem Namen gefragt hatte.
„Dann tut es mir leid, dass Sie extra hergekommen sind. Warum sind Sie überhaupt noch hier , so spät am Abend?“
Oh je, damit hatte sie in ein Wespennest gestochen, von dessen Vorhandensein sie gar nichts geahnt hatte.
„Warum wir noch hier sind?“, schnaubte der Kommissar. „Das fragen ausgerechnet Sie, junges Fräulein? Wir sind hier, weil irgendein verfickter Oberbonze den Oberstaatsanwalt angerufen hat und darauf bestanden hat, dass wir hier zu sein haben!“
„Ein verfickter Oberbonze?“, rief Benni von hinten und kicherte höchst erfreut darüber, dass er seinem reichhaltigen Wortschatz noch einen weiteren genialen Fluch hinzufügen konnte.
„Da sehen Sie, was Sie mit ihrer schlechten Laune anrichten!“ , funkte Tante Heike aus der Küche dazwischen. „Uns werfen Sie vor, wir wären nicht
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