First Night - Der Vertrag (German Edition)
und wartete im Prinzip immer noch auf die große Liebe, an die sie aber eigentlich gar nicht wirklich glaubte. Von gelegentlichen One-Night-Reinfällen abgesehen, hatte sie keinen Freund.
„Was ist mit dir? Hast du einen festen Freund?“, fragte sie Julia, während sie sich frohgemut ein Currywurst-Stückchen in den Mund schleuderte und nebenher alle Männer, die an der Wurstbude vorbeikamen, intensiv auf ihre Brauchbarkeit hin überprüfte. Und aus irgendeinem Grund, den Julia selbst nicht genau verstand – wahrscheinlich weil sie dachte, sie würde Isabel nach den acht Wochen Praktikum sowieso nie wiedersehen – sagte sie:
„Nein, ich habe keinen festen Freund. Ich hatte am Samstag zum ersten Mal Sex!“
„Heilige Scheiße, war es schlimm?“, kam es mitleidsvoll von Isabel.
„Nein, gar nicht. Es war … es war der Wahnsinn.“ Das war es wirklich , dachte Julia – oh Mann, sie hatte richtig Sehnsucht nach Thomas.
„Und er? Er war total geschockt, nehme ich an. Er meldet sich nie wieder, was?“ Isabel legte ihr schwesterlich den Arm um die Schulter, der Currywurst-Piekser in ihrer Hand ragte direkt vor Julias Nase auf.
„Ich weiß nicht“, antwortete Julia lächelnd. „Ich glaube , es hat ihn ziemlich angeturnt.“
„Bei meinem ersten Mal war ich neunzehn und der Typ war so hammerm äßig sexy und wir haben es im Stehen in einem Parkhaus gemacht. Er hat nicht einmal die Hose richtig ausgezogen und ich habe nur das Kleid hochgezogen. Ich hatte nichts drunter an.“
„Wow! War es schlimm?“
„Es war so geil, so übergeil! Aber dann ist er einfach abgehauen, nach Oman.“
„Oman? Wie Oman , in Arabien?“
„Japp. Er war bei irgendeiner Spezialeinheit, die nach Osama Bin Laden g ejagt hat.“
„Und er hat sich nie wieder gemeldet?“
„Nope!“
„Du warst verliebt.“
„Wie der Teufel. Ich hab’ mir ein Jahr lang die Augen ausgeweint, bis ich kapiert hab’, dass ich ihn nie wiedersehen werde, weil er nämlich eine Frau in Münster sitzen hatte.“
„Arsch!“
„Seither lass ich die Finger von verheirateten Kerlen.“
***
Am Mittwoch bat der Juniorchef Julia in sein Büro. Sie hatte schon am Dienstag damit gerechnet, nachdem sie bemerkt hatte, wie er sie ansah. Sie konnte mit so was umgehen. Die meisten Männer waren nicht sehr dezent, wenn es darum ging, ihre Brüste oder ihren Hintern zu begutachten. Nur bei Thomas, da hatte sie bis zu seinem ersten Kuss gar nicht gemerkt, wie heiß er auf sie war, bis er sie an sich gezogen hatte.
O Mann … sie hatte wirklich Sehnsucht nach ihm.
Raschbergs Blicke wanderten ungeniert über ihre Figur, dann bat er sie, sich zu setzen. Er blätterte in ihren Bewerbungsunterlagen herum, erkundigte sich nach dem Praktikum, das sie letztes Jahr beim Amtsgericht gemacht hatte, weil er irgendeinen Richter dort kannte, und dann kam er zur Sache.
„Ich spiele mittwochabends immer Squash! Ab 20 :00 Uhr im Sporty-Club an der Ecke Kochstraße. Danach geht’s in die Sauna. Wir haben da einen VIP-Bereich und ich habe eine Mitgliedskarte.“
Falls er ihr irgendetwas Bestimmtes damit sagen wollte, dann war es mal wieder Julias Naivität geschuldet, dass sie nicht auf Anhieb begriff, was er meinte. Sollte das etwa eine Einladung sein, mit ihm in die Sauna zu gehen? Er war ja nicht unattraktiv und vermutlich gab es sogar Frauen, die nach so einer Ansage heute Abend um acht Uhr vor dem Sportclub auf ihn warten würden, aber Julia schaute ihn nur verwirrt an und antwortete gar nicht. Er blätterte wieder durch ihre Unterlagen.
„Jahrgang 1989. Ho, ho, ho! Damals war ich schon in der sechsten Klasse. Süße dreiundzwanzig Jahre alt, ach ja! In Ihrem Alter habe ich das Leben in vollen Zügen genossen. Ich habe damals eine Weltumsegelung mit Freunden gemacht …“ Und dann legte er los und erging sich in detailreichen Schilderungen der Yacht vom Vater seines Freundes und berichtete genau über jede einzelne Insel, die sie damals angelaufen waren, und jeden einzelnen Tempel, Straßengraben und Steinhaufen, den er je gesehen hatte, und Julias Gedanken drifteten ab.
Thomas war kein Schwätzer. Er war ein Macher.
Sie dachte sehnsüchtig an die Dinge, die er mit ihr gemacht hatte. Wie sollte sie bloß ihrem eigenen Vorsatz treu bleiben und ihn nie wiedersehen, wenn der Vertrag erfüllt war, nachdem sie schon jetzt an nichts anderes mehr denken konnte als an ihn?
„… es geht doch nichts über die Vorzüge eines Privatgymnasiums.“ Raschbergs
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