First Night - Der Vertrag (German Edition)
äußerer Ruhe, als sie in Wirklichkeit empfand.
„Du bist so ein gutes Mädchen.“ Tante Heike tätschelte ihre Wange. „Es tut mir so leid, dass du all das alleine schultern musst. Deine Mama hä tte nicht einfach weglaufen dürfen. Und das auch noch wegen eines anderen Kerls.“
Tante Heike und Mutter hatten sich noch nie gut verstanden. Noch nicht einmal, als die Ehe ihrer Eltern noch intakt gewesen war, aber seit Julias Mutter ihren zweiten Frühling erlebte und entdeckt hatte, dass das Leben einer Frau mehr bieten konnte, als einen MS-kranken Mann zu pflegen und ein anstre ngendes Kind großzuziehen, seither ließ Tante Heike kein gutes Haar mehr an ihrer Ex-Schwägerin. Julia war in diesem Punkt ziemlich zwiespältig. Es war nicht die Schuld ihrer Mutter, dass Benni auf die Welt gekommen war. Es waren schließlich Maries Entscheidungen und Irrtümer gewesen, die dazu geführt hatten. Warum sollte ihre Mutter für die Fehler von Marie büßen müssen? Aber natürlich war das alles auch nicht Julias Schuld und dennoch lastete diese schwere Bürde jetzt ganz alleine auf ihr.
Ach, heul doch , dachte sie und schwankte nicht mehr ganz nüchtern ins Bett.
Julia hatte für Silvio das Bett in Maries Kinderzimmer frisch bezogen. Er musste schließlich nicht die ganze Nacht vor Bennis Tür hocken, schon gar nicht , wenn sie selbst hinter dieser Tür schlief. Als endlich alle zu Bett gegangen waren und Julia es sich auf der Schaumstoff-Ausklapp-Matratze einigermaßen bequem gemacht hatte, wollte sich der Schlaf einfach nicht einstellen.
In ihrem Kopf ging es zu wie in einem Bienenstock. Die Gedanken und Bilder und Empfindungen wirbelten chaotisch durcheinander. Sie dachte an diesen Fremden mit dem russischen Akzent und in ihrem nächtlichen Gedanken-Tohuwabohu hielt er ihr eine Kalaschnikow an den Kopf. Sie sah Benni, wie er in ihrem Traum im hohen Bogen von der Schaukel flog. Dann war da wieder Thomas, wie er in ihrem Traum an ihren Brüsten saugte, und sie fühlte ihn in sich, tief und hart. Sie war erregt und wünschte sich, er wäre hier und würde sie streicheln, an ganz bestimmten Stellen.
Holy Shit , sie sehnte sich wirklich nach ihm. Dabei hatte sie sich fest vorgenommen, sich auf keinen Fall in den Mann zu verlieben. Was das anging, wollte sie sich sowieso in gar keinen Mann verlieben, aber in Sultan Thomas Mahler am Allerwenigsten. Aber statt sich innerlich zu distanzieren, stellte sie sich vor, er würde sie überall berühren und seinen Penis in ihr reiben und dabei ließ sie jede einzelne Sekunde, die sie an diesem Tag mit ihm verbracht hatte, noch einmal Revue passieren: Jedes einzelne Wort, das er gesagt hatte, jede einzelne Berührung von ihm und jeder Blick und es kam ihr vor, als würden Geigen in ihrem Kopf spielen.
Ach nein, das war gar nicht ihr Kopf , das war ihr Handy, mit einem Klingelton von Vanessa Mae. Sie hechtete zu dem Stuhl, auf dem sie das Handy nebst ihren Klamotten abgelegt hatte.
Oh Gott: 0:28 Uhr und der Anrufer war Thomas Mahler.
„Thomas?“ , flüsterte sie heiser ins Telefon und tastete sich im Dunkeln nach draußen. Sie freute sich wie ein dummer Teenager, weil er sie anrief, wirklich. Sie war froh, dass Benni trotz der Aufregungen des Tages so gut schlief, also telefonierte sie besser draußen auf dem Flur. Sie schlich zur Tür hinaus und schloss sie vorsichtig wieder.
„ Julia, geht es dir gut?“
„Ja! Danke noch mal für alles. Auch für Silvio und dass dein Assistent die Polizei mobilisiert hat. Falls du überhaupt noch möchtest, können wir unseren Vertrag nächstes Wochenende vollziehen. Benni kann vielleicht bei einer Freundin übernachten.“
Er antwortete eine ganze Weile nicht und Julia stellte sich vor, wie er ger ade nach Ausreden suchte, um ihr höflich klarzumachen, dass sein Interesse an einer entjungferten Jungfrau gegen Null ging.
„Falls ich überhaupt noch möchte?“, fragte er verdutzt und schwieg dann wieder.
„Ich kann dir das Geld auch am Montag zurücküberweisen“, schlug sie vor, um es ihm leichter zu machen. Er sollte es einfach sagen, sie würde es verstehen.
„Einen Scheißdreck wirst du tun!“, kam es zornig aus dem Telefon. „Selbs tverständlich möchte ich noch. Ich überlege nur, wann es zeitlich am besten passt. Du könntest mit mir am Montag nach New York fliegen.“
„Nach New York? Jetzt am Montag? O Gott, ich …, ich …“ Sie rutschte lan gsam an der Wand hinunter und setzte sich auf den Boden.
„Brockmann
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