Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive
ihm. Ich hab ihm gesagt, du unterrichtest in der Schule.«
»Ich unterrichte nicht in der Schule.«
»Und dass du schöne Titten hast. Nicht große wie Raffaella, aber du hast hübscheres Gesicht und schöneren Arsch auch. Und er ist interessiert.«
»…«
»Morgen bring ich ihn, ja?«
»Nett von dir, aber nein, danke.«
»Doch, doch, ich bring ihn. Ich wollte ihn schon heute Abend bringen, aber dann ist er abgehauen.«
»Weil er schüchtern ist?«
»Nein, nein, gab da ein Problem. Also, wir haben angehalten, weil Paolinos Roller auf der Straße stand. Ist komisch, weil er sonst immer in Haus steht, aber er war draußen.«
»Paolino, ist das auch ein Freund von dir?«
»Arbeitet mit mir gleiche Baustelle. Aber ist zu jung für dich, achtzehn, kannst du vergessen, Miss. Nick ist der Richtige für dich, okay?«
»Klar, wie konnte ich das vergessen.«
»Gut. Also, Paolino hat frisierten Roller, und den liebt er echt. Wir reden von große Autos, ich und Nick. Nick spart, will sich ein Auto für Rallyes kaufen, Nick liebt Rallyes, Rallyes, das ist sein Leben.«
»In den könnt ich mich verlieben …«
»Aber Paolino quatscht immer nur von dieser Roller, er sagt, geht ab wie Bombe, der fliegt fast. Hat sich eine F14 draufgesprüht. Du kennst eine F14, oder?« Pavel breitet die Arme aus und macht ein Geräusch wie ein Düsenflieger auf vollen Touren, dann folgt so etwas wie ein Stottern, vielleicht die Bomben, die das Flugzeug auf Dritte-Welt-Länder abwirft.
»Ja, ja, das Flugzeug, hab verstanden.«
»Wir wollten also heute Abend zu euch kommen, ich und Nick. Ich und Raffa hier auf die Couch, du und Nick in dein Bett dort, okay?«
»Wenn du ihn hierherbringst, hol ich die Polizei. War nur ein Scherz. Erzähl weiter.«
»Also, auf der Straße steht Paolinos Roller mit Kette an dem Laternenpfahl. Und hatten wir plötzlich eine Idee. Er sagt, sein Roller fliegt? Also binden wir den mit Seil fest und ziehen ihn auf den Baum vor sein Haus. Am nächsten Tag warten wir vor dem Haus, bis er rauskommt, und sagen O Gott, Paolino, schau mal hoch, da ist dein Roller, wie der fliegt! « Pavel bricht in schallendes Gelächter aus und wirft sich der Länge nach auf die Couch.
»…«
»Aber wir mussten erst noch die Kette aufkriegen. Nick hat im Wagen immer eine Riesenzange, weil er manchmal Roller und Fahrräder gestohlen hat – früher. Heute nicht mehr, heute er arbeitet nur noch. Aber die Zange liegt noch im Auto. Also wir fangen an, Kette zu knacken. Wir sind beschäftigt, da kommt ein Alter die Straße lang, der bleibt stehen, guckt uns an. Ich steh auf und guck zurück, Nick ist schon abgehauen. Deswegen er ist nicht mit mir gekommen.«
Pavel hört auf zu erzählen und dreht sich zur Zimmertür: »RAFFAELLA, WO BIST DU? MORGEN MUSS ICH FRÜH RAUS.«
»Entschuldige bitte, aber die Geschichte mit dem Alten, wie ist die ausgegangen?«
»Mit dem Alten? Ach, nichts mehr, kamen noch paar Alte, und dann bin ich auch abgehauen. Wegen so ein Späßchen, da will ich doch kein Ärger.«
Du nickst stumm, lächelst, lehnst dich gegen das Fenster über der Heizung, die aus irgendeinem Grund bis in den Juni hinein läuft. Das Glas macht ein Geräusch, das nur du hören kannst. Ein leises, unheimliches Knacken, das dir durch Mark und Bein geht.
»Pavel, hier bin ich, kommst du?« Mit ausgebreiteten Armen steht Raffaella in der Tür, enger weißer Minirock, nabelfreies Top, und überall quellen die Speckwülste raus.
Pavel sieht Raffaella, springt von der Couch auf, macht zwei Schritte und nimmt sie fest in die Arme. Er küsst sie, sie küsst ihn, seine Hände gleiten über ihren Körper.
Du schiebst den Rücken ganz leicht über die Scheibe. Wieder dieses Knacken. Glas wird aus Sand hergestellt, so grotesk das klingt. Der Sand wird auf eine hohe Temperatur erhitzt, schmilzt zu einer durchsichtigen zähen Flüssigkeit, und am Ende entsteht Glas. Aber wie machen sie das? Wie machen die das?
Die beiden küssen sich immer noch, jetzt streifen sie die Wand entlang, ihre Zungen sind voller Tatendrang. Ab und zu ein Kichern und Glucksen.
Aber wie machen sie das? Wie machen die das?
DER MÜLLER UND SEIN HERR
Koma ist wahrscheinlich der Zustand, der dem Tod am nächsten kommt, aber in der Kammer der lebenden Köder zu schlafen ist auch nicht weit davon entfernt. Das könnt ihr mir glauben, nach der gestrigen Nacht weiß ich, wovon ich rede.
War keine großartige Idee, geb ich zu, aber ich hatte keine andere Wahl. Auch
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