Fischland Mord - Küsten-Krimi
zählte vielsagend an den
Fingern auf: »Jonas, Genosse Oberst, dieser Bruno-Typ, ich.«
Kassandra kicherte. »Umschwärmt von Bruno?«
»Aha. Bei allen anderen hast du offenbar nichts dagegen. Soll ich
erfreut oder beleidigt sein?«
»Deine Entscheidung. Noch ein Brötchen?«
»Nein, danke. Du könntest was anderes für mich tun. Setz dich zu
mir. Dieser Sessel ist schrecklich weit weg.«
Es blieb Kassandra nichts weiter übrig, auch wenn klar war, dass
Arnold was anderes im Sinn hatte als einen gemütlichen Fernsehabend.
»Lass uns sehen, ob ich es schaffe, in die ganz enge Wahl zu
kommen.« Er begann, sie zu küssen.
Kassandra versuchte, an alles zu denken, nur nicht an Arnold.
Trotzdem konnte sie nicht verhindern, sich zu fragen, wie weit sie zu gehen
bereit war. Am Ende war es Arnold, der sie losließ.
»Es tut mir leid. Du hast es mit einem Invaliden zu tun. Ich
fürchte, um dich ganz zu überzeugen, mich auf Platz eins deiner Liste zu
setzen, muss ich erst wieder richtig fit sein.«
»Das Warten lohnt sich bestimmt.« Kassandra verbarg ihre
Erleichterung.
»Das hoffe ich«, erwiderte er lächelnd. »Im Moment brauch ich
allerdings mein Schmerzmittel.« Als Kassandra aufstehen wollte, winkte er ab.
»Ich hol’s schon, will mich ja nicht dauernd von dir bedienen
lassen.« Mühsam erhob er sich und humpelte aus dem Zimmer.
Kassandras Blick fiel auf das Handy, das er auf dem Tisch liegen
lassen hatte. War das ein Test? Wie schnell würde Arnold wieder hier sein?
Egal, sie hatte den ganzen Tag darauf gewartet, sie musste es
riskieren. Diesmal war sie schneller im Anruflistenmenü, doch das
half ihr gar nichts. Sämtliche eingehenden und ausgehenden Anrufe waren
gelöscht worden. Kassandra hätte für ihr Leben gern gewusst, ob das am Morgen
schon so gewesen war. Sie lauschte, aber noch war nichts von Arnold zu hören,
also suchte sie das Adressbuch und tippte M für Menning ein. Kein Eintrag. Dann
C für Claus. Wieder kein Eintrag. Was hatte sie erwartet? Wenn Arnold die
Anrufe gelöscht hatte, weil er damit rechnete, dass sie hinter ihm
herschnüffelte, würde er auch Mennings Daten gelöscht haben. Nutzlos leuchtete
ihr das Display entgegen, als plötzlich Dietrichs Worte in ihr widerklangen.
Gefragt nach seinem Alibi, hatte Arnold in seinem Handykalender nachsehen
müssen, weil er sich – angeblich? – nicht mehr erinnerte, wo er gewesen war.
Der Kommissar hatte sich darum kümmern wollen, aber wenn er es gewesen war, den
man am Nachmittag schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht hatte … Niemand
konnte sagen, ob Dietrich schon dazu gekommen war, Arnolds Angaben zu
überprüfen, und vor allem wusste niemand außer den beiden, aus wem oder was
dieses Alibi überhaupt bestand. Kassandra überlegte nicht länger. Kind war in
der Nacht vom neunzehnten auf den zwanzigsten Juni ermordet worden. Der Eintrag
in Arnolds Kalender vom neunzehnten Juni 2011 lautete: 21:00
Uhr Susanne Boes, HRO . Kassandra hörte eine Tür gehen, verließ
Arnolds Kalender und legte das Handy lautlos auf die Stelle, von der sie es
genommen hatte. Die leeren Teller in den Händen, traf sie Arnold auf dem Weg in
die Küche.
»Setzen wir uns noch auf die Terrasse?«, fragte er. »Der Abend ist
so schön.«
Kassandra hätte sich lieber zurückgezogen, aber dazu war es noch zu
früh, also stimmte sie zu. Kurz nachdem sie es sich in ihren Stühlen bequem
gemacht hatten, betrat Heinz Jung seinen Garten und machte sich mal hier und
mal da an seinen Pflanzen zu schaffen. Kassandra hoffte, dass Arnold keine
Ahnung von Gartenarbeit hatte, denn was Jung da tat, ergab alles in allem wenig
Sinn. Es sei denn, man zog in Betracht, dass er Pauls Bitte mit dem gestrigen
Abend nicht als erfüllt betrachtete. Kassandra bemerkte, dass er ab und zu
prüfende Blicke zu ihnen herüberwarf.
»Neugieriger Mensch«, meinte Arnold leise, dem das ebenfalls
aufgefallen war. »Oder wie würdest du das interpretieren?«
Kassandra nickte scheinbar genervt. Dabei waren alle Bemühungen, sie
zu schützen, sowieso nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn Arnold ihr
etwas antun wollte, hatte er reichlich Gelegenheit dazu, niemand konnte sie
vierundzwanzig Stunden täglich überwachen. Wenigstens stellte sein Fuß ein
gewisses Handicap dar, Kassandra war geneigt, das als kleinen Vorteil anzusehen.
Gegen halb elf entschuldigte sie sich mit der Begründung, am
nächsten Morgen früh rauszumüssen, obwohl Sonntag war. Sie würde eben der
Glaubwürdigkeit
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