Fischland Mord - Küsten-Krimi
nach Greifswald, heißt das,
dass du mir verziehen hast, ich weiß, ich war unmöglich, aber
auch total baff, als ich das mit Larsen hörte, da habe ich überhaupt nicht
nachgedacht, und als du auch noch angedeutet hast, dass jeder weiß, dass ich
und du weißt schon wer zusammen sind, hatte ich einen
Kurzschluss, tut mir echt leid, ich weiß, ich hätte mich längst bei dir entschuldigen sollen, aber ich hab mich nicht getraut.« Violetta fuhr
sich durchs Haar und sah Kassandra zerknirscht an.
»Ist schon gut, ich hab auch überreagiert. Du besuchst dein
Patenkind, während ich meine Besorgungen erledige, und danach machen wir
einen kleinen Bummel, ja?« Kassandra hatte in der Kriminalpolizeiinspektion
Anklam angerufen, um Menning zu sprechen, doch der wurde erst um zwei erwartet.
Sie hätte seiner Kollegin, die zum Ermittlungsteam gehörte, am Telefon
alles sagen können, wollte ihm das aber lieber persönlich
mitteilen und ihm gleich die Unterlagen geben, die Paul ihr überlassen hatte.
Also hatte sie gegen Mittag beschlossen, selbst hinzufahren, und stand nun damit vor Violettas Tür. Sie hatte gedacht, ein gemeinsamer Ausflug
an Violettas freiem Freitagnachmittag wäre vielleicht eine Gelegenheit, ihren
Streit aus der Welt zu räumen.
»Super, was hast du denn in Greifswald zu tun, ich geh
mich nur schnell umziehen, in der Küche
müsste noch Tee stehen, nimm dir, was du brauchst, ach, du bist
echt klasse!«
Auf den Tee verzichtete Kassandra, dafür nahm sie sich ein paar
Erdbeeren aus der Obstschale auf dem Küchenfensterbrett. Daneben, halb von der
Schale verdeckt, lag etwas, was Kassandra seltsam vertraut vorkam.
Stirnrunzelnd zog sie das Heft über die Ahrenshooper Gemäldeauktion hervor.
Seit wann interessierte sich Violetta für Kunst?
»Ich bin so weit, wir können los, was ist, hast du …«
Ganz gegen ihre Gewohnheit verstummte Violetta, als sie Kassandra mit der Broschüre
in der Hand sah.
»Der Tee war schon kalt«, sagte Kassandra möglichst unbefangen.
»Willst du dahin?« Sie hielt die Broschüre hoch.
»Ich … das wäre doch mal was anderes. Oder?«
»Absolut. Ich hätte dich nur eher auf einer Auktion von alten
Kriminalroman-Erstausgaben vermutet.«
Violetta lächelte schwach und nahm Kassandra das Heft aus der Hand.
Im Gehen legte sie es scheinbar achtlos auf den Tisch. »Lass uns
losfahren. Nicht dass es zu spät fürs Shoppen wird. Da soll’s eine
tolle neue Boutique geben. In die Buchhandlung hinter dem Marktplatz will ich
außerdem noch.«
Im Gegensatz zu sonst hörte Kassandra Punkte zwischen Violettas
Sätzen. Das brachte sie auf einen bemerkenswerten Gedanken. Es ergab auf den
ersten Blick keinen Sinn, aber war es wirklich vollkommen unmöglich, dass
Violetta etwas mit Josef Kind zu tun gehabt hatte? Nur hatte Kassandra keine
Ahnung, was das sein sollte.
Als sie auf der A 20 Richtung Greifswald unterwegs waren,
normalisierte sich Violettas Sprechweise wieder – mit einer Ausnahme, sie hörte
fünf Minuten lang zu, als Kassandra von ihrer inzwischen näheren Bekanntschaft
mit Jonas berichtete.
»Ich hab’s doch gewusst«, sagte sie zufrieden. »Mit dem hast du
einen Glücksgriff getan, so was findest du so schnell nicht noch mal, die blöde
Tusse, die Mutter seiner Tochter meine ich, die muss echt einen an der Waffel
gehabt haben, dass die Jonas damals nicht wollte, na
ja, ich nehme an, wenn man aus einer Metropole wie Köln kommt,
kann man sich nicht vorstellen, in der Walachei zu leben.« Violetta lachte.
»Hey, ich sagte, wir sind befreundet. Nicht mehr«, protestierte
Kassandra. Aber wenn Violetta sich was in den Kopf gesetzt hatte, war es
sinnlos, mit ihr zu debattieren. Ursprünglich hatte sie ihr ja von Josef Kind
und dem Grund für die Fahrt erzählen wollen, der sie ins nicht weit von
Greifswald entfernte Anklam führen würde, aber das behielt sie nun für sich.
Sie dachte immer noch über die Auktionsbroschüre und Violettas seltsames
Verhalten nach.
In Greifswald setzte sie Violetta nahe der Innenstadt ab und
verabredete sich für zwei Stunden später mit ihr im »Caféhaus Marimar« am
Markt. Falls ich bis dahin nicht längst von Dietrich festgenommen worden bin,
dachte Kassandra im Stillen. Heute war immerhin der Tag, an dem der
Kommissar mit Sven sprechen konnte.
Kassandras Navi führte sie in Anklam ohne Probleme zu ihrem Ziel.
Das riesige, sehr neue und zweckmäßige Gebäude der KPI lag direkt neben einem alten baufälligen Gemäuer, das
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