Fischland-Rache
fuhr, wurden sie auf den sich aufwerfenden Bodenplatten durchgeschüttelt. Vor ihnen schien Mona bemerkt zu haben, dass sie wieder hinter ihr waren, es sah kurz so aus, als wollte sie erneut davonpreschen. Stattdessen hielt sie an und setzte zurück, sodass der Mercedes unversehens rückwärts fahrend auf Kassandra und Paul zukam. Paul machte einen Ausfall nach rechts, um ihm auszuweichen, aber Mona wechselte schon wieder den Gang und fuhr vorwärts. Paul beschleunigte ein bisschen und positionierte die Maschine neben Monas Wagen. Sie versuchte, ihn abzudrängen, musste sich aber selbst zu sehr auf die StraÃe konzentrieren. Da ragte vor ihnen eine der Bodenplatten so hoch auf, dass Mona abrupt auf die Bremse trat und damit den Motor abwürgte. Erfolglos versuchte sie, ihn wieder zum Laufen zu bringen. Paul brachte das Motorrad schräg vor dem Mercedes zum Stehen, sodass Mona nur mit äuÃersten Schwierigkeiten an der Maschine vorbeikäme, falls der Motor doch noch ansprang. Kassandra beeilte sich abzusteigen, damit Paul folgen und zur Beifahrerseite des Wagens laufen konnte. Sie selbst hastete zur anderen Seite, während sie sich gleichzeitig von dem Helm befreite. Dabei löste sich ihr Haarband. Sofort fegte der Sturm ihr die Haare vor die Augen, sie konnte nichts erkennen, hörte nur den Wind durch die Bäume heulen, Zweige und Ãste knacken, bis es ihr gelang, die Haare aus dem Gesicht zu streichen. Inga verlieà gerade den Wagen, doch Paul verstellte ihr den Weg.
»Sei vernünftig, ihr könnt vielleicht noch abhauen, wenn ihr uns über den Haufen rennt, aber am Ende habt ihr keine Chance.«
Unterdessen hatte Kassandra die Fahrertür geöffnet. Mona war über dem Lenkrad zusammengesunken, ihre Schultern zuckten unkontrolliert. Sie weinte und machte keinerlei Anstalten auszusteigen. Schwerfällig hob sie den Kopf, der verzweifelte Ausdruck in ihren Augen tat Kassandra in der Seele weh. »Wieso lasst ihr uns nicht in Ruhe? Wir haben bloà getan, was längst jemand hätte tun sollen!«
»Du hast gar nichts getan, Mona!«, rief Inga von der anderen Seite des Wagens.
»Das wird die Polizei sicher anders sehen«, gab Mona zurück.
»Sei still! Du hast gar nichts getan und gut.«
»Ich fürchte, Mona hat recht«, sagte Paul.
»Ach ja, fürchtest du das?«, fragte Inga sarkastisch. »Willst du jetzt auch noch sagen, dass es dir leidtut? Ersparâs uns, ist doch sowieso gelogen, genau wie dein Mitgefühl wegen meines Vaters. Mistkerl!« Ihre Stimme hob sich mit jedem Wort, nicht nur, um gegen den Sturm bestehen zu können, sondern auch vor Wut.
»Das war nicht gelogen, Inga.« Pauls Stimme war leiser, aber fest. »Ich habe gesagt, dass dein Vater ein groÃartiger Mensch war, und ich weiÃ, wovon ich rede. Du warst zu klein, um ihn richtig kennenzulernen, aber wenn du ihn gekannt hättest, hättest du gewusst, dass er Gewalt verabscheute.«
»Das weià ich. Als ich endlich herausgefunden hatte, wer ich bin, habe ich meine Eltern gesucht. Ich weià nicht, was aus meiner Mutter geworden ist, die Spur meines Vaters lieà sich leichter verfolgen. Ich fand zwar nicht mehr ihn, aber meine GroÃeltern. Sie haben mir viel über ihn erzählt, aber ganz egal, wie ihre und deine Meinung sein mag â was mit Sascha passiert ist, hätte er gutgeheiÃen. Oder glaubst du, er hätte hingenommen, dass jemand seine Familie zerstört? Er hat Gewalt verabscheut, aber Ungerechtigkeit noch mehr. Es war nicht gerecht, dass dein Bruder einfach so davonkam.«
»Ihr fandet es also gerecht, dass jemand für das büÃen sollte, was ihr getan habt?«, mischte sich Kassandra ein. Ungeduldig fuhr sie durch ihre Haare, die der Wind ihr immer wieder ins Gesicht wehte.
Inga zuckte mit den Schultern. »Nein. Aber man muss Prioritäten setzen. Tut mir leid, dass es deinen Onkel erwischt hat. Eigentlich wollte ich jemanden in Wustrow finden, der eine Waffe und ein gutes Motiv hatte. Was Letzteres betrifft, war mir klar, dass es hier einige geben musste, dafür kannte ich Sascha gut genug. Mit der Waffe war das schon schwieriger. Als Mirko sich mit Heinz Jung anfreundete, hörte ich, dass der nicht nur Polizeibeamter gewesen war, sondern auch noch im Verein schoss. Ich hatte endlich jemanden mit einer Waffe gefunden, also änderte ich eben kurzfristig meinen Plan.«
Kassandra war
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