Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
aufgezwungen. Nachtauge trabte hinter mir her und machte sich wegen meiner Niedergeschlagenheit einige Sorgen.
Wir waren so nachdenklich und geistesabwesend, dass wir alle Vorsicht hatten fahren lassen. Als wir so auf dem Kamm des Hügels angelangten und aufrecht und ohne Deckung stehenblieben, waren wir für die Reiter unter uns kaum zu übersehen. Sie trugen die goldbraunen Uniformen Farrows. Ich erstarrte wie ein erschrecktes Reh. Trotz allem wären wir ihrer Aufmerksamkeit vielleicht doch noch entgangen, wenn sie nicht die Hunde bei sich gehabt hätten. Ich erfasste es mit einem Blick: Zwölf Reiter, sechs Hunde. Keine Wolfshunde, Eda sei Dank, sondern nur kurzbeinige Spürhunde, die in diesem Wetter und Gelände völlig fehl am Platze waren. Ein großer, hagerer Mischling mit lockigem Fell war dabei. Er und sein Führer hielten sich jedoch abseits von der Meute. Edels Häscher mussten sich offenbar mit allem behelfen, was sie fanden. Es war der Mischling, der den Kopf hochwarf und bellte, worauf sofort auch die anderen Spürhunde in helles Gekläff ausbrachen, wild durcheinanderliefen, die Nasen in den Wind reckten und bei unserer Witterung Laut anschlugen. Der Hundeführer hob die Hand und zeigte zu uns hinauf, während sich der Mischling und sein Besitzer bereits in Bewegung gesetzt hatten.
»Ich wusste nicht einmal, dass es dort eine Straße gibt«, entschuldigte ich mich keuchend, als Nachtauge und ich auf unserer eigenen Fährte wieder die Hügelflanke hinunterhasteten. Dadurch waren wir geringfügig im Vorteil, weil unsere Verfolger sich auf der anderen Seite durch tiefen Schnee den Hang hinaufarbeiten mussten. Ich hoffte, dass wir in der mit Gestrüpp und Buschwerk dicht bewachsenen Senke schon außer Sicht waren, bis sie den Kamm erreichten. Nachtauge lief neben mir her. Er wollte mich nicht zurücklassen. Hinter der Hügelkuppe bellten die Hunde, und ich hörte auch die aufgeregten Stimmen meiner menschlichen Verfolger.
LAUF!, befahl ich Nachtauge.
Ich lasse dich nicht allein.
Ich wäre verloren, wenn du es tätest , gab ich zu. Mein Verstand arbeitete fieberhaft. Lauf nach unten in die Schlucht und leg eine, nein, viele falsche Spuren bachabwärts. Wenn ich nachkomme, flüchten wir in die entgegengesetzte Richtung. Das wird sie vielleicht eine Weile verwirren.
Alles nur füchsische List! , knurrte Nachtauge und schoss dann wie ein grauer Schatten an mir vorbei, um kurz darauf im Dickicht zu verschwinden. Ich tat mein Bestes, ihm so schnell wie möglich zu folgen. Am Rand der Schlucht warf ich einen Blick zurück. Im gleichen Moment tauchten Hunde und Reiter am Hügelkamm auf. Ich bahnte mir einen Weg durch das verschneite Buschwerk und schlitterte mehr schlecht als recht den steilen Abhang hinunter. Nachtauge hatte genügend Spuren für ein ganzes Wolfsrudel hinterlassen und war voller Eifer dabei, ihnen noch weitere hinzuzufügen.
Nichts wie weg hier.
Ich wartete nicht auf seine Erwiderung, sondern eilte am Grund der Schlucht entlang, so schnell mich meine Beine trugen. Der Schnee lag hier weniger tief, denn die überhängenden Bäume und Büsche hatten das meiste davon aufgefangen. Ich lief geduckt, um nicht gegen die Zweige zu stoßen und von ihrer kalten Last überschüttet zu werden. Das Kläffen der Meute drang durch die Frostluft zu mir herüber. Als es dann in ratloses Jaulen und Winseln umschlug, wusste ich, dass sie das Gewirr der Wolfsfährten am Boden der Schlucht erreicht hatten. Ich hatte mich zu früh gefreut, denn sie saßen mir immer noch zu dicht im Genick!
Nachtauge!
Sei still! Die Hunde werden dich hören. Und dieser andere.
Mir blieb fast das Herz stehen. Unglaublich, dass ich so dumm gewesen war. Ich kämpfte mich durchs Gebüsch und lauschte angestrengt auf das, was sich hinter uns abspielte. Die Jäger fielen auf die falsche Fährte herein, die Nachtauge gelegt hatte. Sie trieben die Hunde regelrecht an, ihr zu folgen. In der Enge kamen die Reiter sich gegenseitig ins Gehege, so dass, wenn wir Glück hatten, die Pferdehufe unsere wirkliche Spur zertrampeln würden. Erneut gewonnene Zeit, wenn auch nicht allzu viel. Dann hörte man auf einmal aufgeregte Rufe und schrilles Gekläff. Durch meinem Kopf hallte ein Gewirr verstörter Hundegedanken. Ein Wolf war auf sie herabgesprungen und nach allen Seiten schnappend durch die Meute gestürmt und zwischen den Beinen der Pferde hindurchgerannt. Ein Mann war abgeworfen worden und hatte Mühe, sein bockendes Reittier wieder
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