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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dann saß ich einfach nur da und versuchte, des Zitterns Herr zu werden, das mich nachträglich überfallen hatte. Alle Glieder taten mir weh, als hätte man mich geschlagen. Plötzlich fiel mir etwas ein. Ich stand taumelnd auf.
    »Es sind sechs Männer, und drei sind nach unten gegangen wie ich, hat er gesagt.«
    Alle schauten mich an. Krähe flößte dem Narren Wasser ein, doch er sah noch immer mehr tot als lebendig aus. Sie presste vor Ärger und Umut die Lippen zusammen. Ich wusste, was sie befürchtete; aber was der Wolf mir berichtet hatte, das flößte mir noch größere Angst ein.
    »Was meinst du damit?«, fragte Kettricken mich behutsam, und ich begriff, dass sie glaubten, meine Gedanken wären wieder auf Wanderschaft gegangen.
    »Nachtauge ist ihnen gefolgt. Es sind sechs Männer auf Pferden und ein Packtier. Sie haben an unserem alten Lagerplatz haltgemacht. Und er sagt, drei von ihnen sind auf demselben Weg hinuntergegangen wie ich.«
    »In die Stadt?«, fragte Kettricken langsam.
    In die Stadt , bestätigte Nachtauge. Es berührte mich eigenartig zu sehen, wie Kettricken daraufhin nickte.
    »Wie kann das sein?«, wollte Merle wissen. »Krähe hat uns doch gesagt, der Wegweiser hätte nur auf dich angesprochen, weil du in der Gabe ausgebildet bist. Auf uns hatte er keinerlei Einfluss.«
    »Sie müssen Gabenkundige sein.« Krähe schaute mich fragend an.
    Es gab nur eine mögliche Antwort. »Edels Zirkel«, sagte ich und erschauderte. Übelkeit stieg in mir auf. Sie waren so furchtbar nahe, und sie verstanden sich so gut darauf, mir Schmerzen zuzufügen. Eine lähmende Angst vor neuerlichen Qualen drängte sich in mein Bewusstsein. Ich bäumte mich gegen die Panik auf, die von mir Besitz zu ergreifen drohte.
    Kettricken drückte mir etwas unbeholfen den Arm. »Fitz., auch sie werden Schwierigkeiten haben, diese Barriere zu überwinden. Mit dem Bogen kann ich sie von oben einzeln unschädlich machen, während sie beim Aufstieg wehrlos sind.« Kettricken tröstete mich, denn sie, die Königin, bot sich dazu an, den königlichen Assassinen zu beschützen. Die Ironie ihres Angebots half mir, die Beherrschung wiederzugewinnen, auch wenn ich wusste, dass Pfeil und Bogen uns nicht vor dem Zirkel zu schützen vermochten.
    »Sie brauchen nicht herzukommen, um mich oder Veritas angreifen zu können.« Ich holte tief Atem und plötzlich wurde mir klar, dass sich aus meinen Worten zwangsläufig eine weitere Frage ergab. »Sie müssen uns nicht räumlich nahe sein, um uns zu vernichten. Weshalb sollten sie also die anstrengende Reise auf sich nehmen?«
    Der Narr stützte sich auf einen Ellbogen und rieb sich mit der freien Hand über das verschwitzte Gesicht. »Vielleicht haben sie es gar nicht auf dich abgesehen«, meinte er langsam. »Vielleicht wollen sie etwas ganz anderes.«
    »Und was?«, fragte ich.
    »Weshalb ist Veritas hergekommen?«, fragte er zurück. Seine Stimme klang kraftlos, doch sein Verstand arbeitete offenbar klar und scharf.
    »Die Hilfe der Uralten? Daran hat Edel nie geglaubt. Für ihn war es nur ein gutes Mittel, sich Veritas vom Hals zu schaffen.«
    »Mag sein. Doch er wusste jedoch auch, dass die Nachricht von Veritas’ Tod, die er verbreiten ließ, allein seine Erfindung war. Du selbst hast gesagt, sein Zirkel hätte dich bespitzelt. Aus welchem Grund, wenn nicht in der Hoffnung, Veritas’ Aufenthaltsort herauszufinden? Mittlerweile muss auch er sich, wie die Königin, fragen, weshalb Veritas nicht zurückgekehrt ist? Und er muss sich überdies fragen, welcher Auftrag so wichtig sein konnte, dass der Bastard den Plan, ihn zu ermorden, fallengelassen hat? Schau einfach hinter dich, Fitz. Du hast eine Spur aus Blut und Verwüstung hinterlassen. Edel wird herausfinden wollen, wohin das alles führt.«
    »Weshalb sollten sie in die Stadt hinuntergehen?«, überlegte ich, und dann fiel mir eine noch viel beunruhigendere Frage ein. »Woher wussten sie, wie man es anstellt, sich mittels des Wegweisers in die Stadt versetzen zu lassen? Ich bin durch Zufall hinter das Geheimnis gekommen, aber woher wussten sie es?«
    »Vielleicht sind sie um vieles stärker in der Gabe als du. Vielleicht hat der Wegweiser zu ihnen gesprochen, oder vielleicht verfügten sie, schon bevor sie herkamen, über ausführlichere Informationen als du.« Krähe hatte ihre Worte geschickt gewählt, doch in ihrem Tonfall war kein ›vielleicht‹ enthalten.
    Plötzlich wusste ich mit absoluter Sicherheit, was ich tun musste.

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