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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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zu Stein und auf die Straße. Sobald sie alle unten waren, streute ich ihnen zwei Handvoll Körner hin, damit sie zusammenblieben und kletterte wieder nach oben.
    Weder Merle noch der Narr waren zu sehen.
    Ich wollte vor lauter Panik schon wild losrennen, doch dann zwang ich mich, ganz langsam auf meiner eigenen Spur zurückzugehen. In der von Stein- und Erdtönen beherrschten Landschaft mussten die bunten Kleider meiner Gefährten schnell ins Auge fallen. So war es auch. Merle saß regungslos mitten in einem Schotterfeld, und neben ihr lag der Narr.
    »Merle!«, rief ich mit leiser Stimme.
    Sie hob den Kopf. Ihre Augen waren riesengroß. »Alles ist um uns herum in Bewegung geraten. Kleine Steine, dann größere, deshalb bin ich stehen geblieben, bis sich alles beruhigt hatte. Nun kann ich den Narren aber nicht mehr dazu bringen aufzustehen, und tragen kann ich ihn auch nicht.« Sie kämpfte gegen die Panik in ihrer Stimme.
    »Rühr dich nicht. Ich komme.«
    Man konnte deutlich erkennen, wo die obere Schicht ins Rutschen gekommen war. Rollende Steine hatten ihre Spuren im Schnee hinterlassen. Ich verschaffte mir einen Eindruck von der Lage. Der Erdrutsch schien ein gutes Stück über Merle und dem Narren eingesetzt zu haben und um sie herumgeflossen zu sein. Wir befanden uns noch immer etliche Meter über der Abbruchstelle, doch wenn das Geröll wieder zu rutschen begann, gab es für uns kein Halten mehr. Ich musste einen kühlen Kopf bewahren und dann schnell handeln.
    »Merle!«, rief ich wieder leise, obwohl es unnötig war; sie starrte unentwegt zu mir hinauf, als könnte sie sich mit Blicken an mir festklammern. »Komm zu mir. Ganz langsam und vorsichtig.«
    »Was ist mit dem Narren?«
    »Lass ihn da. Sobald du in Sicherheit bist, hole ich ihn. Es ist ein weit größeres Risiko, zu euch hinunterzukommen.«
    Es ist eine Sache, eine vernünftige Entscheidung zu treffen, doch daran festzuhalten, auch wenn sie nach Feigheit schmeckt, ist erheblich schwerer. Ich wusste nicht, was in Merles Kopf vorging, als sie sich langsam aufrichtete und dann geduckt, mit vorgestreckten Armen und Schritt für Schritt auf mich zukam. Ich biss mir auf die Lippen, um sie nicht wider alle Vernunft zur Eile zu drängen. Zweimal lösten sich unter ihren Schritten ein paar Steine, die darauf den Berg hinababschlitterten. Jedes Mal erstarrte sie und hielt den Blick in hilfloser Verzweiflung auf mich geheftet. Ich stand da und fragte mich dumpf, was ich tun würde, wenn sie ebenfalls ins Rutschen kam. Würde ich mich in dem sinnlosen Versuch, sie zu retten, hinter ihr her ins Verderben stürzen oder zuschauen, wie sie über die Kante glitt? Und würde ich dann für den Rest meines Lebens von der Erinnerung an diese flehenden dunklen Augen verfolgt werden?
    Endlich erreichte sie den halbwegs sicheren Grund der größeren Felstrümmer, wo ich wartete. Sie warf die Arme um meinen Hals, und ich hielt sie fest. Sie zitterte wie Espenlaub. Schließlich umfasste ich mit festem Griff ihre Unterarme und hielt sie von mir ab. »Du musst gleich weitergehen. Es ist nicht mehr weit. Wenn du auf der Straße bist, bleib da und achte auf die Jeppas. Verstehst du mich?«
    Sie nickte kurz, löste sich von mir und machte sich daran, der Spur zu folgen, die die Jeppas und ich hinterlassen hatten. Ich wartete, bis sie in sicherer Entfernung war, bevor ich den ersten Schritt in Richtung des Narren tat.
    Die Steine rutschten und knirschten deutlich unter meinem Gewicht. Wenn ich einen Fuß belastete, sank ich tiefer ein als Merle, denn ich war um einiges schwerer. Ich fragte mich, ob es klüger wäre, mich ein Stück ober- oder unterhalb des Wegs zu halten, den sie gewählt hatte. Oder sollte ich vielleicht zu den Jeppas zurückgehen, um ein Seil zu holen? Doch woran es festmachen? Während ich diesen Gedanken nachhing, tastete ich mich behutsam und Schritt für Schritt weiter vorwärts. Der Narr selbst rührte sich nicht.
    Die Steine entwickelten ein tückisches Eigenleben, stießen aneinander, prallten gegen meine Knöchel, hüpften weiter und sprangen in Scharen talwärts. Starr vor Angst blieb ich stehen. Unter einem Fuß spürte ich, wie das Geröll nachgab, und bevor mein Verstand mich einholen konnte, hatte ich einen Schritt nach vorn getan. Um mich herum glitten die Steine immer schneller den Abhang hinab. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Mich flach hinwerfen und mein Gewicht auf eine größere Fläche verteilen? Aber nein, dadurch wurde es für

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