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Fix und forty: Roman (German Edition)

Fix und forty: Roman (German Edition)

Titel: Fix und forty: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rhoda Janzen
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spekulieren, was unsere Mutter wohl gesungen hätte, wenn sie dabei gewesen wäre. Wir stellten uns vor, wie sie mit unerschütterlicher Gelassenheit auf die Bühne trat und eins der Lieder sang, die sie uns vor Jahren in der Bibelstunde beigebracht hatte.
Mein Hand on myself
Und was ist das hier?
Das ist mein Tinkerboxer,
mein Mama dear!
    (auf verschiedene Körperteile zeigend:)
Tinkerboxer! Hornblower! Meatgrinder!
Rubbernecker! Breadbasket! Hitchhiker!
Sitter-downer! Seat-kicker! Ja, ja, ja, ja –
Dat’s wat I learned in der Schul, ja, ja!
    Der Charme des Liedchens bestand unter anderem darin, dass es mit einem starken deutschen Akzent gesungen wurde, und ich kann Ihnen sagen, dass ein Klassenzimmer voller wehrloser kleiner Mädchen gut darin ist, wenn es keine andere Wahl hat.
    Am nächsten Tag rief ich meine Mutter in Kalifornien an, um nachzufragen, ob Hannah und ich uns an die verschiedenen Körperteile im Hornblower-Lied richtig erinnerten. Prompt ergriff Mom die Gelegenheit, mir am Telefon alle Strophen vorzusingen. Danach erzählte sie mir kichernd, wie Deenas und Aarons fünfjähriger Sohn Hans sie um ein zweites Stück Gugelpups gebeten hatte. »So nennt er den Gugelhupf«, erklärte sie mir lachend.
    »Ich nehme an, dass du deinen Gugelhupf ab jetzt nie wieder beim richtigen Namen nennen wirst.«
    »Rate mal, was ich heute geschafft habe.«
    »Was?«
    »Ich habe Hans beigebracht, aufs Klo zu gehen!«
    »Müsste Hans das nicht eigentlich längst können?«
    »Oh, beim Pieseln klappt es auch schon gut!«, rief meine Mutter, beschwingt wie immer. »Aber der kleine Frechdachs denkt, dass er sein großes Geschäft immer noch nachts in die Windel machen muss.«
    Es lässt sich viel über die Herkunftsfamilie eines Menschen sagen, wenn man sich die Euphemismen seiner Eltern ansieht. Als wir aufwuchsen, benutzte meine Mutter den Ausdruck »großes Geschäft« für jegliche Form von Stuhlgang. Einzig bei nichtmenschlichen Ausscheidungen machte sie eine Ausnahme. Wenn sich zum Beispiel ein Vogel auf der Terrasse direkt neben der Stelle erleichterte, wo meine Mutter und ich Scrabble spielten, rief sie aus: »Ach du liebe Zeit! Da hat der Vogel aber einen großen Klecks gemacht!« Klecks verwendete sie für die Vögel. Großes Geschäft für zu Hause. Und tatsächlich spiegelte der letzte Deckname wider, welch großer Wert auf Fleiß in unserem Haus gelegt wurde, wo selbst die natürlichen Funktionen mit Begriffen aus der praktischen Industrie und dem Gebiet der Leistung bezeichnet wurden. Wenn man es sich genau überlegt, erfasst g roßes Geschäft sogar das Wesen dessen, was es heißt, Mennonit zu sein. Zu dem Zeitpunkt hatte ich den Ausdruck großes Geschäft jedenfalls schon wieder völlig vergessen gehabt.
    Misstrauisch fragte ich am Telefon: »Isst du gerade? Während du mir von Hans’ großem Geschäft erzählst?«
    »Nur ein Stück Kirschpflaumen- Platz «, gestand meine Mutter. »Deena hat Hans sein großes Geschäft einfach nachts in die Windel machen lassen! Ich fand, es war höchste Zeit, dass der Junge sich das abgewöhnt. Er ist immerhin schon fünf!«
    Ich fand auch, dass es höchste Zeit war. Aber anscheinend gab es noch eine Pointe. Ich wartete geduldig, während meine Mutter ihren Platz kaute und herunterschluckte.
    »Rate mal, was Deena getan hat, um ihn aufs Klo zu bekommen!«
    »Keine Ahnung«, sagte ich. »Was?«
    »Sie hat ein Loch in die Windel geschnitten! Und dann hat sie ihm gesagt, er solle sich aufs Klo setzen und sein großes Geschäft durch die Windel erledigen!«
    »Danke für das Kopfkino, Mom. Ich nehme an, du hast Hans gezeigt, dass er auf dem Irrweg war?«
    »Ja, das habe ich«, antwortete sie fröhlich. »Jetzt macht Hans sein großes Geschäft wie ein Erwachsener!«
    »Herzlichen Glückwunsch zu dieser erfolgreichen Intervention«, sagte ich. »Ich hoffe, Deena würdigt, welch großen Dienst du ihr erwiesen hast. Ich schlage vor, du bietest ihr ein Stück Gugelpups an, wenn du die frohe Botschaft verkündest.«
    Glücklicherweise konnten weder Hannah noch ich uns an das frühe Vergnügen erinnern, unter Moms Anleitung zur Sauberkeit erzogen zu werden. Doch mein Bericht von Hans’ Toiletten-Training versetzte Hannah in jene Zeit zurück, als Mom ihr beibrachte, sich die Zähne zu putzen. Irgendetwas hatte Hannah missverstanden und sie denken lassen, dass Zähneputzen ausschließlich sonntags stattfand. »Im Kindergarten haben sie gesagt, wir sollten uns jeden Tag die Zähne

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