FKK im Streichelzoo - Roman
deplatziert hinter dem Steuer wie nur irgendwas. Nicht minder fehl am Platze wirkt dieses Grinsen in seinem Gesicht, das einfach nicht verschwinden will. Er lächelt im 16:9-Format. Er sollte damit aufhören. Sein Gesicht hat nicht die symmetrischen Züge, die ein Lächeln normalerweise sympathisch machen.
Allmählich werde ich nervös. Irgendetwas stimmt hier nicht.
»Also, was ist los, Jean? Was soll die Spritztour? Ist doch sonst nicht deine Art, mich durch die Gegend zu kutschieren.«
»Es gibt Neuigkeiten.«
»Ich will sie nicht hören«, sage ich und mache mich am Türöffner zu schaffen.
»Doch, die willst du hören.«
Ich schnaube angewidert. Als wüsste ausgerechnet er, was ich will. Dabei ist es so einfach: Ich will Romane schreiben, für die ich angemessen bezahlt werde, und mir keine exotischen Geschlechtskrankheiten auf abgewetzten Couchmöbeln in irgendwelchen Hinterhöfen bei fragwürdigen Produktionen einholen. Das ist doch nicht zu viel verlangt!
»Ein Mann ohne Ziel ist wie ein Speer ohne Spitze. Wir aber sind ein Speer mit Spitze. Ab jetzt reiten wir nur noch auf dem Pfad des Erfolgs!«
Mit gezügeltem Enthusiasmus werfe ich ihm einen schrägen Blick zu und lasse mich von der Farbe und Beschaffenheit seiner Hautfarbe ablenken, die bei Tageslicht und ohne die atmosphärisch-dunstige Beleuchtung seiner Agentur einer müden Orange gleicht.
»Ab sofort spielen wir in der ersten Liga«, begeistert Jean sich dafür umso mehr.
»Guckst du bitte mal auf die Straße?«, unterbreche ich ihn unbeeindruckt. Er guckt und reißt panisch das Lenkrad herum, um den Wagen wieder zurück auf die Spur zu bringen. Hinter uns hupt etwas monströs Lautes auf. Jean aber entspannt sich augenblicklich wieder und fährt ungerührt fort: »Wir haben einen hammermäßigen Auftrag in der Tasche!«
»Mal wieder, ja?«
»Mit namhaften Darstellern, professionellem Equipment …«
»Das ich wieder selbst mitbringen muss?«
»… einem Buch füllenden Storyboard …«
Ich horche auf. »Ein Film mit Story ?«
»… eine Armada von Anbläserinnen, eben allem Drum und Dran!«
Ich stoße einen leisen Pfiff aus. Das klingt in der Tat gut.
Zu gut.
Schnell habe ich meine Neugier wieder im Griff. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt, und so sage ich erst mal nichts und lasse ihn weiterreden.
»Wir haben den Jackpot geknackt! Wir haben sie endlich in der Tasche.«
»Wen haben wir in der Tasche?«
Er zieht an seinem Zigarillo und lässt sich dramatisch viel Zeit mit dem Rauchausstoß. Doch dann sagt er: »Die männliche Hauptrolle im nächsten Sheera-Gail-Streifen!« Zur Unterstützung seiner Worte trommelt er wie wild auf dem Lenkrad herum.
Mein Mund wird trocken.
»Ich und Sheera Gail?«, krächze ich. Mein Herz pocht so hart in der Brust, dass es beinahe wehtut. Nervös winde ich mich auf dem Schalensitz. »Ist nicht wahr!«
»Doch!«
»Du hast mich endlich in einem Film mit Sheera Gail untergebracht? Das, worauf ich seit Ewigkeiten warte, wird sich endlich erfüllen?«
Er nickt derart energisch, dass ihm graue Haarsträhnen ins Gesicht fallen.
Ich denke an den Beginn meiner fragwürdigen Erotikkarriere zurück. Als ich noch nicht wusste, wer Sheera Gail war und ich sie fälschlicherweise mit einer Actionfigur verwechselte. Mittlerweile kenne ich natürlich alle ihre Filme und ziehe meinen Hut vor ihren darstellerischen und akrobatischen Leistungen. Vor allem aber vor ihrem beispiellosen Erfolg, den sie in der Branche hat. Geldsorgen kennt die sicher nicht.
» Jaha! Dein Agent hat das Unmögliche wahr werden lassen.«
Jetzt bin ich es, der das Armaturenbrett mit trommelnden Fäusten bearbeitet und immer wieder »Yes! Yes! Yes!« brüllt.
Er grinst breit und nickt: »So gut wie.«
Doch diese drei Worte gehen in meinem Freudentaumel unter.
Ich sehe Jean an und empfinde erstmalig überhaupt so etwas wie Sympathie für ihn. Eine gefühlte Ewigkeit hat er mich in der Horizontalen durch die Hölle getrieben. Doch zu guter Letzt hat der Pornopuma tatsächlich Wort gehalten und mich in einen Film mit Sheera Gail untergebracht. Sheera Gail! Was das für meine Karriere bedeutet, kann ich zu diesem Zeitpunkt nur erahnen.
Zum ersten Mal seit Langem sehe ich meine Zukunft in einem Farbfilm vor mir, bunt und übersättigt.
»Das ist der reinste Wahnsinn! Wenn ich das Nils erzähle … Er wird ausrasten, vor Neid erblassen. Ich muss ihm bestimmt einen ganzen Umzugskarton voller Requisiten mitbringen.«
Jean grinst
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