Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flachskopf

Flachskopf

Titel: Flachskopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Claes
Vom Netzwerk:
Vater, »das kommt nur daher, weil er vor lauter Übermut nicht mehr weiß, was er anfangen soll...«
    Aber die Mutter seufzte: »Wir werden für alle Fälle eine Wallfahrt zum heiligen Cornelius auf dem Blauberg unternehmen .«
    In der Nacht schreckten Heini und Nis aus dem Schlafe auf, weil Flachskopf in seinem Traum plötzlich rief: »Vlaanderen den Leeuw! Slaat al dood !«

Flachskopf besucht den Sankt-Jans-Markt

    A ls Flachskopf an diesem Morgen aufwachte, sprang er sofort, und zwar mit solcher Hast in seine Hose, daß er sie verkehrt anzog und von neuem anfangen mußte. Er merkte, daß der Morgen mit goldenem Sonnenlächeln durch das kleine Fenster hereinlugte, und fing gleich an zu pfeifen und zu singen, um seinem fröhlichen Herzen Luft zu machen. Denn von der ganzen herrlichen Kirmeswoche war ihm dieser Tag am liebsten. Es war Sankt-Jans-Markt in Averbode, und er durfte hin. Das stand in seinem frohen Kopf wie die Sonne draußen im hellen Sommertag. Nis lag noch im anderen Bett und schlief.
    In der Wohnstube saß Heini in Hemdsärmeln an der Kaffeetafel. Er sah etwas mitgenommen aus nach all dem Tanzen und Biertrinken vom vorigen Abend, und an der Art, wie er auf seinem Stuhl lag, konnte man deutlich sehen, daß er noch nicht ausgeschlafen hatte. »Wo ist die Mutter ?« fragte Flachskopf.
    »Sie ist schon lange fort zum Sankt-Jans-Markt«, antwortete Heini, ohne aufzusehen.
    Das enttäuschte Flachskopf so sehr, daß er gleich die Lippe hängen ließ. Da sieht mans wieder, sie ging einfach ihrer Wege und ließ ihn da, ohne ein Wort zu sagen. Und gestern abend hatte sie doch fest versprochen, daß er mitgehen dürfte. Man konnte der eigenen Mutter ebensowenig trauen wie anderen Leuten. »Warum hat sie mich nicht geweckt ?«
    »Das weiß ich nicht... Sie wollte Grasharken kaufen und ging erst in die Messe .«
    Flachskopf fragte nicht weiter. Er wusch sein Gesicht, zog wieder seinen Sonntagsanzug an und frühstückte. Heini ging hinaus und rauchte seine Pfeife. Die Sonne schien kerzengerade auf die Fenster, und durch die offene Vordertür warf sie die ganze Gewalt ihrer Strahlen in die Stube. Das Licht war so stark, daß die weißen Wände davon glitzerten.
    Die Rosinenbutterbrote und das Stück Fladen wirkten aufmunternd auf Flachskopfs Stimmung, und wegen des frühzeitigen Aufbruchs seiner Mutter wollte er sich doch auch nicht den ganzen Tag verderben. In wenigen Minuten war er fertig, setzte die Mütze auf sein flachsblondes Haar und fragte dann Heini in ganz gewöhnlichem Ton:
    »Wo hat denn die Mutter meine fünfzehn Cent hingelegt ?«
    Heini sah verwundert auf.
    »Welche fünfzehn Cent? ...«
    »Nun... sie hat gestern abend gesagt, daß ich fünfzehn Cent bekäme...« Und inzwischen suchte Flachskopf auf dem Küchenschrank, auf der Fensterbank, auf dem Tisch, als wäre er fest überzeugt, daß das Geld irgendwo läge. Die Mutter hatte nichts gesagt von fünfzehn Cent, aber Flachskopf hoffte, daß Heini, wenn er fest bei der Behauptung bliebe, ihm vielleicht... Und in der Tat, dieser holte seinen Geldbeutel aus der Tasche und »lieh« Flachskopf einstweilen fünfzehn Cent, zwei Nickelgroschen und fünf einzelne Cent. Heini war auch in Kirmesstimmung, sah den herrlichen Tag vor sich liegen, dachte an den Abend und an seine Liebste und war außerdem überzeugt, daß die Mutter ihm das vorgeschossene Geld zurückzahlen würde.
    Frohgemut machte sich Flachskopf auf den Weg. Der jugendliche Übermut saß ihm in Armen und Beinen. Er spürte eine so kecke und frohe Kraft in sich, daß er anfing zu laufen, was die Beine hergeben wollten. Heini, der ihm von der Türschwelle aus nachblickte, hatte das Vorgefühl, daß es mit den fünfzehn Cent nicht seine Richtigkeit hätte.
    Flachskopf hätte vor Ungeduld nach Averbode fliegen mögen. Da das aber nicht möglich war und er vom Laufen zu sehr ins Schwitzen kam, schritt er tüchtig aus und sang ein lustiges Lied.
    Auf den Feldern neben der Straße stand, glitzernd in der Morgensonne, das taufrische Getreide. Unbeweglich, mit hier und da hochgeschossenen Halmen, die, leicht gebeugt wie unter einem Atemzug, hin und her schwankten, sog es Licht und Wärme aus dem reinen blauen Himmel in sich auf. Aus einem Erlenbusch flatterte ein aufgeschreckter Spatz, in der Luft klang es wie eine Kapelle von trillernden Lerchen. Auf der anderen Seite der Straße lag der Bruch mit üppigem, saftigem Grün, durchsprenkelt von gelben Butterblumen und weißen Margeriten. Überall hing der

Weitere Kostenlose Bücher