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Flames 'n' Roses

Flames 'n' Roses

Titel: Flames 'n' Roses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiersten White
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Adrenalinspiegel allmählich wieder sank, ziemlich weh. Ich tastete nach der Wunde und versuchte, sie mir in dem schummrigen Licht anzusehen.
    »Was hast du da? Blutest du?«
    »Ich hab mich geschnitten … als Lish –« Ich stockte und bemühte mich, die Tränen zurückzuhalten.
    »Kannst du denn laufen? Es ist nicht weit.«
    »Ich glaube, ja.«
    Lend ließ meine Hand los und legte mir den Arm stattdessen um die Hüfte. Wir gingen zwischen den Bäumen hindurch. Die letzten Spuren des Tageslichts verloschen und ließen nur das bleiche Leuchten des Mondes zurück. Nach ein paar Minuten, in denen mein Bein immer stärker zu brennen und zu pulsieren begann, sah ich Licht zwischen den Ästen.
    »Wir sind da!« Er klang aufgeregt und etwas ängstlich. Ich fragte mich, was das wohl für ein Ort war, an dem Lend lebte. Ich hatte mir immer so was Ähnliches wie die Zentrale vorgestellt, voll mit Paranormalen. Als wir so nah waren, dass ich etwas erkennen konnte, war ich schockiert. Es war ein ganz normales, schönes weißes Haus, zwei Stockwerke hoch und mit einer Veranda rundherum. Seit acht Jahren war ich nicht mehr in einem richtigen Haus gewesen.
    Lend öffnete die Tür. »Dad? Dad!«
    »Lend?« Ein Mann kam die Treppe heruntergerannt, die von der Diele aus nach oben führte. Für einen Mann mittleren Alters, Ende vierzig vielleicht, sah er ziemlich gut aus, mit dunklem Haar und dunklen Augen – und war ganz offensichtlich derjenige, nach dem Lend sein Lieblingsgesicht gestaltet hatte. »Wo warst du?«
    »Ich – das ist eine lange Geschichte. Sie ist verletzt. Kannst du dir mal ihr Bein ansehen?«
    Lends Dad – Lend hatte einen Dad, ein Gedanke, der mich mit einem Gefühl erfüllte, das fast schon an Bitterkeit grenzte – bemerkte mich erst jetzt. »Natürlich, aber währenddessen erzählst du mir alles. Du steckst ganz schön in Schwierigkeiten, das sage ich dir.« Dieser Aussage zum Trotz zog er seinen Sohn in eine stürmische Umarmung, bei der Lends Füße fast nicht mehr den Boden berührten. Er musste mich dafür loslassen und ich sah ein wenig unbehaglich bei dieser Wiedersehensszene zu. »Jag mir nie wieder so eine Angst ein.«
    Lend lachte trocken. »Hab ich nicht vor. Äh, ihr Bein?«
    Sein Dad wandte sich mir zu. »Wo bist du verletzt?«
    Das war alles zu viel, zu seltsam. Lend in diesem Umfeld, diesem einladenden, warmen Zuhause, Lend zusammen mit diesem vollkommen normalen Mann, der sein Vater war. Kein Cover, nichts als dieses freundliche Gesicht. Es war, als hätte ich eine andere Welt betreten, eine Welt, von der ich wusste, dass ich nicht dorthin gehörte. Der Lend, der dort lebte, würde nie mein Lend sein können.
    »So schlimm?«, fragte sein Vater und sein Gesicht wurde immer besorgter, während er mich ansah.
    Schnell schüttelte ich den Kopf. »Nein … ich … Am rechten Oberschenkel.«
    »Wir haben heute Abend so einiges durchgemacht«, erklärte Lend mit sanfter Stimme.
    Sein Dad kniete sich neben meinem Bein auf den Holzboden. »Ich schau’s mir erst mal an, mal sehen, wie schlimm es ist.« Er zog meine Leggings auseinander und vergrößerte den Schlitz. »Okay, halb so wild. Ich hole nur schnell meine Tasche von oben. Die Wunde muss gesäubert und dann genäht werden, bloß ein paar Stiche. Nichts Schlimmes.« Er lächelte mir aufmunternd zu und warf dann Lend einen strengen Blick zu. »Hol du ihr was Trockenes zum Anziehen und überleg dir schon mal eine gute Erklärung.«
    »Keine Sorge – er hat schon Tausende von Wunden genäht.« Lend lächelte mir zu und folgte seinem Dad.
    Ich blieb in der Diele stehen und kam mir vor wie ein Eindringling, bis Lend zurückkam und mir ein Bündel Kleider in die Hand drückte. »Die sind von mir, wahrscheinlich ein bisschen groß. Aber es müsste gehen.«
    Stirnrunzelnd nahm ich sie entgegen. »Warum hast du denn Klamotten?« Die waren doch bei seinen verschiedenen Covern direkt mit dabei.
    »Zum Anziehen, stell dir vor. Meistens muss ich gar nicht die Gestalt wechseln; eigentlich trage ich fast immer dieses Gesicht.«
    Das leuchtete mir ein. Seine Coverklamotten sahen zwar vollkommen normal aus, hatten aber ihre ganz eigene Beschaffenheit. Da war es wohl besser, wenn er in der Öffentlichkeit Sachen trug, die sich normal anfühlten.
    Lend brachte mich zu einem kleinen Badezimmer und ich verschloss die Tür hinter mir.
    Ich zog meine Stiefel aus – diese dämlichen rosafarbenen Stiefel, die mich von jetzt an für immer an das schreckliche

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