Flaming Bess 06 - Sternbaronat Roter Riese
Böse! Eine romantische Vorstellung — und wie profan dagegen die Wahrheit.«
»Und wie«, sagte Bess, auf Storks ironischen Tonfall eingehend, »sieht die Wahrheit Ihrer Meinung nach aus?«
»Er will die Macht, liegt das nicht auf der Hand?« Stork tat erstaunt. »Sie enttäuschen mich! Ich hatte gehofft, Sie wären weniger naiv als meine Untertanen. Mein Bruder will mich vom Thron verdrängen. Er will der neue Baron von Argylon werden, und um seine hochverräterischen Ziele zu erreichen, schreckt er nicht einmal vor den ungeheuerlichsten Lügen zurück. Er mißbraucht die Hoffnung des unwissenden Volkes und verleumdet mich, seinen eigenen Bruder, mit grotesken Anschuldigungen.«
Er beugte sich nach vorn und sagte im vertraulichen Tonfall: »Möglicherweise sind seine Lügen bei Ihnen auf fruchtbaren Boden gefallen, weil die Umstände Ihrer Ankunft auf Argylon ein wenig, nun unglücklich waren. Möglicherweise hat dies bei Ihnen zu einer gewissen Voreingenommenheit mir gegenüber geführt und Ihr Urteilsvermögen getrübt.«
»Wenn Sie mit den unglücklichen Umständen die Tatsache meinen, daß Sie die Besatzung meines Schiffes entführt haben und noch immer in den Nullzeitsphären der Stasishalle gefangengehalten … « Flaming Bess lächelte ihn strahlend an. »Dann haben Sie recht. Aber ich bin überzeugt, Sie finden auch dafür eine Erklärung.«
Stork neigte ironisch den Kopf. »Ich bewundere Ihre Klugheit. Wir werden später, bei einem Gespräch unter vier Augen, Gelegenheit haben, dieses betrübliche Mißverständnis zur gegenseitigen Zufriedenheit zu klären.«
Er sah sie durchdringend an.
»Ich verstehe«, nickte Bess. Zweifellos wollte ihr Stork ein Angebot machen.
»Ausgezeichnet! Und um Ihnen zu zeigen, daß ich nicht das Ungeheuer bin, als das mein lieber Bruder mich hinstellt, will ich Gnade vor Recht ergehen lassen.« Stork wandte sich ab und ging mit ausgebreiteten Armen auf Rhonn Endor zu. »Ich biete dir die Freiheit an, Bruder! Ich bin bereit, deinen Verrat zu vergeben und vergessen, dich in allen Ehren wieder bei Hof aufzunehmen und dich sogar zu meinem persönlichen Berater zu machen, wie in den alten, glücklichen Zeiten. Natürlich mußt du öffentlich deinen Irrlehren abschwören und erklären, daß du nie an der Oberfläche gewesen bist. Ich erwarte, daß du dieses Gerede von einer möglichen Rückkehr ans Licht aus der Welt schaffst. Es wird Zeit, daß wieder Frieden im Höhlensystem einkehrt. Sobald wir gemeinsam die Organisation Morgenrot zerschlagen haben … «
»Du mußt verrückt sein, wenn du glaubst, daß ich zum Verräter an meinen Freunden werde!«, brauste Rhonn Endor auf. »Und ich will eher sterben, als das Höhlenvolk zu verraten, so wie du es getan hast. Die Welt ist grün! Du weißt, daß … «
Stork gab den Stahlhandwachen einen Wink, und einer der Sodaten streckte Endor mit einem Schlag seines metallenen Waffenhandschuhs nieder. Stöhnend blieb er auf dem Boden liegen.
In hilflosem Zorn funkelte Bess den Baron an.
»Keine Dummheiten«, warnte General Zortan leise. Er stand dicht hinter ihr, bereit, einzugreifen, wenn sie sich zu einer unüberlegten Handlung hinreißen ließ. Aber sein Tonfall verriet, daß er seinen eigenen Zorn nur mit Mühe unterdrücken konnte.
»In meiner Gegenwart werden keine Lügen verbreitet!« schnappte Stork. »Ich hätte mir denken können, daß es sinnlos ist, an deine Vernunft zu appellieren. Nun gut, Bruder. Meine Geduld ist erschöpft. Lochmoch!«
Der gnomenhafte, mausgrau gekleidete Mann eilte beflissen herbei.
»Ihre Befehle, Baron?« fragte er schrill. »Sie haben Befehle für mich?«
»Mein geliebter Bruder ist uneinsichtig. Er weigert sich, uns bei der Bekämpfung der Rebellen zu unterstützen.« Stork legte dem kleineren Mann eine Hand auf die Schulter. »Ich überlasse ihn Ihrer Obhut, Lochmoch. Ich bin sicher, daß Sie eine Möglichkeit finden werden, ihn zur Einsicht zu bringen. Wir müssen wissen, wer zu den Rebellen und ihren Unterstützern gehört, wo ihre Schlupfwinkel und Depots liegen, was ihre weiteren Pläne sind. Als Kopf der Verschwörer dürfte mein Bruder über unschätzbar wertvolle Informationen verfügen, und Sie werden ihn, nun, überreden, uns diese Informationen anzuvertrauen.«
Lochmoch äugte erregt zu Rhonn Endor hinüber. In seinem grauen, faltigen Gesicht leuchtete eine bösartige, verschrobene Freude auf.
»Sie meinen, Baron, ich kann mit ihm machen, was ich will?« schrillte er. »Sie
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