Flaming Bess 06 - Sternbaronat Roter Riese
wurden leicht mit ihnen fertig.«
Zortan warf dem Gleiterpiloten hinter der gläsernen Trennwand einen mißtrauischen Blick zu. Er senkte seine Stimme, als befürchtete er, trotz der schallschluckenden Glasscheibe belauscht zu werden.
»Dann schloß sich Rhonn Endor den Rebellen an. Er rief zum Sturz des Barons auf. Er behauptete, daß Stork das Höhlenvolk mit einer ungeheuerlichen Lüge täuschen würde. Er beschuldigte den Baron, die Aufnahmen der Oberflächenkameras zu fälschen, um dem Volk eine verwüstete, unbewohnbare Welt vorzugaukeln. Er behauptete sogar, an der Oberfläche gewesen zu sein und dort ein unberührtes Naturparadies vorgefunden zu haben. Keine Wüste, sondern fruchtbares Land, das nur darauf wartet, von den Menschen urbar gemacht zu werden. Und die Menschen glaubten ihm.« Der General zuckte die Schultern. »Natürlich glaubten sie ihm. Nicht nur wegen seiner früheren Stellung — auch wenn das eine Rolle gespielt haben mag — sondern vor allem, weil das, was er sagte, der Sehnsucht des ganzen Volkes entsprach. Die Höhlen verlassen! Wieder unter freiem Himmel leben! Aus der Finsternis ans Licht!
Wie verlockend, wie verführerisch. Wer möchte nicht daran glauben?
Daß Rhonn Endor für seine Behauptung keine Beweise hatte, fiel nicht ins Gewicht. Daß der Baron ihn für verrückt erklärte, störte seine Anhänger nicht. Sie sind Fanatiker«, sagte Zortan. »Und Rhonn Endor ist ihr Prophet.«
Flaming Bess beugte sich nach vorn und sah dem General offen ins Gesicht.
»Warum erzählen Sie mir das alles?«
»Warum?« Zortan lachte bitter. »Weil von Ihnen das Schicksal des Höhlenvolkes abhängt! In den Höhlen steuert alles auf eine entscheidende Auseinandersetzung zu, aber wenn es zum Bürgerkrieg kommt, wird es nur Verlierer geben. Der Baron mag vielleicht glauben, daß die Gefangennahme Rhonn Endors die Rebellen schwächt. Ich glaube es nicht. Ich bin Realist. Blut wird fließen, viele Menschen werden sterben, und am Ende werden die Überlebenden vor den Trümmern ihrer Welt stehen.«
Er meint es ernst, dachte Flaming Bess. Seine Besorgnis ist nicht gespielt.
Und dann erkannte sie, was den Stahlhandgeneral bis ins Innerste verunsichert hatte — sie war eine Außenweltlerin, der einzige Mensch, der Rhonn Endors Angaben bestätigen oder wiederlegen konnte. Die Auseinandersetzung zwischen den Rebellen und dem Baron trat damit ins letzte Stadium.
Zortan hatte recht: von ihr hing das Schicksal des Höhlenvolkes ab. Rhonn Endor hatte dies gewußt; Stork wußte es; und Zortan wußte es auch.
Aber da war noch mehr. Die Stahlhand war dem Baron vielleicht treu ergeben, doch die Treue hing davon ab, ob sich die Beschuldigungen der Rebellen als richtig erwiesen oder nicht.
»Sagen Sie mir die Wahrheit!« sagte Zortan. Seine Stimme schwankte, über sein breitflächiges Gesicht huschten widersprüchliche Gefühle. »Sie kommen von draußen, aus dem All. Sie müssen Argylon gesehen haben, Sie müssen wissen, ob die Welt noch immer eine Wüste ist! Sagen Sie es mir! Können wir die Höhlen verlassen? Können wir hinauf ans Licht? Oder lügt Rhonn Endor? Ist er ein Wahnsinniger, der mit unseren Hoffnungen spielt? Bitte, sagen Sie mir die Wahrheit!«
Fast flehend sah er sie an.
Was sollte sie tun? Ihm tatsächlich die Wahrheit sagen? Zugeben, daß die NOVA STAR zu weit von Argylon entfernt gewesen war und daß sie nicht genug Zeit gehabt hatten, um exakte Daten über die Oberfläche zu gewinnen? Damit verspielt sie vielleicht die einzige Chance, den Stahlhandgeneral auf ihre Seite zu ziehen. Mit nahezu schmerzhafter Deutlichkeit spürte sie, wie aufgewühlt Zortan war, welch ungeheuere Bedeutung ihre Antwort für ihn hatte.
Sie konnte ihm sagen: Ja, Rhonn Endor hat recht, die Welt ist grün, stürzt den Baron und steigt aus euren Höhlen zum Licht hinauf. Und Zortan würde es tun. Seine Sehnsucht nach den offenen Himmeln und dem weiten Land der alten Heimat war stärker als seine Loyalität zu Stork.
Aber es wäre eine Lüge.
Eine Lüge, die schreckliche Konsequenzen für das Höhlenvolk haben konnte.
Flaming Bess war überzeugt, daß Rhonn Endor ihr die Wahrheit gesagt hatte, doch wenn sie sich nur auf sein Wort verließ, wurde aus seinem Wissen ihr Glaube. Sie traf ihre Entscheidung.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie schlicht. »Der Transmitterangriff erfolgte, bevor wir den Planeten erforschen konnten. Es tut mir leid, aber das ist die Wahrheit.«
Der General wirkte erleichtert. Eine
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