Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Bootsie Giacano war dir nicht gefährlich genug. Du mußtest ihm auch unbedingt noch Cardos Lieblingsschnalle reinschieben.«
»So ist es nicht. Und außerdem paßt es mir nicht, wenn du so über sie redest, Clete.«
»Ich bitte um Verzeihung. Mir mangelt’s an der nötigen Finesse. Wo wir doch hier beim Kirchenkränzchen sind. Es wird Zeit, Dave, daß du ein paar Dinge begreifst. Da lebst du ein Weilchen im Kreis dieser Leute, und schon glaubst du, sie wären genau wie wir. Sind sie aber nicht, Alter. Wenn’s drum geht, den eigenen Arsch zu retten, würde jeder von denen die eigene Mutter an eine Schweinefarm verkaufen.«
»Boggs war in New Iberia. Ich glaube, daß er es auf mich abgesehen hat. Ich würde mich lieber hier in New Orleans mit ihm befassen als daheim, wo Alafair in der Nähe ist.«
»Ich glaube, daß du dich benutzen läßt. Meiner Meinung nach solltest du Cardo und diese Wichser von der DEA vergessen, und wir beide sollten uns auf die Jagd nach Boggs machen und ihm das Licht ausblasen. Was geht’s dich an, wenn Cardo mit Drogen handelt? Wenn du ihn aus dem Spiel nimmst, steigen nur die Preise auf der Straße. Du kannst es drehen und wenden, wie du willst, den besten Schnitt machen immer die Dealer. Und der meiste Stoff wandert ohnehin wieder zurück in die Slums. Da hat’s angefangen, da wird’s auch bleiben. Eines Tages haben dann die blöden armen Schweine die Schnauze voll, ständig mitanzusehen, wie die eigenen Leute in Leichensäcken weggekarrt werden.«
»Ich war letzte Nacht im Gefängnis. Baxter hat Tony und mich und Tonys Fahrer eingebuchtet. Kennst du jemanden, über den du rausfinden könntest, was Baxter vorhat?«
»Im Gefängnis?«
»Jawohl.«
»Weißt du, irgendwie erinnerst du mich an diese Kids mit ihren Crack-Pfeifchen. Ein Bursche wie ich braucht zwanzig Jahre, bis er vor die Hunde geht. Die schaffen das in sechs Monaten. Aber du, Streak, besitzt das Talent, dein Leben in wenigen Wochen in die Scheiße zu fahren.«
»Würdest du bitte versuchen, was du über Baxter herausfinden kannst?«
»Ein Cop, der aus dem Land abgehauen ist, weil er wegen Mordes gesucht wurde? Ich bin dein Kontakt zum NOPD?«
Er steckte sich den Rest des beignets in den Mund und lachte, während er sich mit seiner Serviette die Handfläche sauberwischte.
Ich ging im kühlenden Schatten zurück zu meinem Pickup und fuhr die Canal Street bis zur Kreuzung mit der St. Charles Street hinunter, wo Clete Tee Beau Latiolais bei der Arbeit in einem Pizzaladen gesehen hatte. Vor den Schnapsläden und Spielsalons lungerten junge Schwarze herum, und das pink-violette Neonflimmern aus den Fenstern warf Streifen auf ihre Körper. Ich fand Tee Beau hinten in einem langen, schmalen Café. Er hatte den weißen Papierhut bis zu den Augenbrauen heruntergezogen, so daß es den Anschein hatte, als starre er mich durch das Visier eines Helmes hindurch an.
»Mach mal eine Pause. Ich muß mit dir reden, Tee Beau«, sagte ich.
In seinen Augen lag ein eigenartiger, melancholischer Ausdruck, so als wäre er Zeuge einer Katastrophe, die sich einem Freund näherte, ohne daß dieser sich dessen bewußt gewesen wäre.
»Was ist los?« sagte ich.
Er gab keine Antwort. Er wischte sich die Hände an der Schürze und setzte sich eine Sonnenbrille auf. Wir gingen um die Ecke in Pearl’s Austernbar und setzten uns an den Tresen. Ein paar Meter weiter stand ein weißer Mann, der mit wilder Energie auf einem Holzbrett Austern knackte. Tee Beau bestellte sich ein Falstaff-Bier und sah mich immer wieder aus den Augenwinkeln schief an.
»Weißt du, Tee Beau, ich halte es nicht gerade für die schlaueste Verkleidung, abends eine Sonnenbrille zu tragen.«
»Warum wollten Sie mich sehen, Mister Dave?«
»Ich habe gehört, daß Jimmie Lee Boggs in New Iberia war. Ich wüßte gerne, warum. Kannst du mit Dorothea reden?«
»Muß ich gar nicht. Hab gestern abend mit ihr geredet. Sie hat nicht erwähnt, daß sie Jimmie Lee gesehen hat. Aber sie hat mir gesagt, was Gros Mama Goula über Sie sagt, Mister Dave.«
»Ach ja?«
»Sie haben den gris-gris. Sie sagt, Sie hätten sich wo eingemischt, wo Sie sich nicht hätten einmischen sollen. Sie hätten auf keinen gehört.«
»Hör mir mal gut zu, Tee Beau. Gros Mama sagt viel, wenn der Tag lang ist. Sie macht sich einen dummen Aberglauben zunutze, der noch aus Sklavenzeiten von den Inseln stammt, um mit euch zu machen, was sie will.«
Aber meine Worte machten keinen Eindruck auf
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