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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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bescheuert war«, sagte ich.
    »So einfach ist das?«
    »Nein, das ist es nicht. Können wir’s dabei belassen, daß ich einen schrecklichen Fehler gemacht habe, den ich die ganzen Jahre über bedauert habe?«
    Sie hatte die Beine übereinander gelegt, und ihre Arme ruhten ohne jede Bewegung auf den Lehnen des gepolsterten Metallstuhls. In dem teefarbenen Licht wirkte ihr Gesicht jetzt sehr gefaßt. Der Frotteebademantel stand oben offen, und ich konnte sehen, wie sich ihr Busen mit dem Atem lautlos hob und senkte.
    »Ich muß jetzt gehen«, sagte ich.
    »Kommst du wieder?«
    »Wenn du mich wiedersehen willst. Ich würde dich jedenfalls gern noch einmal besuchen.«
    »Ich habe nicht vor, aus dieser Stadt wegzuziehen, cher .«
    Dann wurden ihre Züge weicher, und sie sagte: »Hör zu, Dave, eins habe ich mit den Jahren gelernt. Ich versuche nicht, die Fehler von gestern in der Gegenwart zu korrigieren. Ich habe sie abgehakt. Ein für allemal. Ich lasse mir von einem Menschen nur ein einziges Mal weh tun.«
    »Dir konnte noch nie jemand vorwerfen, daß du ihn im unklaren über deine Position gelassen hättest, Boots.«
    Sie lächelte, ohne darauf zu antworten, und begleitete mich dann zur Haustür. Sie legte ihre Hände auf meine Schultern und gab mir einen Kuß auf die Wange. Das war eine angemessene und freundliche Geste, die an sich nicht viel bedeutet hätte, aber dann sah sie mir ins Gesicht und strich mir mit den Fingerspitzen über die Wange, als verabschiede sie sich endgültig von jemandem, und ich fühlte, wie sich etwas in meinem Unterleib regte und mein Herz dahinschmolz.
    Es war beinahe dunkel, als ich an der Kreuzung St. Charles Street und Canal Street aus der Straßenbahn stieg und ins Pearl ging, wo ich ein Poorboy-Sandwich mit Austern, Shrimps, Tomatenscheiben, grünem Salat und sauce piquante aß. Dann lief ich heim und blieb einen Augenblick vor der Tür meiner Wohnung stehen, während ich nach dem Schlüssel fummelte. Die Leute von oben machten auf dem Balkon schwer einen drauf, und einer von ihnen trat aus Versehen gegen eine Kaffeedose mit Geranien, die in den Innenhof fiel. Aber trotz dieses Lärms dachte ich, ich hätte jemanden in meiner Wohnung gehört. Ich griff nach der .25er Beretta in meiner Jackentasche, schloß die Tür auf und ließ sie in den Angeln ganz aufschwingen, bis sie hinten gegen die Wand schlug.
    In der Küche stand Lionel Comeaux, der bei meinem Besuch auf einem Rollbrett unten an seinem Auto gearbeitet hatte. Er räumte Töpfe und Pfannen aus dem Küchenschrank und stellte sie auf den Tisch. Der fröhliche Dicke, der sich Uncle Ray Fontenot nannte und behauptete, in Sharkey’s Dream Room Posaune gespielt zu haben, hatte alle Schubladen im Schlafzimmer ausgeräumt und die ganzen Kleider in ihren Bügeln auf dem Bett gestapelt. Meine .45er lag auf einem sauber gefalteten Hemd. Beide musterten mich mit flachen, ausdruckslosen Gesichtern, so als sei ich der Eindringling.
    Der Dicke, Fontenot, trug einen beigen Anzug und ein cremefarbenes Hemd mit Rollkragen. Ich sah, wie seine Augen mein Gesicht und meine rechte Hand musterten; dann lächelte er und streckte mir die nach oben gerichteten Handflächen entgegen.
    »Das ist rein geschäftlich, Mr. Robicheaux«, sagte er. »Nehmen Sie’s nicht persönlich. Wir sind behutsam mit Ihren Sachen umgegangen.«
    »Wie sind Sie reingekommen?«
    »Das Schloß war kein Problem«, sagte er.
    »Verdammt dreist seid ihr«, sagte ich.
    »Machen Sie die Tür zu. Da draußen sind Leute«, sagte Lionel, der Mann in der Küche. Er trug Adidas-Laufschuhe, Bluejeans ohne Gürtel, einen goldfarbenen Pullover, dessen Ärmel er über die kräftigen sonnengebräunten Arme hochgeschoben hatte.
    Es war so ruhig, daß ich meinen eigenen Atem hörte.
    »Lionel hat recht«, sagte Fontenot. »Wir brauchen hier keine Zuhörer, oder? Und wenn Sie jetzt wütend werden, haben wir auch nichts davon. Stimmt’s?«
    Ich nahm die Hand aus der Jackentasche und öffnete und schloß sie mehrmals.
    »Kommen Sie rein, kommen Sie rein«, sagte Fontenot. »Schauen Sie, wir räumen Ihre Sachen auch wieder ein. Alles ganz harmlos.«
    »Sie durchwühlen meine Wohnung und nennen das harmlos?« sagte ich. Ich stieß die Tür hinter mir zu.
    »Sie wußten, daß Sie jemand unter die Lupe nehmen würde. Machen Sie jetzt keinen Aufstand«, sagte der jüngere Mann in der Küche. Er zündete eine ausgegangene Zigarre in seinem Mund wieder an, bückte sich und fing an, die Töpfe und

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