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Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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ich ganz schwer schlucken müssen, Mister Dave. Ich hab einen Riesenbammel vor dem Mann.«
    »Du hast dich großartig gehalten, Tee Beau. Aber jetzt tu mir bitte einen Gefallen. Überlaß Jimmie Lee Boggs anderen. Misch dich da nicht weiter ein.«
    »Sorgen Sie dafür, daß ich einen neuen Prozeß bekomme?«
    »Ich werd’s versuchen. Aber das müssen wir langsam Schritt für Schritt angehen.«
    Er saß vornübergebeugt auf der Bank, die Hände im Schoß gefaltet. Mit seinem kleinen Gesicht wirkte er wie ein Eichhörnchen mit Sonnenbrille. In seinem Nacken wuchs drahtiges, krauses Haar.
    »Ich träume schlecht. Vom Red-Hat-Haus, und wie sie mich auf den Stuhl schnallen und mir diese schwarze Haube übers Gesicht ziehen«, sagte er.
    »Aber du hast Hipolyte Broussard doch getötet, oder, Tee Beau?«
    Sein Atem rasselte in der Kehle.
    »Zum Teil schon. Aber was ich gemacht hab, war ein Unfall. Das schwör ich bei Gott, Mister Dave. Hipolyte hat mich dauernd beschimpft, die ganze Zeit. Er hat mir gesagt, was er mir alles antun würde, was er Dorothea alles antun würde. Ich hätte Bohnen in den Ohren, ich könnte wohl gar nix richtig tun. Und er hat gesagt, ich soll auf sein Zeichen auf die Bremse treten oder den Fuß von der Bremse nehmen, sonst setzt es was. Er lag unter dem Wagen und hat da rumgemacht und rumgehämmert und mich die ganze Zeit beschimpft und gebrüllt: ›Tritt drauf, tritt drauf.‹
    Also mach ich, was er sagt. Ich mach die Augen zu und trete auf die blöde Bremse, wieder und immer wieder. Dabei stell ich mir vor, es sei Hipolytes Gesicht, wo ich drauftrete wie auf eine große Eierschale. Dann macht der Wagen auf einmal einen Ruck, und der Wagenheber geht kaputt wie ein Stock, und ich weiß, Hipolyte ist unter dem Rad, ich höre ihn schreien und im Dreck rumstrampeln. Ich hab schreckliche Angst, Mister Dave, und da bin ich einfach weggerannt, vorbei am Schuppen, immer die Straße runter, vorbei an Hipolytes Haus, vorbei am Zuckerrohrfeld. Als ich mich umdrehe, seh ich ihn auf dem Rücken liegen, eingeklemmt unter dem großen eisernen Rad. Aber ich bleib nich stehn, ich renn immer weiter, bis zu Gran’mamans Haus. Gran’maman war gerade dabei, Krebse zu putzen, und sie sagt zu mir: ›Geh dich waschen, Tee Beau, zieh dir was Sauberes an und setz dich hier zu deiner Gran’maman und sag den Polizisten gar nix.‹«
    »Warum hat Hipolyte immer auf dir herumgehackt?«
    Er gab keine Antwort.
    »Wollte er, daß du für ihn als Zuhälter arbeitest? War es deshalb? Oder wollte er, daß Dorothea mit den anderen Mädchen mitkommt, die er ins Lager zu den Arbeitern gefahren hat?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Aber Dorothea hat gesagt, Gros Mama Goula ließe es nicht zu, daß Männer sie belästigten.«
    »Jawohl, Sir, das stimmt.«
    »Hipolyte hätte Angst vor Gros Mama. Angst, daß sie ihn mit einem gris-gris verhext.«
    »Jawohl, Sir.«
    »Dann hatte Dorothea also gar nichts zu befürchten?«
    »Was sagen Sie, Mister Dave?«
    »Dorothea war gar nicht der Hauptgrund für deine Probleme mit Hipolyte.«
    Er blickte hinaus auf die Schatten, die die Palmwedel auf der Straße machten.
    »Der wahre Grund liegt woanders«, sagte ich. »Und vielleicht nicht nur darin, daß er dich zum Zuhälter machen wollte. Vielleicht war es noch schlimmer als das, Tee Beau.«
    Ich konnte seine Augen hinter den dunklen Brillengläsern nicht sehen, wohl aber, wie er schwer schluckte.
    »Also sag es schon«, sagte ich.
    »Wofür wollen Sie das jetz so genau wissen?« sagte er. »Krieg ich dann einen neuen Prozeß? Glauben die ganzen Weißen mir dann, daß ich Hipolyte nich absichtlich umgebracht hab, daß ich ihm keinen Drecklumpen in den Mund gestopft hab? Ich will jetz nicht mehr darüber reden, Mister Dave.«
    »Irgendwann wirst du es müssen.«
    Er wirkte winzig in seiner weißen Lieferantenuniform. Die gefalteten Hände verschwanden fast unter den Ärmeln.
    »Hipolyte hat für Jimmie Lee Boggs Stoff verkauft. Und das war nich alles. Sie haben ein paar Mädchen nach Florida geschickt, nach Arizona, überallhin, wo Hipolyte mit dem Bus hin ist. Diese Mädchen sind nie zurückgekommen. Ihre Familien haben nie rausgekriegt, wo sie abgeblieben sind. Was hab ich denn schon getan? Ich hab mir bloß mal den Wagen von Mr. Dore geborgt und mir einen alten Ventilator von seinem Schrottplatz geholt, den keiner mehr haben wollte. Und mich wollen sie umbringen. Ich bin es leid, Mister Dave. Und ich bin es auch leid, immer das Gefühl zu haben, ich

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