Flamingo (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
war höflich, sogar gesprächig. Er hatte den typischen Akzent der Italiener in New Orleans, eine Mischung aus Flatbush und dem Irish Channel.
»Ich habe viel von Ihnen gehört«, sagte er. »Ich wollte Sie schon seit geraumer Zeit mal kennenlernen. Spielen Sie Tennis?«
»Leider nein.«
»Sehen Sie gern Tennis?«
»Sicher.«
»Wo sind Sie jetzt?«
»Im Golden Star, gegenüber vom French Market.«
»Können Sie in einer Stunde zu mir herauskommen? Wir nehmen ein paar Drinks, ich spiele ein wenig Tennis, und dann können wir uns unterhalten.«
»Aber sicher doch. Das fände ich gut. Können Sie mir Ihre Adresse geben?«
Er beschrieb mir den Weg in ein Viertel draußen am Lake Pontchartrain.
»Woher haben Sie diese Nummer?« fragte er.
»Von Ray.«
»Das ist aber merkwürdig. Für gewöhnlich gibt Ray diese Nummer nicht weiter.«
Einen Moment lang war es still in der Leitung.
»Sie sind doch nicht etwa grob geworden?« sagte er; dann lachte er. »Machen Sie sich keine Gedanken. Ein bißchen Aufregung tut Ray nur gut. Da verstopfen seine Arterien nicht so sehr. Sie haben ihm doch nichts getan?«
»Ich habe ihm gar nichts getan. Ich würde gern einen Freund von mir mitbringen. Er ist seit neuestem mein Geschäftspartner.«
»Mir nur recht. Wir erwarten Sie. Ach, da fällt mir ein, kennen Sie diesen Kiosk ein paar Türen weiter vom Golden Star? Ob Sie mir wohl die neuste Nummer des Atlantic mitbringen würden? Das mit meinem Abonnement scheint nicht so recht zu klappen.«
»Aber sicher doch, Mr. Cardo.«
»Hey, für Sie Tony oder Tony C. oder Tony Sonstwas. Mr. Cardo nennt mich nun wirklich niemand. Oder klinge ich für Sie wie ein Mr. Cardo?«
»Ich freue mich darauf, Sie kennenzulernen. Wir sind dann in einer Stunde bei Ihnen«, sagte ich.
Ich hängte auf und blickte zu Clete, der immer noch an der Theke stand.
»Das Atlantic?« sagte ich.
»Was?«
»Der Kerl ist zum Schießen.«
Sein Haus war nicht weit entfernt vom See. Große Eichen gaben einer gewaltigen Grünfläche Schatten, die zum Wasser hin schräg abfiel, und das einstöckige Haus war lang und weiß und hatte eine breite Marmorterrasse, eine Garage für drei Wagen und ein kleines Gartenhaus in einem extra angelegten Gärtchen an der Seite. Auf der einen Seite des Swimmingpools war eine Kolonnade, wie bei einer römischen Terrasse, und hinter dem Pool lag ein Aschentennisplatz mit grüner Umzäunung. Ich sah einen schlanken, sonnengebräunten Mann in weißen Shorts und einem Polohemd. Er drosch die Bälle zurück, die eine Ballmaschine automatisch über das Netz schoß.
»Die Spaghettis wissen, wie man sich’s gutgehen läßt, findest du nicht?« sagte Clete. Er hatte die Krawatte gelockert, den einen Arm hinten auf den Autositz gelegt und schnippte Asche aus dem Wagenfenster.
»Solche Bemerkungen verkneifst du dir da drinnen besser.«
»Nur keine Panik. Man muß nur zwei Regeln beherzigen, wenn man mit diesen Typen zu tun hat: Finger weg von ihren Frauen und Finger weg von ihrem Eigentum. Diese Burschen sind nicht sonderlich kompliziert gestrickt. Was würde ein Kerl wie Tony Cardo tun, wenn er nicht Drogen dealen könnte? Er würde vermutlich mit Obst handeln. Meinst du etwa, ein Typ wie der könnte auf ehrliche Weise zu so einem Haus kommen?«
»Das Reden überläßt du so weit es geht mir, ja, Clete?«
»Du scheißt dir wegen nichts die Hosen voll, Alter. Aber du bist der Boß. Was weiß ich schon?« Er schnippte die Zigarette in hohem Bogen in ein Blumenbeet.
Ein Schwarzer in weißem Jackett und schwarzen Hosen trat aus der Seitentür und wartete an der Auffahrt, während wir aus dem Pick-up ausstiegen.
»Mr. Cardo bittet Sie, hinaus zum Swimmingpool zu kommen«, sagte er. »Er wird gleich bei Ihnen sein.« Immer wieder warf er schiefe Blicke auf meinen Wagen.
»Der gefällt Ihnen wohl? Für den richtigen Preis können Sie ihn Dave sicher abschwatzen«, sagte Clete.
»Mr. Cardo läßt die Gentlemen fragen, ob sie einen Drink möchten«, sagte der Schwarze.
»Bringen Sie mir einen doppelten Jack Daniels mit Eis«, sagte Clete. »Was möchtest du, Dave?«
»Gar nichts.«
»Gibt’s hier zufällig ’ne Toilette?« sagte Clete zu dem Schwarzen.
»Jawohl, Sir. Wenn Sie mir bitte folgen würden.«
Ich setzte mich in einen Liegestuhl im Schatten des Säulengangs am Pool. Auf dem Grunde des Pools war ein steinernes Mosaik, das eine Meerjungfrau darstellte und glitzernd das Sonnenlicht reflektierte. Der sonnengebräunte Mann
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