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Flamme von Jamaika

Flamme von Jamaika

Titel: Flamme von Jamaika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina André
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wiedergutzumachen, indem er hastig einen Schluck trank, um die Krümel, die ihn plagten, hinunterzuspülen. «Natürlich habe ich schon von ihm gehört. Wer kennt nicht Lord William Blake? Immerhin hat er einen Sitz im Parlament. Soweit ich weiß, vertritt er dort die Interessen der Pflanzer von St. Mary und St. Thomas-in-the-Vale.»
    Tom kniff die Lippen zusammen und war versucht, sich zu erheben.
    «Wahrscheinlich war es doch keine so gute Idee hierherzukommen», murmelte er. «Entschuldigen Sie, Sir, dass ich Ihre kostbare Zeit gestohlen habe.»
    Bevor er aufstehen konnte, fasste Jess ihn am Arm.
    «Bleib», sagte er so sanft, wie es ging. «Moses. Sag Moses zu mir. Nur weil ich weiß, was Lord William Blake tut, heißt das noch lange nicht, dass ich auf seiner Seite stehe. Eher das Gegenteil ist der Fall. Du kannst mir vertrauen. Ich geb dir mein Wort darauf.»
    Tom lehnte sich zurück, obwohl es ihm immer noch nicht gelingen wollte, sich zu entspannen.
    «Also, Tom», ermutigte Jess ihn. «Was ist geschehen?»
    «Sir Edward hat meine Liebste gegen ihren Willen genommen. Wie ein Hengst, der eine Stute besteigt. Er hat ihr Gewalt angetan. Vor meinen Augen. Dabei wollte ich sie heiraten, wenn sie demnächst sechzehn wird. Er ist ein solcher Hund! Man müsste ihm die Kehle durchschneiden, und das wäre noch zu wenig.»
    Er kämpfte mit seinen Tränen, doch vergebens. Unweigerlich flossen sie an seinen Wangen hinab. Vor lauter Scham senkte er den Kopf, wobei das Wasser auf seine helle Hose tropfte und dort dunkle Flecken hinterließ. Erst jetzt wurde Jess bewusst, dass der Junge die bessere Kluft eines Leibburschen trug. Er musste Edward Blake also näherstehen als ein gewöhnlicher Sklave.
    «Und was sagt Blakes Frau dazu?», fragte Jess. Unvermittelt musste er daran denken, wie Edward und Lena sich vor der Kapelle geküsst hatten. «Oder weiß die Lady am Ende gar nichts von seinem zusätzlichen Glück?», fügte er sarkastisch hinzu.
    «Woher soll ich das wissen?», erwiderte Tom erwartungsgemäß. «Ich weiß nur, dass die Lady nicht ganz klar im Kopf ist. Sie schläft viel, seit sie nach Redfield Hall zurückgekehrt ist. Angeblich kann sie nicht mehr sprechen, sondern grinst nur noch blöd. Richtig laufen kann sie auch nicht mehr. Dabei war das überhaupt eine merkwürdige Sache, mit ihrer sogenannten Entführung. Ich hätte schwören können, dass sie freiwillig mit ihrer Gesellschafterin von Rosenhall abgehauen ist. Und Candy Jones, den sie anschließend verhaftet haben, hatte gar nichts mit dieser Sache zu tun. Und –»
    «Moment», stoppte Jess seinen Redefluss. «Was heißt das, Lady Blake ist nicht ganz klar im Kopf?»
    «Unter uns Sklaven erzählt man sich, dass sie von ihren Entführern verhext wurde. Seit sie zu unserem Master zurückgekehrt ist, kann sie nicht mehr sprechen und sich kaum noch bewegen. Vielleicht ist ihr aber auch bei der Entführung etwas zugestoßen. Trotzdem ist sie nun schwanger, wie die Mutter meiner Liebsten erzählt hat. Kein Wunder, denn Master Edward bespringt sie ständig, obwohl sie sich wie eine Holzpuppe bewegt. Aber wenn ich ehrlich bin, ist es mir lieber, er bespringt seine schwachsinnige Frau, als dass er sich an meinem Mädchen vergreift. Schließlich trägt Lady Blake auch Schuld an meinem Unglück. Wäre sie mir damals auf Rosenhall nicht einfach davongeritten, hätte der Master mir längst meine Freiheit geschenkt.»
    Jess hatte bei den letzten Worten des Jungen gar nicht mehr zugehört.
    Wie versteinert saß er da und versuchte die Mosaiksteinchen der vergangenen Wochen und Monate zusammenzufügen. Wenn es stimmte, was der Junge sagte, hatte er Lena großes Unrecht getan, und am Ende war er selbst verantwortlich für ihr unsägliches Leid. Wie hatte er nur so blind sein können? Was, wenn sie ihn immer noch liebte, aber in der ganzen Zeit nicht in der Lage gewesen war, zu ihm durchzudringen? Vielleicht hatte Edward Blake sie vergiftet? Oder sie mit Hilfe seines teuflischen Leibarztes unter Drogen gesetzt, damit sie ihm nicht noch einmal davonrannte?
    «Was soll ich nur tun?», fragte Tom mit weinerlicher Stimme und sprach damit die Frage aus, die Jess gerade selbst im Kopf herumgeisterte.
    «Zunächst gehst du zurück nach Redfield Hall, bevor man deine Abwesenheit bemerkt.»
    «Mein Master ist im Moment sowieso nicht da», widersprach der Junge. «Er ist einfach davongeritten, ohne mich mitzunehmen.»
    «Umso besser», entgegnete Jess, der in Gedanken bereits

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