Flammen des Himmels
gutgegangen war, wie auch Scham, weil er etwas getan hatte, das seine Eltern nicht gutheißen würden. Das Interesse des Magisters galt aber weniger Lothars Gefühlen denn der Hure. Diese war Lothar gefolgt, um den ihr versprochenen Lohn entgegenzunehmen.
»Wie hat sich unser junger Freund gehalten?«, fragte Kranz.
»Besser als manch anderer«, antwortete die Frau lachend. »Auf jeden Fall weiß er mit seinem Zumpf etwas anzufangen. Meinetwegen könnte er morgen wiederkommen.«
Kranz schüttelte nachsichtig den Kopf und hoffte, dass Lothar vernünftig genug war, das Hurenhaus nicht zu oft aufzusuchen. Einmal im Monat mochte gehen, doch mehr sollte es nicht sein. Mit diesem Gedanken bezahlte er die Hure und klopfte Lothar auf die Schulter.
»Willst du gleich nach Hause gehen, oder sollen wir noch einen Becher Wein auf deinen ersten Stoß trinken?«
Lothar fand die Bemerkung etwas derb, begriff aber, dass Kranz’ Aufforderung einem Befehl gleichkam, und folgte ihm. Als sie kurz darauf in einer Schenke zusammensaßen, hob der Magister seinen Becher.
»Auf dein Wohl, Lothar, und darauf, dass du dich heute als richtiger Mann erwiesen hast.«
Einige Studenten, die ebenfalls in der Schenke saßen, hörten es und stießen sich gegenseitig an. »Man sollte bei so einem schmalen Bürschchen nicht glauben, dass er es faustdick hinter den Ohren hat!«, rief einer laut genug, damit Kranz und Lothar es hören mussten.
»Er hat ja nicht nur seinen Degen in die richtige Scheide gesteckt, sondern auch Faustus mit einem einzigen Schmetterhieb zu Boden geschlagen«, erzählte ein anderer.
Während Lothar rote Ohren bekam, nickte Kranz zufrieden. Faustus und Isidor hatten nur wenig Freunde unter den anderen Studenten, während Lothar recht beliebt war.
»Für die beiden wäre es besser, die Universität zu wechseln«, murmelte der Magister vor sich hin.
Lothar sah ihn fragend an. »Was habt Ihr gesagt?«
»Nichts! Nur laut gedacht.« Noch während Kranz es sagte, schämte er sich, weil er das Problem mit Faustus nicht lösen, sondern einer anderen Universität aufhalsen wollte. Er war jedoch gezwungen, auf das Ansehen der eigenen Fakultät zu achten, und für diese war es am besten, wenn Faustus und Isidor verschwanden, ohne Aufsehen zu erregen.
Nun aber wollte er Lothar den anderen Studenten überlassen und stand auf. »Ich gehe nach Hause. Du kannst noch ein wenig bleiben und deinen Becher austrinken.«
Nach diesen Worten reichte Kranz der Schankmaid ein paar Münzen, winkte ab, als sie herausgeben wollte, und verließ das Wirtshaus.
Lothar sah ihm nach und seufzte. Zwar hatte es ihm gefallen, sich mit jener Hure zu paaren, gleichzeitig aber hielt er es für eine Sünde, seine Lust bei einer anderen Frau zu stillen als bei einem ihm vor Gott angetrauten Weib. Doch bis sein Vater ihn verheiratete, würden noch etliche Jahre vergehen.
»Na, du Held! Wie hat es dir gefallen, einem Weib zwischen die Beine zu steigen?«, fragte ihn einer der anderen Studenten geradeheraus.
»Ganz gut«, antwortete Lothar, weil er wusste, dass der andere genau das hören wollte.
Damit war er im Kreis der Kommilitonen aufgenommen. Sie setzten sich zu ihm, stießen mit ihm an, und so blieb es nicht bei einem oder zwei Bechern. Erst spät in der Nacht verließ Lothar Arm in Arm mit zwei Studenten die Schenke. Auf dem Heimweg grölten sie aus voller Kehle ein anzügliches Lied und spotteten über die Bürger, die sich in ihrer Nachtruhe gestört fühlten und schimpften. Einmal erhielten sie sogar einen kalten Guss von oben, doch war es nur Wasser und nichts Schlimmeres. Die Studenten lachten darüber und erreichten kurz darauf lärmend ihr Quartier.
Auf dem Weg zu seiner Kammer begegnete Lothar Faustus. Dieser starrte ihn wütend an, wagte es aber nicht, gewalttätig zu werden. Mit einem gewissen Spott klopfte Lothar ihm auf die Schulter.
»Bleib mir vom Leib, sonst werde ich das nächste Mal härter zuschlagen!« Damit ließ er ihn stehen und betrat seine Kammer.
Lothar schloss die Tür hinter sich, drehte sich um – und erstarrte. Auf dem einzigen Stuhl seiner Kammer saß sein Vater und blickte ihm mit tadelnder Miene entgegen. In dem Augenblick hätte er sich am liebsten ins nächste Mauseloch verkrochen. Da dies nicht ging, wollte er eine Verbeugung andeuten und kippte vornüber.
Magnus Gardner griff gerade noch rechtzeitig zu, um zu verhindern, dass sein Sohn mit der Stirn gegen die Tischkante schlug. Mit grimmiger Miene stellte
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