Flammen über Arcadion
Trümmerteilen im Inneren zu schaffen. Wie es aussah, brachten sie Seile und Netze daran an, um die Kapsel und auch alles andere abzutransportieren.
In diesem Augenblick bemerkte Jonan, dass in einer Seitengasse ein weiterer Templer stand. Eine schlaffe Frauengestalt hing über seiner gepanzerten Schulter. Jonan erkannte das seltsam bis zu den Knien hochgezogene weißgraue Wollkleid, die schlanken Beine darunter und die Schnürschuhe sofort. Carya!
Er fluchte unterdrückt. Was mache ich jetzt nur? , fragte er sich verzweifelt. Jeder Versuch eines Angriffs war der pure Selbstmord. Mit dem halben Dutzend Gangmitgliedern wäre er vielleicht noch fertig geworden, aber die fünf Templer waren ihm weit überlegen. Sie wollen sie mit dem Phantom wegbringen , erkannte er. Sie werden mit ihr nach Arcadion fliegen, und es gibt absolut nichts, was ich dagegen unternehmen kann.
Er erinnerte sich an den Schwur, den er Giac gegenüber geleistet hatte, und an das erst vor Minuten in Caryas Ohr geflüsterte Versprechen. Er hatte gesagt, dass er immer bei ihr sein würde, dass er sie beschützen würde, bis zuletzt. Das hatte ja großartig geklappt! Der Lux Dei hatte ihnen mit dem Angriff der Motorradgang eine Falle gestellt, und er war heldenhaft hineingetappt. Die Erkenntnis, dass sich auch der Orden Jonans Machtlosigkeit offenbar bewusst war und ihn daher gegenwärtig wie ein nachrangiges, nicht länger beachtenswertes Ärgernis behandelte, verstärkte nur noch die bittere Note seiner Lage.
Von ohnmächtiger Wut und Verzweiflung erfüllt, musste Jonan zusehen, wie die Templer Carya in den Phantom einluden und anschließend selbst einstiegen.
»He!«, schrie einer der Gangleute. »Ihr habt uns noch Waffen und vor allem Munition versprochen! Was ist damit?«
Der letzte Templer drehte sich im Eingang um. »Ihr bekommt eure Munition«, sagte er.
In der nächsten Sekunde begannen die vier nadelartig aus dem Hubschrauberleib hervorragenden Bordgeschütze des Phantom zu brüllen. Fast einen Meter lange Mündungsfeuer stachen aus den Rotationsläufen, die der Motorradgang in rasender Geschwindigkeit Kugeln entgegenschleuderten.
Entsetzt riss Jonan die Augen auf und warf sich auf die Erde. So flach er konnte, presste er sich auf den Boden und hielt sich die Ohren zu, während die Geschütze des Hubschraubers den Dorfplatz etwa auf Hüfthöhe kreisförmig in Schutt und Asche legten.
Das Waffenfeuer währte keine zehn Sekunden. Dann nahmen die Rotoren des Phantom an Geschwindigkeit auf, und der Hubschrauber hob sich in den Himmel. In einem Netz unter seinem Bauch hingen die Kapsel und die anderen Trümmerteile des Raketenflugzeugs.
Jonan rappelte sich auf und ließ seinen Blick über den Dorfplatz schweifen. Dort lebte niemand mehr. Er hob den Kopf und sah dem Fluggefährt des Lux Dei nach, das nach Süden abdrehte und davonflog.
Carya , dachte er. Bitte halte durch. Ich komme dich holen. Das schwöre ich.
Kapitel 32
Carya erwachte, doch die Welt um sie herum blieb dunkel. Sie saß auf irgendeinem hart gepolsterten Sitz, und ein konstantes Brausen erfüllte ihre Ohren. Der Boden zitterte leicht unter ihren Füßen. Anscheinend befand sie sich in einem Fahrzeug, und jemand hatte ihr die Augen mit einem Tuch verbunden.
Sie versuchte sich zu bewegen, musste jedoch feststellen, dass eine Art starres Geschirr vor ihrer Brust hing und man ihr zudem die Hände gefesselt hatte. Ihre Hoffnung, die Begegnung mit dem Schwarzen Templer im Dorf der Mutanten möge nur ein böser Traum gewesen sein, war ohnehin bereits gering gewesen. In diesem Moment löste sie sich gänzlich in Luft auf.
Sie haben mich erwischt , ging es ihr durch den Kopf, der von dem brutalen Schlag des Templers noch immer schmerzte. Ihr Magen verkrampfte sich, und die Angst schnürte ihr die Kehle zu. Beinahe wünschte sie sich, der Soldat in seiner Kampfpanzerung hätte seine Kraft falsch eingeschätzt und sie mit dem Hieb gegen die Schläfe getötet. Dann hätte sie es hinter sich gehabt, und all das Leid, das zweifellos vor ihr lag, bliebe ihr erspart.
Andererseits war, solange sie noch lebte, nicht alles verloren. Vielleicht kam sie frei, bevor die Inquisition sie auf den Richtblock binden konnte. Jonan war bestimmt bereits auf dem Weg, um sie zu retten. Seine Aussichten auf Erfolg mochten lachhaft gering sein, aber an irgendetwas musste sie sich klammern, um nicht verrückt zu werden.
»Die Gefangene scheint wach zu sein«, stellte eine blechern verzerrte Stimme
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