Flammen um Mitternacht
Telefon
klingelte.
„Lokalredaktion.
Re hm.“
Eine
Frauenstimme hüstelte.
„Taaag, Herr
Rehm.“
Gunter
erkannte die Stimme sofort. An seinem Schnauzbart bogen sich die Spitzen auf.
„Tag,
Fräulein Schoeffe.“
Honolds
Liebchen hüstelte abermals.
„Ich... weiß
nicht, wie ich anfangen soll...“
Sie sprach
nicht weiter, Gunter ließ ihr Zeit.
Dann sagte
er: „Versuchen Sie’s von vorn!“
„Es ist...
weil... ich will weg von ihm.“
„Von
Honold?“
„Ja. Dieser
Lump! Er betrügt mich. Mit ganz billigen Weibern. Die eine hat ganz kurze
Haare. Wie ein Igel.“
„Der hat
Borsten. Womit kann ich Ihnen helfen? Läßt Honold Sie nicht gehen?“
„Nein! Er
droht mir. Er behandelt mich wie Besitz, den er käuflich erworben hat. Als wäre
ich eins seiner Möbel.“
„Schlimm!“
„Ich will
aber weg von ihm!“ brach’s aus ihr heraus. „Ich hasse ihn. Von mir aus kann er
verrecken. Ich will ein neues Leben beginnen. Ohne ihn!“
Gunter hatte
den Hörer 20 Zentimeter vom Ohr entfernt.
Als sie
schwieg, holte er ihn wieder heran.
„Ihr Vorhaben
ist verständlich und wäre zu loben. Aber weshalb rufen Sie mich an?“
„Sie waren
nett zu mir. Sie haben die... äh... Verbrecher verjagt.“
„Das hätte
jeder getan.“
„Nicht
jeder. Die meisten sind feige.“
„Mag sein.“
Allmählich
wurde er ungeduldig. Zwar spürte er, daß sie noch was im Handtäschchen hatte.
Aber seine Zeit reichte nicht endlos.
„Ich bin
nicht feige. Ich habe Mut, Herr Rehm. Und das neue Leben werde ich ehrlich
anfangen. Ich will den Schmutz abstreifen, der an mir haftet, und ihn
ausliefern.“
„Welchen
Schmutz wollen Sie ausliefern?“
Er fragte
zwar, hatte aber längst erfaßt, daß sie natürlich ihren Macker ausliefern
wollte und nicht Missetaten, die sie wie Dreck auf der Haut spürte. Aber —
Gunter konnte an sein Glück noch nicht glauben. Nichts wünschte er sich mehr
als Zeugen oder Zeugin gegen wenigstens einen der Menschenhändler. Sollte
ausgerechnet Claudia Schoeffe das sein?
„Werner
Honold, diesen Schmutzfleck“, sagte sie harsch.
„Wie
ausliefern?“
„Ich dachte,
Sie wüßten, was er treibt.“
Ihre Stimme
bibberte.
„Teils,
teils“, erwiderte Gunter unbestimmt und ausweichend. „Also, was meinen Sie?“
„Falls Sie’s
nicht wissen, wird es Sie als Pressemenschen bestimmt interessieren. Honold
gehört nämlich zu diesen Menschenhändlern, die gewissen Baulöwen illegale
Arbeiter — Ausländer, fast immer — vermitteln. Die müssen für einen Lohn
arbeiten — für einen Lohn, sage ich Ihnen! In die hohle Hand geblasen, wäre
dagegen generös (großzügig).“
„Aha!“ sagte
der Pressemensch.
„Hier in der
Wohnung sind schriftliche Beweise seiner Tätigkeit, Herr Rehm.“
„Tatsächlich?“
„Rechnungen,
Quittungen, Zahlungsanweisungen, Verträge.“
„Welcher
Art?“
„Zwischen
Honold und den Baufirmen. Denn die Baufirmen müssen ja vor dem Finanzamt
nachweisen, wo sie ihr Geld gelassen haben. Wenn sich’s um Lohnzahlungen
handelt, müßten außerdem Belege über Sozialabgaben vorhanden sein. Aber die
werden nicht entrichtet — ebensowenig wie die Steuern. Das ist ja der Trick an
der Sache. Der Bauunternehmer spart dieses beträchtliche Geld, der Verleiher —
Honold, also — ebenfalls. Beide teilen sich den Gewinn, und sie mästen sich
außerdem an den Löhnen, die sie den Arbeitern vorenthalten. Denn, wie gesagt,
die kriegen nicht mal die Hälfte von dem, was ihnen zusteht. Aber — und nun
kommt’s — die Baufirmen brauchen Belege. Also schreibt Honold ihnen Rechnungen,
an denen nichts stimmt. Beispielsweise Rechnungen über Lieferung von
Baumaterial. So läuft das, Herr Rehm. Und der ganze Schreibkram ist hier. Die
geheime Buchführung über die Kanaken — wie Honold seine Arbeiter nennt. Und die
gefälschten Belege.“
Gunter wußte
das alles. Das und noch mehr von den Tricks dieser Ausbeuter. Aber daß ihm der
Erfolg jetzt auf einem Silbertablett serviert wurde, hätte er sich nicht
träumen lassen.
„Sie wollen
mir diese Beweise überlassen?“ vergewisserte er sich.
„Sage ich
doch.“
„Einfach
so?“
Er
erwartete, daß sie Geld forderte, denn sicherlich stand ihr der Sinn nicht nur
nach Rache. Doch ihr Begehren war mehr ideeller Natur.
„Ich möchte,
daß Sie mir helfen, Herr Rehm, wie Sie mir schon einmal geholfen haben. Wenn
ich Ihnen die Sachen gegeben habe, sitzt Honold im Knast. Das geht dann
automatisch. Aber nicht nur er
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