Flammenbraut
hier gewesen sein, es liegt so viel Müll herum. Es hat aber eine seltsame Farbe.«
James’ Nacken begann zu prickeln. »Farbe?«
»Erst dachte ich, es wäre braun wie eine Bierflasche – davon gibt es viele hier unten –, aber es ist tatsächlich schwarz. Vielleicht ein Dekoobjekt …«
Seine Stimme verlor sich in der Ferne, als James den Hügel hinaufrannte.
43
Samstag, 11. September
Edward Corliss schien überrascht, Theresa vor seiner Tür zu sehen. »Oh, hallo. Kommen Sie doch rein.«
Sie entschuldigte sich, dass sie ihn unangekündigt überfiel, und sprach ihm ihr Beileid zum Tod seines Freundes aus, während sie ihm ins Haus folgte. Er dankte ihr, tat das Mitgefühl jedoch mit einem Schulterzucken ab. »Ich kann nicht sagen, dass William und ich gut befreundet gewesen wären. Es tut mir natürlich leid für ihn, aber mehr noch für mich. Es ist seltsam, wenn die Gewalt so nahe bei einem zuschlägt. Und in meinem Alter beginnt man den Tod von Gleichaltrigen persönlich zu nehmen, als ob einen die Zeit daran erinnerte, dass die eigene begrenzt ist.«
Doch trotz seines ruhigen Tonfalls steuerte er nicht auf das elegante Wohnzimmer zu, sondern auf den Trost des Modellraumes. Die Züge fuhren schnaufend zwischen den Miniaturgebäuden und Hügeln hindurch, die winzigen Räder ratterten leise über winzige Schienen.
Theresa umkreiste die künstliche Stadt und bemerkte Einzelheiten, die ihr bei ihrem ersten Besuch gar nicht aufgefallen waren. Unter der künstlichen Wasseroberfläche des Sees war etwas zu sehen, das wie Fische aussah. Die Spitze des Terminal Tower leuchtete auf. Der Zug der Waterfront Line warb auf einer Seite für die Rock and Roll Hall of Fame. Theresa spazierte weiter um das Modell herum und wartete darauf, dass Edward Corliss Fragen stellte. Die Menschen hatten immer Fragen zu einem Mord.
Außer ihm. Er beugte sich über die rostbraune Center-Street-Schwenkbrücke und lötete die Naht an einem Gleisstück. Wo war ihr in letzter Zeit Lötzinn begegnet? Jablonski und seine übergroße Kamera, nachdem sie im Keller des Pullman-Gebäudes auf ihn gefallen war.
Jablonski, der ohne Probleme in ihr Haus eingedrungen war und sich mit ihrem Hund angefreundet hatte, der an ihrem Computer gesessen hatte, wo die Katze gerne schlief. Jablonski in seinen bequemen Baumwollsachen, an denen alles haften blieb. War das letzte Nacht wirklich sein erster Besuch gewesen?
»Möchten Sie eine Tasse Tee?«, fragte Corliss.
»Nein danke. Ich bin hier, um Sie um Hilfe zu bitten«, sagte Theresa und erkundigte sich, ob William Van Horn oft in der Nähe des Gebäudes der Preservation Society gezeichnet hatte.
»Ja. Hat er das auch getan, als sie ihn ausgeraubt haben?«
Theresa berichtigte ihn nicht, dass man ihn sicher nicht ausgeraubt hatte und es auch nur ein Täter gewesen war. »Ich glaube es, zumindest habe ich ein Stück einer Zeichnung gefunden. Ich hatte gehofft, dass Sie mir helfen könnten, das Gebiet abzugehen, herauszufinden, an welchem Ort er gezeichnet haben könnte.«
»Oh. Das sah William ähnlich. Das einzig Menschliche an ihm war seine Kunst.« Corliss richtete sich auf und steckte den Lötkolben aus, der einen sandigen, metallischen Geruch in der Luft zurückließ. »Ich meine das nicht so abwertend, wie es klingt. Er war ein ausgezeichneter Präsident der Gesellschaft, und ich werde mich schwertun, in seine Fußstapfen zu treten. Aber er war, nun ja …«
»Ein recht introvertierter Mensch.«
»Genau.« Corliss prüfte das Gleis mit einem Finger, offensichtlich zufrieden mit dem Ergebnis.
»Ich denke, Sie werden einen sehr guten Präsidenten abgeben.«
»Danke.«
»Dann bekommt die Gesellschaft jetzt also doch den Nachlass der Pennsylvania Railroad?«
Er hob eine Augenbraue leicht an, als ob er das geschmacklos fände, sie aber nicht in Verlegenheit bringen wollte, indem er es laut aussprach. »Ja. Lassen Sie mich das hier kurz fertig machen.« Er ging zu einem kleinen Tisch in der Zimmerecke und kam mit einem offenen Plastikbehälter zurück, den er ihr reichte. »Würden Sie mir die Ehre erweisen, Miss MacLean, bevor wir zu den Schienen fahren? Ich möchte es richtig Winter werden lassen in der Stadt, bevor der echte Winter Einzug hält.«
Theresa nahm den Behälter mit dem künstlichen Schnee entgegen. Je eher sie den Sitz der Preservation Society nach Spuren von Van Horns Entführung überprüfte, desto eher konnte sie nach Hause zu ihrer Tochter, doch der Mann vor ihr hatte
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