Flammenbraut
überwunden und gelernt, seine Opfer so zu verstecken, dass niemand sie je finden würde.«
»Wo?«
Edward lächelte und schüttelte den Kopf. »Einmal Wissenschaftlerin, immer Wissenschaftlerin. Ich weiß es nicht. Nachdem ich einen halben Mann in unserem Keller gefunden hatte – in diesem Keller, ich zeige Ihnen den Raum –, prostete ich ihm im Stillen mit dem Bier zu, das ich genommen hatte, und ging zurück an meine Hausaufgaben. Als mein Vater wieder nach Hause kam von welcher Erledigung auch immer – wahrscheinlich hatte er sich der anderen Hälfte des Mannes entledigt –, wusste er nicht, dass man in sein Heiligtum eingedrungen war, und ich habe nie etwas zu ihm gesagt.« Er nahm ein fleckiges Handtuch und begann vorsichtig die weißen Klümpchen von Theresas Fingern zu wischen. »In all den Jahren habe ich nichts gesagt, auch wenn ich es hätte tun sollen. So wie er mich manchmal angesehen hat … er wollte es mit seinem einzigen Kind teilen. Das ist doch normal, dass Eltern so etwas tun, oder? Teilen Sie Ihre Geheimnisse nicht mit Ihrer Tochter? Mein Vater hat es mir nie erzählt, aber ich schlich mich immer heimlich in den Keller, sodass ich ihm zusehen konnte.«
»Wie …«
»Aber ich habe nie selbst getötet.« Er trat noch näher an sie heran, musterte ihr Gesicht. »Die Dämonen meines Vaters waren nicht die meinen. Wenngleich die Versuchung da war – wenn man auf der Straße arbeitet, Theresa, lernt man eins über Menschen: dass die meisten von ihnen Schafe sind. Sie tun immer wieder dasselbe, bis ihnen jemand sagt, sie sollen etwas anderes machen, und dann tun sie das so lange, bis sie neue Anweisungen erhalten. Langweilig, wirklich. Aber ich habe nie jemandem etwas getan, bis diese blonde Hure hier vor meiner Tür erschien. Ich muss gestehen, dass ich enttäuscht von Ihnen bin, Theresa. Sie haben eine Woche gebraucht, um das herauszufinden, wofür diese kleine Dumpfbacke zwei Tage gebraucht hat.«
Theresa wollte sich am Tischrand festhalten, erwischte aber stattdessen den Behälter mit dem künstlichen Schnee. Sie wollte ihn schon fallen lassen, überlegte es sich dann aber noch einmal. Wenn sie das Modell beschädigte, war nicht vorauszusehen, was Corliss tun würde, und außerdem weckte das Etikett ihre Aufmerksamkeit: Polyäthylen.
»Zugegeben, es war nur eine Vermutung von ihr. Sie hatte den Namen meines Vaters in diesem Notizbuch gefunden …«
»Was für e…«
»Ein kleines Büchlein von ihrem Großvater. Er hatte sich Notizen über Arthur gemacht, und dann hat sie seinen Namen in den Bauplänen gefunden. Ich bin im Telefonbuch zu finden, also stand sie plötzlich vor meiner Tür.«
Künstlicher Schnee. Polyäthylen, das wie winzige Schneeflocken aussah … flache runde Dinger.
Sie konnte selbst nicht glauben, wie langsam ihr Gehirn arbeitete. Gearbeitet hatte.
So freigiebig, wie er den künstlichen Schnee verteilt hatte, musste er sich quasi überall festgesetzt haben, ebenso wie das Fell ihrer Tiere.
»Sie hatte keinen endgültigen Beweis, dass mein Vater der Mörder war, dachte sich aber, dass die Indizien ausreichen würden. Es war ihr wahrscheinlich sogar egal. Sie hatte nur diese wahnsinnige Idee, dass wir durch die Talkshows tingeln und sie das Beste aus ihren fünfzehn Minuten Ruhm herausholen könnte. Aber ich wusste es mit Sicherheit, weshalb ich ihr das Notizbuch abnehmen musste.«
Hier hatten sie gekämpft – Kim war mit dem Arm gegen den heißen Lötkolben gestoßen, als Corliss sie würgte, hatte die frisch gestrichene Schwenkbrücke beschädigt und ihn dadurch nur noch wütender gemacht. Durch den Kampf waren Farbe und künstlicher Schnee in ihre Haare gelangt.
Physische Beweise vertrieben den Nebel. Jetzt wusste Theresa Bescheid.
Danach hatte Corliss Kim in die Werkstatt seines Vaters gebracht und einen Teil ihres Halses entfernt, um die Würgemale zu verschleiern und ihren Tod wie die Tat seines Vaters vor vielen Jahren aussehen zu lassen.
»Wo ist das Notizbuch?«, brachte sie mehr oder weniger zusammenhängend heraus.
»Ich habe es verbrannt.«
Eines ihrer Knie knickte ein, und sie ließ den Behälter fallen, um sich schwer auf die Tischplatte zu stützen. So wenig blieb von James Miller und seiner Zeit auf dieser Erde, und Corliss hatte noch etwas von ihm zerstört.
»Ich hielt es für klug«, fügte Corliss hinzu, vielleicht als Reaktion auf den schmerzvollen Ausdruck auf ihrem Gesicht. »Zu schade, dass ich sie nicht verbrennen konnte. Also habe
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