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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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jeder andere auch wäre, wenn es nichts zu bedeuten hätte, dass ich ein Polizist bin, sondern ich nur ein weiterer Gauner unter vielen wäre, dann … was wäre dann der Sinn?«
    »Sinn? Dein Leben muss also einen Sinn haben?«
    Wie sie es sagte, klang es lächerlich, und doch … »Ja. Gilt das nicht für jeden?«
    Sie starrte ihn so lange an, dass er erwartete, sie würde entweder jeden Moment in Tränen oder in Gelächter ausbrechen. Doch schließlich stand sie nur auf und ging mit ihrer Zeitschrift wortlos aus dem Zimmer. Sie konnten einfach nicht vernünftig miteinander reden.
    Helen hatte ihre Eltern begraben, die Farm verlassen und die Geburt von Johnny mit nicht viel mehr als einem leisen Wimmern überstanden. Sie konnte Not durchaus aushalten, wenn sie wusste, dass es keine Alternative gab. Doch was in James’ Augen als Integrität galt, betrachtete sie als willentliche, sinnlose Entbehrung. Brodelnde Wut hatte die frühere Bewunderung für ihn verdrängt, aber er wusste nicht, was er daran hätte ändern können. Sie hatten außer einander niemanden in der Stadt, mit dem sie reden konnten, und in letzter Zeit konnten sie nicht einmal das.
    James wärmte den Kaffee auf und wünschte sich nicht zum ersten Mal, er hätte sich einen Schuss Bourbon dazu leisten können. Aber wenn es bedeutete, seiner Frau diesen Fiesta-Quatsch vorzuenthalten, dann konnte er sich den Alkohol auch nicht zugestehen. Vielleicht sollte er doch nachgeben. Welchen Unterschied würde ein weiterer korrupter Cop schon machen, es gab ja schließlich längst genug in der Stadt.
    Sein Blick fiel auf die zwei Tabletten, ein greifbareres Thema als seine Ehe mit klareren Antworten. Wann machte der Drugstore gleich noch mal auf?

13
    Mittwoch, 8. September
    Theresa schloss die Transkription des Notizbuches aus James Millers Tasche ab, bis auf einige Seiten, die zu sehr verklebt waren. Er hatte definitiv in einigen der Torso-Morde ermittelt. Er hatte sogar eine Skizze von einem der Tatorte in Kingsbury Run angefertigt, dem Gebiet, das unter dem Namen Jackass Hill bekannt war. Zwei traurige Strichmännchen ohne Kopf repräsentierten die Opfer. Eines war mit einem A gekennzeichnet, wahrscheinlich stand es für Edward Andrassy, eines der wenigen identifizierten Opfer. Über der anderen Figur prangte ein großes Fragezeichen.
    Am Seitenrand hatte er sich notiert: Nicht Helen erzählen.
    Seiner Frau? Was sollte er ihr nicht erzählen? Und warum?
    Nicht dass Theresa nicht selbst ihrer Tochter, ihrem Exmann und ihrer Mutter Unmengen an alltäglichen Kleinigkeiten vorenthalten hätte. Kleine Einzelheiten, über die bei der Arbeit oder im Schönheitssalon nicht gesprochen werden durfte, weil man nie wusste, wer mit wem darüber redete, und das Wissen oder Nichtwissen konnte einen Verdächtigen verurteilen oder entlasten. Manches war auch einfach zu abstoßend oder verstörend, um es auf Unbeteiligte loszulassen. Diese Art von Arbeit konnte ganz schön einsam machen, wenn man immer darauf achten musste, was man sagte, immer das eigene Leben abgrenzte, um andere zu schützen.
    Das Infrarotspektrometer gab ein Piepsen von sich; es hatte seine Durchsuchung der Datenbank beendet, nach einem Spektrum, das dem der zwei weißen Brocken aus Kim Hammonds Haar entsprach. Unter dem Stereomikroskop hatten sie beinahe rund ausgesehen, leuchtend weiß und weich wie Plastik. Das Fourier-Transform-Infrarotspektrometer funktionierte über Transmission, Licht wurde auf den Untersuchungsgegenstand geschickt und reflektiert. Dadurch wurde ein Spektrum erzeugt, das die funktionellen Gruppen in den Molekülen zeigte. Polyäthylen. Wunderbar. Eines der am weitesten verbreiteten Polymere.
    Die Linien verschwammen vor ihren Augen, und sie gähnte. Sie hatte in den letzten Jahren nicht gut geschlafen, ganz besonders seit dem Drama in der Notenbank. Manchmal konnte sie immer noch spüren, wie sich der Gewehrlauf in ihren Körper bohrte – noch etwas, das sie und James Miller gemeinsam hatten. Doch sie hatte überlebt. James hatte nicht so viel Glück gehabt.
    Das Telefon auf ihrem Arbeitstisch klingelte, und sie stieß sich das Schienbein, als sie um das FTIR -Spektrometer herumhastete.
    »Spreche ich mit Theresa MacLean?«, fragte eine ältere Dame, deren Stimme leicht zitterte.
    »Ja.«
    »Ermitteln Sie in den Torso-Morden?«
    Wieso war der Anruf nicht von der Zentrale abgefangen worden? Alle Anrufe wurden über das Polizeirevier geleitet, wo es eine Reihe von Telefonisten gab,

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