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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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die es gewohnt waren, sich mit Sonderlingen und Verrückten und den Menschen auseinanderzusetzen, die einfach nur über Clevelands farbenfrohe Vergangenheit reden wollten. »Ich muss Sie leider weiterverweisen …«
    »Ich habe Ihren Namen in der Zeitung gelesen. Ich möchte mit Ihnen über denjenigen sprechen, der den Mann aus dem Gebäude an der Pullman Street getötet hat.«
    »Da müssen Sie sich an die Polizei wenden.«
    »Mit denen habe ich schon geredet. Seit achtzig Jahren rede ich mit denen, und sie haben mich nie ernst genommen. Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    Achtzig Jahre? »Das weiß ich zu schätzen, aber ich bezweifle, dass ich …«
    »Niemals zweifeln, junge Dame. Die Welt wartet nur auf ein Zeichen des Zweifelns, damit sie einen lähmt und man nie vom Fleck kommt. Ich habe mich als Armeekrankenschwester verpflichtet und den Zweiten Weltkrieg im Pazifik verbracht. Dann habe ich ein Waisenhaus aufgebaut, bin die Chinesische Mauer entlanggewandert, habe eine Bank auseinandergenommen und drei Kinder großgezogen. Niemals zweifeln.«
    »Okay«, erwiderte Theresa. »Und Sie wissen etwas über den Mörder von James Miller?«
    »Das sollte ich wohl.«
    »Warum?«
    »Weil er auch mich beinahe getötet hätte.«
    Theresa rief Frank an, der ihr versicherte, dass sie nach Belieben in einem vierundsiebzig Jahre zurückliegenden Mordfall ermitteln konnte und sich keine Sorgen zu machen brauchte, dem CPD in die Quere zu kommen, da man sich dort auf den aktuellen Mordfall konzentrierte. »Wenn du eine alte Dame im Heim besuchen möchtest, dann tu das ruhig.«
    »Ihr Name ist Irene Schaffer Martin – als junges Mädchen hieß sie nur Irene Schaffer. Wenn sie sich wirklich an die Leute aus dem Haus erinnern kann …«
    »Und noch nicht vollkommen senil ist«, vervollständigte Frank ihren Satz, »dann ja, dann könnte uns das weiterbringen.«
    »Man möchte meinen, der Mord an einem Kollegen würde dich mehr interessieren.«
    »Unterlagen von damals legen nahe, dass mein Kollege Ärger hatte mit Harwood, einem örtlichen Polizeiboss, und ich sehe keinen Grund, warum ich das bezweifeln sollte.«
    »Enthauptete dieser Harwood öfter seine Gegner in der Art des Torso-Mörders?«, konterte Theresa.
    »Apropos«, umging Frank eine direkte Antwort, »die Mordkommission hat allein heute Morgen fünfundzwanzig Anrufe von Leuten erhalten, deren Urgroßvater und entfernter Onkel oder früherer Nachbar ihnen angeblich gesagt hat, wer der Torso-Mörder war. Einer war sogar dabei, der sich selbst für den Torso-Mörder hielt, auch wenn er erst in den späten Fünfzigerjahren geboren wurde. Behalt bitte auch im Hinterkopf, dass jeder einzelne Polizist hier über ein Jahrzehnt ohne Ergebnis an dem Fall gearbeitet hat. Selbst Eliot Ness, der Unbestechliche, hat das Rätsel nicht lösen können. Mein eigener Captain meinte zu mir, dass er nicht weiß, ob es nun als Belohnung oder als Bestrafung zu sehen ist, wenn er mir den Fall übergibt. Währenddessen habe ich hier eine Einundzwanzigjährige ohne Kopf, also entschuldige bitte, wenn ich diesen Fall als ein wenig dringlicher betrachte, vor allem, da ja nichts die Aufmerksamkeit der Medien mehr erregt als der brutale Mord an einem jungen Menschen. Sprich also gern mit der alten Dame, und wenn sie irgendetwas Vernünftiges oder auch nur Plausibles zu vermelden hat, dann komme ich und nehme ihre Aussage auf. Okay?«
    »Okay.« Vielleicht war es so wirklich am besten. Die Frau hatte nichts von der Polizei wissen wollen, und angesichts Franks aktueller Laune ging es Theresa ganz ähnlich.
    »Hast du gehört …«
    »Wo wir gerade von James Miller sprechen«, unterbrach Theresa ihn, »hast du schon die ballistischen Ergebnisse bekommen?«
    »Die müssen erst noch den Rost entfernen, bevor sie einen Testschuss abgeben können. Sag mal, vielleicht willst du dir gleich noch das Pflegeheim ansehen, wenn du schon dort bist. Jetzt, wo du die Lebensmitte durchschritten hast.«
    »Du bist doch noch älter als ich. Und außerdem handelt es sich um eine Wohnanlage für Rentner.« Theresa legte auf und genoss etwa zehn Sekunden ohne Störung, bevor Leo mit einem Massenspektrometer-Bericht und einem Mobiltelefon vor ihrem Tisch auftauchte, als ob er jede Sekunde U.S. News & World Report anrufen wolle. »Was ist los?«
    »Äh … nichts.«
    Besser sich später entschuldigen, als jetzt um Erlaubnis zu bitten; besser, Irene Schaffer gleich zu überprüfen, bevor man die Sensationsjournalisten auf

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