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Flammenbraut

Flammenbraut

Titel: Flammenbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Black
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unordentliche Stapel mit Zeitungen und einen schlafenden Hund. James ging durch die Hintertür ins Freie. Walter bog stattdessen in das Büro der Architekten ab, zweifellos, um sich mit der hübschen Sekretärin bekannt zu machen.
    Einer der beiden Männer hinter dem Haus hatte sich abgewandt und hielt nun in einer fleckigen Strickjacke und so fadenscheinigen Hosen, dass seine Unterwäsche zu sehen war, auf Kingsbury Run zu. Er hatte einen eigenartigen Gang, hob seinen rechten Fuß höher als den linken. James bemerkte erst nach einem Moment, dass sich die Sohle vom rechten Schuh des Mannes an den Zehen gelöst hatte, sodass er den Fuß besonders hochheben musste, um nicht bei jedem Schritt darüberzustolpern.
    »Guten Tag«, sagte der andere Mann. Seine Hosen waren in gutem Zustand, und sein weißes Hemd war sauber und frisch. Er hatte volles, braunes Haar und hellblaue Augen mit noch helleren Flecken. Sie erinnerten James an Gingerale, nicht wegen der Farbe, sondern wegen des Funkelns. Der Mann schien etwa fünfunddreißig zu sein. »Wie geht es Ihnen an diesem wunderbaren Nachmittag?«
    »Gut, und selbst?«
    »Recht gut.«
    James nickte in Richtung des sich entfernenden Mannes. »Wohin geht Ihr Freund?«
    Der Mann lächelte freundlich und setzte sich auf eine niedrige Bank, auf der ein Teller mit zwei Sandwiches und drei schwarzen Getränkeflaschen stand. »Wahrscheinlich will er auf einen Güterzug zurück nach Pittsburgh aufspringen, um dort nach Arbeit zu suchen. Ich kenne ihn nicht, wir sind nur ins Gespräch gekommen und haben uns das Essen geteilt. Ich habe Corned Beef von Mike’s auf der Thirtieth und Kekse, die meine Haushälterin gebacken hat. Möchten Sie etwas?«
    »Nein danke.«
    »Oder eine Limonade? Mission Orange. Ich kann gar nicht genug bekommen von dem Zeug.«
    Die Augen des Mannes kamen in dem Moment auf James’ Schuhen zu ruhen, als dieser an dem entschieden freundlichen Ton des anderen erkannte, dass er ihn für einen Landstreicher gehalten hatte. Einen Herumtreiber, der nach einem Almosen suchte.
    Genau in diesem Moment knurrte James’ Magen so laut, dass es noch eine Straße weiter zu hören war. Er hätte mit Walter im Terminal Building zu Mittag essen sollen. »Ich bin Polizist.«
    »Oh. Es … es tut mir leid. Ich hätte Sie nach Ihrem Beruf fragen sollen. Die meisten Männer, die durch diese Stadt streifen, wollen nur normalerweise nicht darüber reden, wer sie sind.«
    Oder sich daran erinnern, wer sie einmal waren, fügte James in Gedanken hinzu. »Sie wissen, dass Sie ein weiches Herz haben?«
    »Nein, aber da wir uns so nahe an den Gleisen befinden, kommen viele Männer hier vorbei.« James verstand, was der andere damit meinte. Das weite Tal war ein perfekter Ort, um auf die Züge für illegale Fahrten durch Amerika auf- und wieder abzuspringen. »Sie sind alle immer halb verhungert«, fuhr der Mann fort. »Ich hatte Glück im Leben, weshalb ich mich verpflichtet fühle, davon etwas abzugeben.«
    »Worin hatten Sie denn Glück?«
    »Mein Name ist Arthur Corliss. Ich bin Eigentümer der LEP – der Lake-Erie-Pennsylvania-Eisenbahngesellschaft.« Er stand auf und schüttelte James’ Hand mit einem angenehmen, aber festen Händedruck. Er war so groß wie Odessa, doch mit Walters Gewicht in Muskeln anstelle von Fett.
    »Sie versorgen also dieselben Hobos, die unerlaubt mit Ihren Zügen fahren?«
    »Es ist ja nicht ihre Schuld, dass dieses Land zusammengebrochen ist. Außerdem …«, Corliss grinste verlegen, »… überzeuge ich sie, dass sie die Züge der B&O nehmen sollen.«
    James lachte und kümmerte sich nicht länger darum, dass man ihn für einen Landstreicher gehalten hatte. Ein Blick in den Spiegel würde ihm sagen, dass das gar nicht so weit hergeholt war. Seine Hemden waren so viele Jahre getragen und gewaschen worden, dass sie fast durchsichtig waren. Seine Wangen waren eingefallen.
    »Kennen Sie Ihren Nachbar Louis Odessa?«
    »Dr. Louis? Ja, warum?«
    James ließ es so aussehen, als hätten sie Odessa allein wegen der Vitamintablette konsultiert. »Er scheint ja einige sehr hoch angesehene Klienten zu haben. Macht es ihm etwas aus, dass Sie Landstreicher direkt vor seiner Residenz versorgen?«
    »Nein, nein. Louis ist großzügig im Geiste, wenn auch nicht in Gelddingen. Ich gebe den Menschen nur für den Moment etwas zu beißen, doch Louis hilft den Leuten zu bestimmen, was sie während ihres restlichen Lebens essen sollen.«
    »Interessieren Sie sich für Vitamine

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