Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flammenbrut

Titel: Flammenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
Vom Netzwerk:
Stahlröhrchen gleiten. Dann reichte
     sie den Halm der Ärztin, die sich wieder zur Couch umwandte. In der anderen Hand hielt sie ein Spekulum.
    |192| «Könnten Sie die Beine bitte noch etwas mehr anheben? Ja, so ist’s recht.»
    Kate starrte resolut die nichtssagende Decke an. Sie versuchte, langsam und ruhig zu atmen, spannte aber trotzdem bei der
     ersten Berührung, die sie spürte, die Muskeln an. Das Metall des Spiegels war aufmerksamerweise vorgewärmt worden, und das
     Ganze war nicht einmal unangenehm. Es war nicht schlimmer als ein Abstrich. Trotzdem traten die Knöchel ihrer geballten Fäuste
     weiß hervor. Ihr Herz hämmerte und raste.
    Sie konzentrierte sich auf die Lautsprechermusik. Es war eine bekannte Melodie. Sie hatte selbst eine Version davon auf CD.   Vivaldi. Die vier Jahreszeiten.
Le Quatro Staggioni.
Sie versuchte sich darauf zu besinnen, in welchem Satz sie sich befanden. Frühling? Oder Winter?
    Am anderen Ende der Couch richtete Dr.   Janson sich auf.
    «Gut. Das wär’s.»
    Kate hob den Kopf, um zuzusehen, wie die Krankenschwester mit einem blitzblanken Stahltablett in der Hand vortrat. Dr.   Janson legte Röhrchen und Spekulum darauf und blickte lächelnd auf Kate hinab.
    «Wie fühlen Sie sich? Alles in Ordnung?»
    Kate nickte.
    «Gut. Bleiben Sie einfach noch ein paar Minuten liegen, dann können Sie sich anziehen und nach Hause gehen.»
    «Muss ich irgendetwas beachten?»
    «Nein. Nichts. Ich sehe Sie dann morgen für die zweite Befruchtung, und das war’s für diesen Zyklus. Danach können Sie nur
     die Daumen drücken und abwarten, ob Sie Ihre Periode bekommen oder nicht. Wenn ja, versuchen wir es nächsten Monat nochmal.»
     Sie schenkte Kate ein weiteres Lächeln. «Die Krankenschwester bringt Ihnen gleich eine |193| Tasse Tee oder Kaffee, also entspannen Sie sich einfach ein paar Minuten. Sie brauchen sich nicht zu beeilen.»
    Damit entfernte die Ärztin sich. Die Schwester fragte Kate, was sie trinken wolle, und nahm dann das Instrumententablett mit
     hinaus. Die zusammengeknüllten Latexhandschuhe der Ärztin hatten auf dessen funkelndem Metall wie eine gestrandete Qualle
     ausgesehen.
    Kate legte sich wieder auf die Couch.
    Ich habe es getan!
    Dieser Gedanke war ein stummer, jubilierender Schrei. Sie hatte sich entschieden. Selbst wenn sie nicht in diesem Zyklus schwanger
     wurde, gab es immer noch den nächsten oder den übernächsten. Sie hatte den Sprung endlich geschafft. Jetzt war es nur eine
     Frage der Zeit.
    Die Krankenschwester kehrte mit einer Porzellantasse und einem Teller Kekse zurück.
    «Noch fünf Minuten, und Sie können sich anziehen», sagte sie.
    Als sie den Tee und die Kekse auf den Tisch am Ende der Couch stellte, setzte Kate sich aufrecht hin. Die Krankenschwester
     wandte sich zum Gehen, bückte sich dann aber und hob etwas vom Boden auf.
    «Gehört das Ihnen?»
    Die Frau hielt das goldene Kettchen mit dem Medaillon in der Hand, das Alex ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Kate fuhr
     sich mit der Hand an die Kehle.
    «Es muss sich verhakt haben, als ich mich umgezogen habe. Vielen Dank.»
    Obwohl die Kette sehr leicht war, konnte Kate das Gewicht ihrer kalten Berührung deutlich spüren, als sie sich den Schmuck
     wieder umlegte.
     
    |194| In dem Thai-Restaurant erklang gedämpft die Musik exotischer Saiteninstrumente. Der Gastraum war dunkel, aber an jedem Tisch
     brannten zwei dicke Kerzen, sodass man, wenn man die Gänge dazwischen hindurchging, das Gefühl hatte, durch einen Tempel zu
     schreiten. Die Luft roch nach verbranntem Kerzenwachs, Zitrone und Knoblauch.
    Alex saß bereits am Tisch, als Kate eintraf. Sie hatte es für das Beste gehalten, dass sie getrennt herkamen, statt sich,
     wie in der Vergangenheit, ein Taxi zu teilen. Der Kerzenschein verlieh seinem Gesicht eine melancholische Note; er blickte
     in die Flamme, und Kate fühlte sich mit einem scharfen Stich an ihren ersten Abend bei Lucy und Jack erinnert. Dann blickte
     er auf und sah sie, und sie schob die Erinnerung beiseite.
    «Tut mir leid, dass ich so spät dran bin», sagte sie, während der mit einem weißen Jackett gekleidete Kellner ihr den Stuhl
     zurechtrückte. «Das Taxi ist nicht gekommen, daher musste ich noch eins bestellen.»
    «Macht nichts.» Alex lächelte sie an. «Du siehst   … Also, du siehst toll aus!»
    Sie hatte sich das Haar zu einem Nackenknoten zusammengebunden und trug ein schlichtes langärmliges Kleid in Schwarz. Das
     Medaillon hing um

Weitere Kostenlose Bücher