Flammenbrut
die Leiche nicht identifizieren konnten, haben wir einen
von Dr. Turners Kollegen ins Leichenschauhaus gebracht. Wir dachten, es bestünde vielleicht die Chance, dass er in dem Toten einen
Patienten erkennen würde.»
Bedächtig rieb er die Hände aneinander. Die Bewegung erzeugte ein leises, scharrendes Geräusch.
«Er hat ihn ohne jeden Zweifel als Alex Turner identifiziert.»
Kate sah ihn mit leerem Blick an. «Das ist unmöglich.»
Collins faltete seine Hände, als wolle er sie so davon abhalten, sich weiter aneinander zu reiben. «Er kennt Dr. Turner seit zehn Jahren. Er hatte nicht den geringsten Zweifel.»
«Es ist mir egal, wie lange er ihn gekannt hat. Das war nicht Alex! Um Himmels willen, glauben Sie, ich hätte ihn nicht erkannt,
wenn er es gewesen wäre? Sie brauchen sich nur das Foto anzusehen, um zu wissen, dass der Tote nicht die geringste Ähnlichkeit
mit Alex hatte!»
Der Inspector nahm das Foto aus seiner Jackentasche. «Wir haben Dr. Turners Kollegen das Foto gezeigt. Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass er den Mann darauf nicht erkannt hat.»
Kate spürte, wie um sie herum das dunkle Gewässer durchzusickern begann. «Er muss ihn erkannt haben!»
Collins fuhr fort, als hätte sie nichts gesagt. «Anschließend haben wir die Fotografie Turners Sekretärin gezeigt.» Er sah
Kate mit bekümmerter Miene an.
«Sie hat ihn als einen von Dr. Turners Patienten identifiziert.»
|247| Das Eis brach. Das Wasser schloss sich über ihr.
«Sein wirklicher Name ist Timothy Ellis», fuhr Collins fort. «Er ist schizophren. Er war seit zwei Jahren Turners Patient.
Seit man ihn das letzte Mal freigelassen hat, scheint es.»
Als sei das ihr Stichwort gewesen, zog die Polizistin eine große Fotografie aus einer Akte und reichte sie Kate. Kate streckte
automatisch die Hand aus und nahm das Bild entgegen. Es war eine in zwei Hälften geteilte Schwarzweißaufnahme, einmal von
vorne fotografiert und einmal im Profil. Der Mann darauf war jünger, hatte kürzeres Haar, war aber trotzdem unverkennbar Alex.
«Er ist sechsundzwanzig Jahre alt und schon in seiner Kindheit durch Brandstiftungen auffällig geworden», fuhr Collins fort.
«Was den Versuch, das Büro in Brand zu stecken, erklären würde. Wir haben noch keinen vollen Zugang zu seiner psychiatrischen
Akte, aber wir wissen, dass er seit seinem zehnten Lebensjahr bei der Polizei als Brandstifter aktenkundig ist. Mit vierzehn
hat man ihm, nachdem er seine Schule in Brand gesetzt hatte, eine psychiatrische Behandlung nahegelegt. Kann aber nicht viel
genützt haben, denn etwa ein Jahr später hat er sein Elternhaus angezündet. Hat seine Eltern und seine beiden älteren Brüder
getötet.»
«Nein!» Der Schrei entrang sich ihrer Kehle, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. «Nein, seine Eltern leben noch, sie wohnen
in Cornwall! Das hat er mir erzählt!»
Collins sah sie beinahe bedauernd an. «Timothy Ellis’ Eltern und Brüder starben beim Brand ihres Hauses, den er verursacht
hat. Seither ist er in verschiedenen Institutionen gewesen. Vor zwei Jahren ist er wieder rausgekommen, und damals hat man
ihm im Rahmen eines Resozialisierungsprogrammes |248| einen Teilzeitjob in einer Druckerei vermittelt. Die letzten psychologischen Gutachten besagten, dass er sich positiv entwickle.»
Er zuckte resigniert die Achseln. «Die haben sich offensichtlich geirrt.»
Es war nicht genug Luft im Zimmer. «Nein!»
«Es tut mir leid, Miss Powell …»
«Denken Sie denn, ich
kenne
ihn nicht?»
«Sie kennen Timothy Ellis. Alex Turner ist Ihnen nie begegnet.»
«Ich glaube Ihnen nicht!»
«Wir haben die Telefonnummer, die Sie uns genannt haben, überprüft. Sie ist im Telefonbuch unter Ellis’ Namen eingetragen.
Sie können selbst nachsehen, wenn Sie wollen. Er hat Ihnen nur deshalb erzählt, er stehe nicht im Telefonbuch, weil er nicht
riskieren wollte, dass Sie die Telefonauskunft anrufen und die Nummer des wahren Alex Turner bekommen. Und der Grund, warum
er Sie nicht in seiner Wohnung haben wollte, war der, dass sein ‹Apartment› in Wirklichkeit ein schmutziges möbliertes Zimmer
ist. Sie hätten sofort gewusst, dass kein Akademiker mit einem vernünftigen Einkommen dort leben würde. Sein Zimmer ist nur
zehn Gehminuten von der Druckerei entfernt, wo er gearbeitet hat, daher war es für ihn wohl sehr bequem so.»
Kate schüttelte den Kopf, wollte es einfach nicht glauben. Aber die Worte
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