Flammenbrut
überprüfen. Können Sie uns sonst noch irgendetwas über ihn sagen?»
Kate erzählte ihm von dem Gerichtsfall. Als sie sprach, fühlte sie sich wieder seltsam entrückt, als befände sie sich allein
in einer Luftblase. Als sie fertig war, entstand eine kurze Pause. Der Inspector rieb sich die Nase.
«Da wäre noch etwas», sagte er langsam. «Die Leiche ist bisher noch nicht offiziell identifiziert worden. Seine Frau ist nicht
in der Verfassung, es zu tun, daher habe ich mich gefragt, ob Sie wohl so freundlich wären?»
Der Sergeant blickte von seinem Notizbuch auf. Er wirkte unglücklich. «Wir könnten natürlich auch jemand anders darum bitten,
oder, Sir?»
Collins brachte ihn mit einem Blick zum Schweigen. «Könnten wir, aber da wir schon einmal hier sind, hätte ich gern, wenn
Miss Powell es erledigen würde.» Er drehte sich wieder zu Kate um. «Natürlich nur, wenn Sie nichts dagegen haben.»
Eine unnatürliche Ruhe hatte von ihr Besitz ergriffen, als sie antwortete.
«In Ordnung.»
Das Leichenschauhaus war Teil eines in den siebziger Jahren errichteten Gebäudes aus Beton und Glas. Kate ging zwischen den
beiden Polizisten die gekachelten Stufen in den Keller hinunter. Der Geruch hatte Ähnlichkeit mit dem eines Krankenhauses,
war aber auf unterschwellige Weise unverwechselbar. Sie kamen zu einer Reihe von Plastikstühlen, die auf dem Flur standen.
Kate blieb mit dem Sergeant dort, während der Inspector durch eine Tür in der Nähe verschwand.
|241| Sie versuchte, sich auf den Namen des Sergeants zu besinnen, hatte aber keinen Erfolg. Sie konnte sehen, dass ihm nicht recht
wohl in seiner Haut war, und verspürte ein schwaches Mitleid für ihn. Aber davon abgesehen, konnte nichts die Taubheit, die
sie umfangen hielt, durchdringen.
Nur ein einziges Mal war ihr die Endgültigkeit von Alex’ Tod real erschienen. Während der Autofahrt hatte sie im Fond des
Wagens gesessen und aus dem Fenster geblickt, als die Erkenntnis sich wie ein Schrei ihrer bemächtigt hatte.
Alex ist tot.
Einen Augenblick lang erfasste sie der Taumel entsetzlichen Verlustes, wie ein Sturz in bodenlose Tiefen, aber dann hatte
das Gefühl der Unwirklichkeit sie wieder eingeholt und sich betäubend zwischen sie und ihre Emotionen geschoben.
Sie war auch beinahe dankbar dafür.
Collins trat wieder heraus. Er sprach mit gedämpfter Stimme.
«Sind Sie so weit?»
Kate erhob sich. Sie schritt auf die Tür zu, die er für sie aufhielt. Sie konnte in den Raum dahinter sehen. Ihr gegenüber
befand sich ein großes Fenster mit Blick in einen weiteren Raum.
Und plötzlich traf es sie. Wo sie war. Was sie tat.
Erst als sie gegen den Sergeant hinter ihr stieß, wurde ihr bewusst, dass sie rückwärtsgegangen war.
«Kommen Sie, meine Liebe.»
Er sprach leise und nahm ihren Arm. Ihre Beine waren wie Pudding, aber sie ließ sich trotzdem von ihm zum Fenster führen.
Die letzten Schritte machte sie mit gesenktem Kopf. Ihre Füße schienen sehr weit von ihrem Körper entfernt zu sein.
«In Ordnung.»
|242| Sie war sich nicht sicher, wer gesprochen hatte, aber sie blickte auf. Auf der anderen Seite des Glases befand sich ein Stahltisch.
Darauf lag ein Körper, der von einem Laken bedeckt wurde.
Das ist Alex
, dachte Kate.
Das ist er, das ist Alex.
Sie unterdrückte ein Stöhnen, das in ihrer Kehle aufsteigen wollte. Das Laken, das die Leiche verhüllte, regte sich nicht,
wurde von keinem Atemzug bewegt. Eine Frau in einem weißen Kittel, die Kate bis dahin nicht bemerkt hatte, griff nach dem
Kopfende des Lakens und schlug es zurück.
Kate sah hin.
Sein dunkles Haar war angesengt und glanzlos, mit Blut verklebt. Sie konnte nicht sehen, wo sein Schädel verletzt worden war.
Das eine Auge war zugeschwollen, das Fleisch darum herum verfärbt, aber das andere stand halb offen, eine dünne Sichel, die
zur Decke aufblickte, ohne etwas zu sehen.
Kate bemerkte, dass sie aufgehört hatte zu atmen. Das Blut pulsierte in ihren Schläfen. Sie holte tief Luft, zwang sich zu
sprechen.
«Nein», sagte sie. «Das ist er nicht.»
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|243| Kapitel 13
Die Polizisten fuhren sie zu ihrer Wohnung. Sie baten Kate um eine Fotografie von Alex. Die einzige, die sie besaß, war die
von ihrem Picknick in Cambridge, als der Japaner sie beide abgelichtet hatte. Alex hatte sie gerahmt und ihr das Erinnerungsstück
ein paar Tage später gegeben; er war ein wenig nervös gewesen, hatte sich jedoch
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