Flammenbrut
verschaffte ihr eine wilde Befriedigung zuzuschlagen,
ihm ebenfalls wehzutun.
«Nein.» Das eine Wort klang gedämpft.
«Ich habe es heute Morgen machen lassen.»
« N-Nein , ich g-glaube dir nicht!»
«Sie haben es getötet.» Die Worte gingen mit ihr durch.
«Du lügst!»
«Sie haben es rausgeschnitten –»
|275| «O Gott nein, G-Gott , nein –»
«– und dann haben sie es in den Verbrennungsofen geworfen und eingeäschert!»
Angewidert von sich selbst, hielt sie plötzlich inne. Sie hörte ihn stöhnen.
«Nein», sagte sie. «Ich habe es nicht ernst gemeint.»
«Nein, nein, Gott, nein, o nein –»
«Hör zu», begann sie, «ich habe das nicht –»
«Nein, nein, nein nein neineinnein –»
Der Schmerz in seiner Stimme bahnte sich einen Weg durch ihren eigenen. «Bitte warte doch! Du hattest recht, ich habe –»
«Hure!»
Das Wort traf sie wie eine Faust.
«Verdammte m-mordende Hure!»
«Nein, hör mich doch an –!»
«Ich werde dich umbringen! Ich werde dich verdammt nochmal umbringen, du mordende Hure!»
Dann war die Leitung tot.
Der Hörer summte an ihrem Ohr. Langsam ließ Kate ihn sinken. Sie spürte ein Gewicht auf ihrem Schoß. Als sie hinunterblickte,
sah sie, dass irgendwann im Laufe des Gesprächs Dougal herbeigekommen und sich unbemerkt auf ihre Knie gesetzt hatte. Ein
Geräusch vom Telefon ließ sie zusammenfahren, und sie hätte es beinahe fallen gelassen, als eine schrille Stimme vom Band
sie aufforderte, den Hörer auf die Gabel zu legen. Sie schob Dougal weg und erhob sich mit steifen Gliedern. Ihre Hals- und
Schultermuskeln schmerzten, als hätte sie zu lange im Fitnesscenter trainiert. Sie legte den Hörer wieder auf und blickte
sich im Flur um, als sähe sie diesen zum ersten Mal. Aber er erschien ihr nicht anders als vor zehn Minuten.
|276| Aus dem Wohnzimmer tönte noch immer das ausgelassene Gelächter der Quizshow. Kate wandte dem Geräusch den Rücken zu. Sie ging
die Treppe hinunter und vergewisserte sich, dass beide Türen geschlossen waren. Als sie wieder oben war, rief sie die Polizei
an.
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|277| Kapitel 15
Es war kein Vergleich mit der Klinik in Birmingham. Zum einen war Kate voll bekleidet und saß auf einem harten Plastikstuhl,
statt auf einer Couch zu liegen. Und dann war der Raum in einer stumpfen Cremefarbe gehalten, schon daran zeigte sich der
Unterschied zwischen öffentlicher und Privatklinik, und die grellen Leuchtstoffröhren summten wie eine gefangene Fliege. Der
Arzt war klein und gedrungen, und die Tracht der Krankenschwester alles andere als frisch gebügelt. Aber trotz allem musste
Kate ständig an den anderen Ort denken. Vielleicht lag das daran, dass es damals ein Anfang gewesen war und dies hier jetzt
ein Ende.
Der Kreis hatte sich geschlossen, und alles war so sinnlos. Instinktiv hob sie die Hand an die Kehle und tastete nach dem
Goldkettchen, das jetzt in einer Schublade in ihrer Wohnung lag. Sie ließ die Hand wieder sinken.
«Das Vorgehen bei einem frühen medizinischen Schwangerschaftsabbruch ist ziemlich einfach», sagte die Ärztin, und wieder wurde
Kate von der Erinnerung an jenes andere Mal in jener anderen Klinik heimgesucht. «Im Grunde leiten wir lediglich eine Fehlgeburt
ein. Das Medikament, das wir benutzen, heißt Mifegyne, und im Wesentlichen besteht seine Wirkung darin, die Bildung der Auskleidung
der |278| Gebärmutter zu unterbinden. Nach Einnahme des Medikaments müssen Sie eine Stunde hierbleiben, damit wir sicher sein können,
dass es keine Nebenwirkungen gibt, aber das kommt nur selten vor.»
Die Ärztin lächelte sie beruhigend an. Sie war eine Frau in den Fünfzigern mit einem freundlichen Gesicht. «Danach können
Sie wieder nach Hause gehen. Dann kommen Sie in ein paar Tagen wieder her, und wir setzen Ihnen ein Pessar ein, damit Sie
den Inhalt Ihrer Gebärmutter abstoßen können.»
«Werde ich irgendetwas sehen können?» Kate konnte das Beben in ihrer Stimme hören.
«Sie werden wahrscheinlich sehen, was Sie abstoßen, ja. Aber es wird sich nicht sehr von einer gewöhnlichen Regelblutung unterscheiden.
Es wird noch nichts Erkennbares geben, wenn es das ist, was Sie meinen. In diesem Stadium sind es nur Zellen.»
Zellen.
Kate drängte das Bild aus ihren Gedanken. «Was … Was geschieht damit? Danach, meine ich. Was werden Sie damit machen!»
Ihr Blick wanderte zu dem gelben Kartonzylinder auf dem Fenstersims. Er war mit
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